Warum die Frauenquote nichts mit Frauen zu tun hat

Ja, ich bin für die Frauenquote. Und zwar obwohl mir früher im Kindergarten schon mal ein „Karrierefrau“ hinterher geraunt wurde. Was im restringierten Karrieredeutsch etwa bedeutet: eine, die sich lieber mit Dingen jenseits des Haushalts beschäftigt, keine von uns also (im dörflichen Umfeld).

Obwohl? Jawohl, obwohl. Ich finde es nämlich auffallend, dass es vor allem Karrierefrauen sind, die die Quote ablehnen. Mit Ausnahme etwa von Ex-Taz-Chefredakeurin Bascha Mika, die gerade passend ihre Streitschrift platziert hat, aber so ganz oben im Top-Management war sie ja auch  nicht. Chefredaktion ist nicht Top-Management. Also keine echte Karrierefrau. Also letztendlich richtig in der Menge derjenigen, die sagen: Yes, we want (die Quote).

Die echten Karrierefrauen dagegen wollen keine Quote aus einem einfachen Grund: sie kommen auch so ganz nach oben. Ihre Priorität ist Leistung und Erfolg. Sie möchten sich nicht auf die gleiche lächerliche Ebene mit den Weichei-Frauen begeben, die im Zweifel lieber zum Sport als zum Meeting gehen oder bei Krankheit eines Kindes für- und vorsorglich zuhause bleiben.

Auf der Karrierefrau-Ebene argumentiert es sich leicht, dass qualitative Zeit viel mehr wert sei als quantitative, das Stündchen Kinderspiel am Wochenende also der Stunde jeden Tag vorzuziehen sei. Wie die Männer setzen echte Karrierefrauen lässig voraus, dass sich das alles ja super vereinbaren lasse. In Umfragen gibt es null Problemo in Sachen Vereinbarkeit. Na Leute, logo. Bei entsprechender Prioritätensetzung und dem nötigen Kleingeld ist Karriere auch ganz einfach, denn: Die Karrierefrauen ganz oben, Kristina Schröder wahrscheinlich einbegriffen, haben männlich macht- und stimulanzinstruierte Gehirne – siehe Neurokarriere. Sie verstehen die anderen nicht.

Das Positive an einer Frauenquote wäre doch gar nicht so sehr Gleichberechtigung. Es geht auch gar nicht um Frauen. Das Positive wäre, dass so eine Quote anderes Denken nach oben bringt – über Frauen, die andere Prioritäten setzen und deshalb der anstrengenden Karriereleiter derzeit den Stinkefinger zeigen. Die neben dem Beruf vielleicht noch ein Hobby haben oder eben Kinder, oder beides. Frauen, die anders denken, weniger leistungsorientiert, weniger machthungrig, ideenreicher vielleicht, auf jeden Fall flexibler. Anders als die eben, die eh schon oben sind.

Dies würde die Herren on Top dazu zwingen, das eigene Verhalten zu überdenken, und vielleicht auch neue Prioritäten zu setzen. Es würde zu einer stärkeren Durchmischung führen – Diversity mal anders! Denn bisher ist es doch ganz klar so: Nach oben kommen die Ehrgeizigen. Es sind nicht die besonders Intelligenten oder besonders Kompetenten. Das einzige Merkmal für Spitzenpositionen ist Leistungsorientierung. Das diese oft nicht im Sinne einer guten Unternehmensführung eingesetzt wird, können wir uns täglich ansehen.

Frauen, die das Spiel im CEO-Ring eigentlich nicht mitmachen würden, weil sie lieber mehr Lebensqualität haben, dahinein zu befördern, kann doch nur allen gut tun. Solche Diversity, die ganz leise über Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit hinausgeht und andere Denk- und Lebensentwurfsmodelle in obere Etagen schleust, entsteht aber  nicht von selbst oder durch bitte-bitte.

Diskutieren Sie mit: Freue mich auf Pro und natürlich genauso gern auch contra!


20 Kommentare zu “Warum die Frauenquote nichts mit Frauen zu tun hat

  1. Liebe Frau Hofert,
    ich bin ganz ihrer Meinung: Wir brauchen die Quote, weil sich dadurch die Chance ergibt, dass sich die Leitkultur verändert. Eine weiblichere Gesellschaft mit Werten, die am echten Leben orientiert sind, wird uns allen nützen. Wenn das dann heißt, dass ein/zwei Generationen die “Ungerechtigkeit” einer Quote auf sich nehmen müssen, die natürlich ein Witz ist im Kontrast zu 3000 Jahren männlicher Bevorzugung auf allen Ebenen, ist das völlig OK.
    Es geht um Balance, ein Gleichgewicht der Kräfte. Das ist gesamtgesellschaftlich wichtiger als die ach so schmerzhaft empfundene Ungerechtigkeit Einzelner. Das Ziel ist also eine balancierte Gesellschaft, die uns erlaubt zu arbeiten, zu leben, Kinder aufzuziehen und mit all dem auch glücklich zu sein.

