Groll’s Arbeitsrechtskolumne

Peter Groll ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt. Für die Karrierebibel analysiert und kommentiert er regelmäßig wichtige und aktuelle Urteile aus dem deutschen Arbeitsrecht. So bleiben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Fach- und Führungskräfte stets über ihre Rechte und rechtliche Fallstricke informiert.

Urlaubsabgeltung maximal für 15 Monate

AZ C-214/10 Wer seinen Urlaub nicht nimmt, kann sich diesen nur innerhalb von 15 Monaten auszahlen lassen, danach verfällt der Anspruch. Das hat der Europäische Gerichtshof am 22. November entschieden und damit bisherige Urteile (C-350/06 und C-520/06) entkräftet. Danach sollte der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht verfallen, falls Arbeitnehmer diesen – etwa wegen anhaltender Krankheit – nicht ausüben konnten. In Einzelfällen hatten sich so aber Auszahlungssummen für 10 Jahre angesammelt, was sich bei einem jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen schnell auf bis zu 300 Tage und damit auf mehr als ein Jahresgehalt summiert. Die Richter stellten jetzt jedoch klar, dass der Zweck des Urlaubs sei, sich zu erholen. Daher könne man Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub auch nicht unbegrenzt ansammeln.

Überstunden auf eigenes Risiko

AZ 5 AZR 406/10 Der Rechtsanwalt einer internationalen Großkanzlei würde gekündigt, anschließend wollte er jedoch knapp 40.000 Euro wegen geleisteter, aber unbezahlter Überstunden einklagen. Begründung: Die Kanzlei habe ihm die spätere Aufnahme in die Partnerschaft in Aussicht gestellt, also habe er sich entsprechend reingekniet. Leider umsonst – wie die Richter des Bundesarbeitsgerichts urteilten: Zwar sei die Klausel im Arbeitsvertrag unwirksam, wonach sämtliche Überstunden mit dem Gehalt abgegolten seien. Der Arbeitnehmer habe aber Dienste höherer Art geleistet und eine Bezahlung von Überstunden nicht ernsthaft erwarten können. Das sei in einer Großkanzlei nun mal nicht üblich. Auch die Erwartung des Anwalts, durch seine Überstunden Partner zu werden, sei auf eigenes Risiko erfolgt: Die Großkanzlei habe die Partnerschaft schließlich nicht explizit von Überstunden abhängig gemacht.

Kündigung nach privater Trunkenheitsfahrt

AZ 10 Sa 245/11 Ein Berufskraftfahrer setzte sich in seiner Freizeit betrunken ans Steuer – und wurde erwischt. Mit 1,36 Promille Alkohol im Blut. Führerschein weg – und Job weg. Denn nun kündigte ihm auch sein Arbeitgeber. Zwar erhob der Fahrer Kündigungsschutzklage und entschuldigte sein Verhalten damit, dass er den Alkohol im Blut aufgrund einer Krankheit unterschätzt und inzwischen ja auch seine Fahrerlaubnis wieder habe. Die Richter des Hessischen Landesarbeitsgericht kannten jedoch kein Pardon: Alkohol am Steuer ab 1,1 Promille ist eine Straftat (§316 Strafgesetzbuch). Und wer als Berufskraftfahrer privat kriminell betrunken fährt, zerstört das Vertrauen in die persönliche Zuverlässigkeit. Möglicherweise wäre rechtfertige dies sogar eine fristlose Kündigung.