Tschüss, alte Tabelle: Der angloamerikanisierte Lebenslauf ist da

Das macht MAN aber so!

Nein, so bekommen Sie in Großbritannien NIE einen Job.

So ist das aber NICHT üblich.

Wirklich nicht? Seit ein, zwei Jahren anglokamerikanisiert sich die Bewerbungswelt in rasantem Tempo. Hatten viele Bewerber vor zwei Jahren noch zwei Lebensläufe, einen deutschen und einen englischen, geht der Trend immer mehr zum „einer für alles“. Denn: Das Pflegen von zwei verschiedenen Lebensläufen, im Extremfall sogar in unterschiedlichen Layouts, ist eine Sysyphusarbeit  –  die sich keineswegs in mehr oder besseren Jobangeboten auszahlt.  Also: einer reicht und Variationsreichtum sollte sich maximal auf die Sprache beziehen und nicht etwa auch noch auf Layout, Schriftart, Art die Erfolgsdarstellung und die persönlichen Daten. Eine sprachliche Differenzierung ist allerdings derzeit noch nötig: Der englische Lebenslauf auf eine deutsche Anzeige irritiert noch vielfach.

Doch schon die formale Verschmelzung der beiden doch so unterschiedlichen Lebenslauftypen bringt einige Probleme auf den Bewerbungs-Tisch. Sogar das Schönheitsempfinden geht auseinander: Der Deutsche ist genau bei den Daten, und er liebt Arial schnörkelfrei. Der Amerikaner mag Seriphen und sein Geschmack ist verspielter. Ich habe eine Weile Amerikaner in Deutschland begleitet – ehrlich, deren Lebensläufe waren äußerlich für mich… nun ja, gewöhnungsbedürftig (ebenso wie die Webseiten, meist nicht mein Design-Ding). Aber hierzulande ist der Konsens einfach: 99% bewerben sich „englisch-style“ in Deutschland, also darf man auch unsere geschmacklichen Präferenzen nutzen.

Schwieriger sind solche Fragen wie: Was passiert mit typisch deutschen Elementen wie dem Foto? Soll man die Chronologie in deutscher Manie auf der linken Seite beibehalten? Gehören persönliche Daten überhaupt noch rein? Nenne ich das „Kind“ Curriculum Vitae oder Résumé? (CV bitte, Résumé ist US-typisch und bezieht sich auf einen meist knackig-kurzen Einseiter).

Und inhaltlich? Was schreibe ich rein? Vorweg sei genommen: Es gibt auch im angloamerikanischen Sprachraum kein einheitliches Muster, vieles ist so wie bei uns freie Interpretation. Die Interpretatoren sind Coachs und Berater und eher selten öffentliche Institutionen wie EU-Behörden, die dazumal den EU-Lebenslauf außerhalb von Bewerbungen bei  Brüsseler Institutionen nicht durchsetzen konnten. Und so wie bei uns die Hesse/Schraders eine dritte Seite und Püttjer/ Schnierda eine Erfolgsbilanz empfehlen, gehen auch in anderen Ländern Bewerbungsmeinungen und Expertenempfehlungen erheblich auseinander.

Während die einen Kürze fordern, wollen die anderen Ausführlichkeit. Versuchen Sie also gar nicht ein ultimatives Muster und das Gesetz Nr. 1 zu finden – das gibt es nicht. Entscheidend war und ist für mich  immer nur eins gewesen: Dass eine Bewerbung zum Erfolg führt. Und Erfolg ist nun mal individuell und gibt es nicht von der Stange.

Auf was können wir uns denn dann überhaupt einigen? Dann mal zusammengefasst:

  • Wir haben jetzt und in Zukunft einen internationalen Lebenslauf, der sich problemlos bei deutschen UND englischen Bewerbungen nutzen lässt.
  • Dieser Lebenslauf führt auf, was wir genau gemacht haben und gibt auch unsere Erfolge wieder. Reine Tätigkeitsbeschreibungen sind so deutsch… wir wollen Leistung, na klar.
  • Persönliche Daten lassen wir außen vor, es sei denn es geht um das Geburtsdatum, was z.B. auch in UK noch üblich wäre (in den USA never).
  • Mutige trauen sich auf ein Foto zu verzichten, jemand muss ja den Anfang machen – zumindest bei einer englischsprachigen Bewerbung wirkt das auch fehl am Platz (und zur Erinnerung: Fotos sind in anderen Ländern nicht zulässig, spätestens also wenn Bewerbungen über Tische im Ausland laufen wie bei vielen internationalen Unternehmen mehr und mehr üblich, ist das “Bild” sogar kontraproduktiv)
  • Sinnvolle Elemente aus angloamerikanischen Lebensläufen übernehmen wir gern; dazu gehört etwa ein „Profile“ oder „Executive Summary“, das vor den Lebenslauf gestellt werden kann. Vielleicht nutzen wir auch „Career Objectives“ – aber besser nicht zu viel auf einmal.
  • Die tabellarische Form hat langsam ausgedient. Wir können uns trauen, Daten auch mal oben rechts hinzusetzen und das Blatt besser auszunutzen. So bleibt man dann auch bei verträglichen zwei Seiten. Nur wenn wir uns bei einer sehr konservativen Firma bewerben,  die was von „tabellarisch“ in ihren Inseraten munkeln, müssen wir unseren alten CV hervorholen, leider. Dann kleben wir auch besser noch ein Foto drauf.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit internationalisierten Lebensläufen? Wie sieht der Globalisierungstaugliche CV aus, der nicht länderspezifisch adaptiert werden muss?


8 Kommentare zu “Tschüss, alte Tabelle: Der angloamerikanisierte Lebenslauf ist da

  1. Super-Tipps!
    Aber: Foto weglassen finde ich gewagt. Ich weiß, man muss es nicht. Jedoch finde ich es unter “Marketing-Aspekten” immer noch hilfreich. In XING und Facebook finde ich Sie doch auch mit Foto, oder?! ;-)

    Ansonsten gilt für mich auch: KISS – Keep it smart and simple.

    Liebe Grüße!
    Lars Hahn

  2. Da ich keine Ahnung hab, was ein britischer Lebenslauf ist, hilft mir der Text leider nur bedingt weiter. Ich weiß, dass ich was anders machen sollte – aber nicht genau, was.

  3. Hallo Herr Hahn, ja, das ist gewagt und ich wage gern – einer muss ja mal anfangen, oder? Und ich hab mich entschieden ;-) Tatsächlich bekam eine Kundin von mir neulich das Feedback eines Personalers: “Wieso bewerben Sie sich denn noch mit Foto? Sie sehen ja auch ganz anders aus. Lassen Sie das besser weg.” Das kippt gerade. Aber das ist wie überall bei Veränderung: Die alte wehrt sich gegen die neue Welt und alles ändert sich langsam….
    Und, Social Media, sei dank, kann man sich den Eindruck auch aus dem Internet holen, oder? Ich gebe zu, dass mit dem Foto-Weglassen empfehle ich nicht jedem, aber bei Leuten mit Superprofilen bedenkenlos, ebenso bei solchen, die sich bei Google & Co. bewerben. LG SH

  4. Ganz ehrlich? Ich bin gegen Lebensläufe ohne Bild. Und das nicht nur aus marketingtechnischen Gründen. Aber etwas mehr Einfachheit in den Lebensläufen ist schon gerne gesehen. Die „Career Objectives“ könnten durchaus richtig nützlich sein.
    Danke für den Artikel.

  5. Interessante Tendenz. Habe erst kürzlich meinen CV auf zwei Seiten runtergedrückt und muß sagen, daß es hilft, wenn man mit Limitationen arbeit. Das Foto ist genauso verschwunden wie persönliche Daten. Skills, career objective und Keys of Success sind geblieben ebenso wie Quality Time am Ende. Insgesamt eine erfreuliche Entwicklung, auch wenn man trotzdem noch eine deutsche Version haben muß :)

    • sehe ich auch so, man muss sich beschränken, selbst wenn wissenschaftliche CVs und IT-Lebensläufe immer noch eine gewisse Ausführlichkeit brauchen – da kann man aber Zusatzseiten außerhalb des CV machen. LG Svenja Hofert

  6. Pingback: „Du föärschdt“! Wie regionale Besonderheiten Job und Teamarbeit beeinflussen | Karriereblog von Svenja Hofert - Die Expertin für neue Karrieren

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