  2. Liebe Frau Permantioer, danke für die Zustimmung und Ihre Erweiterung der Argumentationskette. Herzliche Grüße Svenja Hofert

  3. Liebe Frau Hofert, ich bin ebenfalls Ihrer Meinung und bin schon lange eine Befürworterin der Quote. Die Angst vieler Frauen eine “Quotenfrau” zu sein und es nicht aufgrund von reiner “Leistung” nach oben geschafft zu haben ist wieder so eine der typischen Fallen, in die Frauen so gerne tappen. Ich frage mich welcher Mann es nur aufgrund von Leistung so weit nach oben geschafft hat. Alle wissen, dass die Fähigkeit zum Selbstmarketing und die Pflege von förderlichen Netzwerken in der Organisation zusammen zwei drittel des männlichen Erfolgs ausmachen, also keineswegs die reine Leistung. Aber Frauen neigen dazu sich nur über Leistung zu definieren. Angeben müssten sie erst lernen und die karriereorientierten abendlichen Essen zur Pflege des Netzwerkes müssten sie auch stärker in Anspruch nehmen. Beides nicht unbedingt weibliche Prioritäten! Ich freue mich auf die Quotenfrauen, ich würde selbstbewusst und freudig sagen: Ja, ich bin eine Quotenfrau und wo ist das Problem? Es gibt genug mittelmäßige bis schlechte männliche Führungskräfte, die es nicht über Leistung in ihre Position geschafft haben.

  4. Liebe Frau Schwarz-Schilling, Sie haben vollkommen recht: die abendlichen Netzwerktreffen als Karriereschmiede sind nicht frauenfreundlich und es kann nicht Sinn der Sache sein, sich in alte Systeme zu integrieren, sondern man muss neue schaffen. Neulich sagte auf einer Veranstaltung ein Mann, glaube er war von Ernst & Young, über alles mögliche würde nachgedacht, aber nicht über innovative Führungskonzepte – genau. herzliche Grüße Svenja Hofert

  5. Hallo, das ist keine Quotenfrau im Management, sondern eine Unternehmerin. Großer Unterschied im limbischen System und im Motivationsprofil. Unternehmer haben so gut wie immer mehr Risikobewusstsein, sind gestaltungsaffinger. DIE meine ich nicht. Aber: Quotenfrauen könnten durch die Erfahrung im Management später ein Unternehmen übernehmen, weil diese Erfahrung Ihnen die Brücke baut, die sie vorher nie gesehen hätten. LG SH

  6. Auch ich als Mann bin für die Frauenquote. Mir hat vor kurzem das Buch “Die Söhne Egalias” die Augen für die Wichtigkeit der Gleichberechtigung auch für Männer die Auten geöffnet – kann´s nur weiterempfehlen!

    Oliver

  7. Die Frau von Altkanzler Schröder ist in den Aufsichtsrat von Karstadt berufen worden. Sie hat sich bestimmt durch ihre journalistische Tätigkeit und ihre Expertise empfohlen.

  8. Hmmm – Ihre Ausführungen in Ehren!

    Allerdings wenn in den Top – Führungsebenen emotional limitierte und (offensichtlich) wenig freudvolle Zeitgenossinnenihr Leben fristen, frag ich mich doch wirklich ob ich dort hinkommen will – mit oder ohne Quote. Dies erscheint für mich nicht erstrebenswert. Und außerdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass man selbst dort wiederum nicht wirklich selbst entscheiden kann sondern wiederum nach der Pfeife von anderen tanzen muss.

    Ich glaube es gibt auch andere Wege zufrieden und glücklich an eine Spitze zu kommen. Und wenn das nur bedeutet sich selbständig zu machen.

