Ein Interview mit dem internationalen Verhandlungsexperten Matthias Schranner

Matthias Schranner startete seine Karriere als Verhandlungsführer beim SEK. Heute unterstützt er als Berater Unternehmen und Parteien in schwierigen Verhandlungen. Er ist Autor mehrerer Bücher und CEO des Negotiation Institutes in Zürich sowie Dozent an der Universität St. Gallen – und sagt, dass Verhandlungen in den letzten Minuten entschieden werden…

Herr Schranner, Sie sagen die drei letzten Minuten einer Verhandlung sind die entscheidenden. Ist da nicht schon alles entschieden?

Eben nicht. Gerade am Schluss entscheidet sich oft noch mal Sieg oder Niederlage. Wer in dieser letzten Phase die Nerven verliert, verliert den Deal. Und das geschieht leider sehr häufig.

Welche Fehler werden denn in diesen letzten Minuten gemacht?

Es gibt zwei unterschiedliche Richtungen und Verhandlungstypen – den Angriffstyp und den Fluchttyp. Der Fluchttyp will den anhaltenden Konflikt endlich vermeiden und bietet vorschnell einen Kompromiss an, will vertagen oder holt den Chef in die Verhandlung. Kurz: Er gibt auf, und das kann nicht zu einem optimalen Ergebnis in seinem Sinne führen. Der Angriffstyp wiederum redet zu viel, zu viel. Er redet sich um Kopf und Kragen und kommuniziert zu viele Informationen. Vor allem nicht vorbereitete und nicht abgestimmte Informationen. Effekt: Der Verhandlungspartner der eben noch von einem guten Ergebnis überzeugt war, bekommt ein mulmiges Gefühl, Zweifel – und steigt aus.

Warum machen Menschen das – sich um den Erfolg reden?

Die Stille in der entscheidenden Phase ist für viele Menschen nur schwer zu ertragen. Im Fachjargon wird das auch standby stress genannt. In dieser letzten Stille vor dem Handschlag entsteht ein Knistern, die Luft vibriert und jetzt zeigt sich, wer die besseren Nerven hat.

Und was lässt sich dagegen tun?

In der Ruhe liegt die Kraft – und Schweigen. Die Kunst ist es, die Verhandlung während der letzten drei Minuten zu verlangsamen, das Tempo zu drosseln und zu einer überlegten Handlung zu kommen. Wer die Stille nicht aushält, kann wenigstens verbal zurückblicken. Gut ist beispielsweise eine ausführliche Zusammenfassung, die auch visualisiert wird.

Wie verläuft aus Ihrer Sicht die ideale Verhandlung, vielleicht sogar eine Gehaltsverhandlung?

Wer etwas haben will, muss etwas geben können. Das Gehalt wird für die Zukunft gefordert, deshalb sollte kommuniziert werden, was man bereit ist, in der Zukunft zu tun. Falsch sind alle Rückblicke wie „ich habe aber einen guten Job gemacht“, denn dafür gab es ja bereits Geld.

Und wie schließt man eine solche Verhandlung am besten ab?

Möglichst positiv. Mit viel Dank und dem Betonen der Gemeinsamkeiten. Aber bitte niemals ein Siegerlächeln und auch kein Triumph.

Dann tun wir das mit dem Interview jetzt auch: Herzlichen Dank. Das war ein gutes Gespräch.

Passend zum Interview…