    Was ich allerdings nicht glaube ist die Vereinbarkeit von Job und Familie. Diesen Mythos müsste man eigenlich schon längst als eines von Gebrüder Grimms Märchen entlarven.

    lg

    Michaela

  9. Liebe Michaela, das genaue meine ich: Tatsächlich sinkt mit dem “Machtgehabe” doch meist auch die emotionale Intelligenz – kämen andere Frauen hoch als die, die jetzt schon oben sind, wächst in der Führungsetage auch der EQ. Und ja, ich sehe auch keine 100% Vereinbarkeit. Die muss es aber doch auch nicht geben, wenn die Jobs flexibler gestaltet werden. herzliche Grüße Svenja Hofert

  10. Her mit der Frauenquote. Nach vielen frühen Jahren, in denen ich mich auch rein über die Leistung definiert habe und dachte, ich müsste nur besser sein als die Männer (was ich oft war), bin ich inzwischen bei dieser Erkenntnis. Und hauptsächlich aus dem Grund, dass ich mir eine neue Arbeits- und Gesellschaftskultur wünsche, in welcher eben Job und Familie gut möglich ist. Ich kannte ein Paar in Norwegen, beide arbeiteten in höheren Positionen, 2 kleine Kinder. Es war vollkommen normal, dass auch ein Mann eine Sitzung verliess oder beendete, weil er sich dann nämlich um die Kinder kümmern musste. Da sind wir hier noch weit entfernt.

    Persönlich muss ich allerdings auch bekennen, dass ich mich Bascha Mikas Thesen erwischt fühle. Mit Kind und gut verdienendem Ehemann lässt es sich in der Komfortzone leben. Das Problem liegt auch bei uns Frauen selber. Ich bin fast erstaunt, wie viele sehr gut ausgebildete Frauen auf eine Berufstätigkeit verzichten. Auch Doris Schröder-Köpf gehörte dazu, schön, dass sie wieder eine Position hat. Ist mir ziemlich egal, ob das mit ihrem Mann zu tun hat. Die Männer kommen ja auch durch Beziehungen an Ihre Stellen. Nur bei Frauen scheint das irgendwie anrüchig zu sein.

  11. Hallo Birgitta, wie Bascha Mika schreibt, fängt es schon bei der Wahl der Männer an… Die meisten Frauen bevorzugen dann eben doch eben die Karrieregetriebenen Machtmenschen, damit sie “sich fallen lassen können”. Öh??? Warum eigentlich? Nehm ich zum Fallenlassen doch lieber ein Trampolin. LG Svenja Hofert

  12. Es geht nicht um eine Frauenquote. Was dieses Land braucht ist eine anständige und soziale “Methode” bzw. Strategie, Müttern das Arbeiten zu ermöglichen, sprich Kinderplätze zu schaffen, die sozial sind, in der Nähe des Arbeitsplatzes und vor allem VERFÜGBAR. Dann entwickelt sicher fast jede Frau die Logik, dass zuHause bleiben, nicht das einzig Wahre ist.

    Aber dennoch: gibt es etwas Wichtigeres, als einen Menschen heranwachsen zu sehen und zu einem guten Menschen zu erziehen? Eine Aufgabe im Top-Management ist sicher nicht wichtiger. Aufgaben im sozialen Umfeld vielleicht. Also: Blickrichtung und Denke ändern.

    Mir ist klar, dass der Luxus von nur einem berufstätigen Elternteil nur mit finanziellen Mitteln gegeben ist, aber das Modell ist nicht wirklich verkehrt.

    Herzlich, ein männlicher Leser, 34 Jahre, oberes Management.

  13. Lieber Interessierter Leser,

    ich freue mich über Ihre rege Anteilnahme und kann auch – in Teilen – zustimmen, dass Kindererziehung eine wirklich wertvolle Sache ist!

    Leider wird diese Aufgabe nicht bezahlt.

    Wir alle wissen, dass der Mensch für seine Leistungen irgendwann einmal eine Anerkennung haben möchte. Im Beruf ist dies eine Gehaltserhöhung, ein Firmenwagen oder eine bessere Position.

    Umgelegt auf die Kindererziehung – ein glückliches, zufriedenes und überdurchschnittlich intelligentes Kind?

    Nein tut mir leid.
    So toll sich das auch anhören mag und auch gleich jedes (von den klischeehaften Werten der Gesellschaft geprägtes) Mutterherz höher schlagen lässt – es reicht nicht.
    Und ich kann Ihnen aus meiner Sicht auch erklären weshalb:

    auf der einen Seite wird Leistung in unserer Gesellschft groß geschrieben – aber nicht nur eindimensional – Leistung wird erst dann als großartig erkannt, wenn damit ein entsprechender Status mit angemessener Entlohnung einhergeht.

    Auf der anderen Seite wird propagiert wie toll und großartig doch Kindererziehungsarbeit ist! Natürlich ohne Statussymbole und ganz zu schweigen von der angemessenen Entlohnung.

    Es ist diese Ambivalenz zu diesem Thema die Frauen (zu Recht) misstrauisch werden lässt, und dazu anleitet Grundsätzliches zu hinterfragen.
    Eine tolle Leistung ohne gebührende nach außen deutlich sichtbare Anerkennung? Leider nicht möglich!
    Und insofern damit auch leider abträglich für das Selbstwertgefühl derer, die sich in diese Rolle begeben.

    So bin auch ich der Meinung, dass es für jede Frau wichtig ist einen guten Job anzustreben und auch dauerhaft zu behalten.

    Abgesehen von Kindererziehung.

    Liebe Grüße

    Michaela

  14. Hallo Michaela,

    ich kehre mal zum Internet-Du, wenn ich darf.

    Ich möchte keinen Streit entfachen, sondern eine neue Sichtweise hinzufügen.

    Was Du sagst, erschreckt mich, da es immer im Vergleich endet. Was ist denn, wenn Dein Kollege/Kollegin eine höhere Gehaltsstufe erreicht oder den besseren Firmenwagen hat. Was ist denn, wenn die Nachbarin, ein Kind mehr hat und trotzdem den cooleren Mini Cooper S fährt.

    Daran darfst Du Dich nicht messen (lassen). Ja, wir leben in einer werte- und kapitalistisch geprägten Welt. Aber das ist keine Ausrede und auch kein Argument, hier mitzuschwimmen.

    Und wenn sich bei Dir alles um eine deutlich sichtbare Anerkennung (sprich: Zaster oder andere Status-Symbole) dreht, würde ich überdenken, überhaupt Kinder zu bekommen, denn auch wenn Du ihnen mit 2 Monaten schon die tollen Hilfiger-Strampler überstreifst: da draußen ist eine Mutti, die kann sogar Hermes-Strampler kaufen und ungewaschen wegschmeißen. Eine(r) ist immer über Dir. Aber eben nur finanziell, nicht in Charakter, Erziehung, sozialer Verantwortung. Ja, mit ist bewusst, dass diese Schlagworte nicht zu einem Manager-Gehalt führen, aber Geld ist nicht alles.

    Immer vor Augen halten. (Gilt übrigens für beide Geschlechter.)

  15. Liebe letzte Beitragende,
    wer spricht denn hier ausschließlich von Geld und Statussymbolen? Es geht auch um eine Anerkennung und ein “Gesehen werden”. Eine Anerkennung im täglichen Austausch außerhalb des familiären Umfeldes. Ich empfinde die Überlegung überhaupt Kinder zu bekommen als echtes Totschlagargument. Es geht hier ja auch darum Kinder UND Beruf zu verwirklichen. Für Männer ist das ziemlich selbstverständlich, wir Frauen (müssen) uns darum einen Kopf machen, wie das denn funktionieren soll. Und wenn der Kopf zu der Erkenntnis kommt, dass es zu Hause ja auch (manchmal) schön sein kann, Mann genügend verdient und die Erziehung der Kinder ja auch GANZ wichtig ist und nur die Mutter kann das leisten…, dann ist alles gelöst wie schon in den letzten Jahrzehnten.

    Das ist ein Dauerthema der letzten Jahre und auch Elterngeld, Krippenplätze bringen noch keinen echten Umschwung, weil die Gesellschaft insgesamt noch gar nicht darauf vorbereitet ist. Wohlgemerkt: Frauen auch nicht. Im weiteren reichen die Plätze und unser Schulsystem (Halbtags) einfach noch nicht aus, dass eine Berufstätigkeit für beide oberhalb der 1 1/2 Stellen (davon mind. 1 für Mann, max. 1/2 für die Frau) möglich ist.

    Frauenquote und neue Arbeitsmodelle sind der Teil, den die Wirtschaft bzw. die Arbeitswelt beitragen kann. Ich denke auch, die Gesellschaft kann es sich in den nächsten Jahren(-zehnten) gar nicht mehr leisten auf die gut ausgebildeten Frauen zu verzichten. Mal sehen, was passiert, wenn das deutlich wird.

  16. Kann es sein, dass eine ihrer größten Antriebsfedern ein Gefühl namens NEID ist? Neid auf besser verdienendere Männer, mit mehr Macht und Einfluss? Sie sollten sich von solchen Gefühlen befreien, dass entlastet ungemein

    • Danke für den Kommentar. Trotzdem falsch getippt. Ich finde zwar, dass Neid durchaus ein positiver Leistungsimpuls sein kann. Ich persönlich beneide aber nicht so sehr, sondern bewundere: Frauen, die sich durchsetzen zum Beispiel ;-) freundliche Grüße Svenja Hofert

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