Der Zukunftsjobsicherheitsschlüssel: Welche Berufe auch morgen noch funktionieren

Bankkauffrau sollte ich werden, wenn es nach meinen Eltern gegangen wäre – wegen der Sicherheit. Nun haben Bankkaufleute, trotz aller Wirren, wirklich eine extrem niedrige Arbeitslosenquote (zuletzt, 1,1%, siehe Am besten wirst Du). Doch wer vom Schalterjob geträumt hat, ist in einem ganz anderen Film aufgewacht. Bankkaufleute berichten mir von genügend Jobs, aber wenig Freude mit dem, was die “neue Arbeit” so mit sicht bringt, etwa im Bereich der Prozessoptimierung.

Vom Markt verschwunden ist der Beruf des Schriftsetzers. Auch ein Industriemechaniker, wiewohl ein MINT-Beruf, aufgrund hoher Konjunkturanfälligkeit nicht sicher. Hinzu kommt die Bedrohung durch Arbeitnehmerüberlassung, Zeitarbeit, Niedriglohn, Akademisierung.

Sicherheit, verbunden mit einem Beruf, der bis zur Rente führt – die gibt es nicht mehr. Zukunftssichere Jobs durchaus, auch wenn sich diese Sicherheit vielleicht nur noch auf die nächsten 10, 15 Jahre bezieht. Aber das ist ja schon mal was. Ich habe acht Fragen ermittelt, mit denen sich die Zukunfssicherheit eines Jobs prüfen lässt:

1. Wird Technik die zum Beruf gehörenden Tätigkeiten auf einfach erlernbare Handgriffe reduzieren?

Wir sehen überall, wie Technik den Mensch ersetzt. Der Beruf des Schriftsetzers ist durch die Einführung von Desktop Publishing (DTP) überflüssig geworden. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch auf den betrieblich oder schulisch ausgebildeten Mediengestalter zukommt – einen Beruf, der vor nicht allzu langer Zeit erst neu eingeführt worden ist. Seine Tätigkeit, etwa im Design und Layout, kann auch jemand ausüben, der sich ein Programm wie Indesign selbst beigebracht hat. Deshalb ist der Mediengestalter gezwungen, sich beruflich entweder in eine kreative, technische oder organisatorische Richtung weiter zu entwickeln. Und dort erobern Akademiker zunehmend das Feld.

2. Können fortschreitende Prozessoptimierungen den Job überflüssig machen, d.h. kann Technik übernehmen, was bisher der Mensch tut?

Nehmen wir das Beispiel einer Kassiererin. Es ist  davon auszugehen, dass in nicht allzu ferner Zukunft niemand mehr an der Kasse sitzen wird, sondern wir den Einkauf selbst einscannen. Die größte Supermarktkasse in Rumänien lässt die Kassen bereits jetzt umstellen, bei uns stehen solche Kassen schon seit 2003 in einigen Real-Supermärkten. Noch stellt sich die Dienstleistungsgewerkschaft verdi gegen eine breitere Einführung – doch wie lange noch? Ungelernte Kräfte stellen jetzt schon die Überzahl im Einzelhandel, organisatorische Tätigkeiten übernehmen mehr und mehr Akademiker. Es gibt nur noch “Master” (den Akademiker, der allerdings auch schon mal selbst Regale einräumen müssen) und Servant (alle anderen). Also besser nicht im Einzelhandel lernen, wenn man kein Master ist.

3. Ist für die Tätigkeit ein Wissen erforderlich, dass sich nicht oder nur schwer autodidaktisch erwerben lässt?

Schauen wir uns einfach einmal in einer Büroeinheit um, die zu einem großen Komplex gehört. Welche Jobs kann der für alle Einheiten zuständige Hausmeister ausüben, für welche muss er einen Fachmann kommen lassen? Beispiel: Einen Rohrbruch wird der Hausmeister meist nicht selbst beheben. Auch elektrische Leitungen lässt er wohl einen Fachmann verlegen. Die Wände dagegen kann er streichen oder kennt bestimmt jemand, der das billig macht. Vielleicht er selbst auch, für ein paar Euro bar auf die Hand. Wenn wir weiterhin überlegen, wie sich die Haustechnik entwickeln wird, können wir in diesem kleinen Rahmen schon schnell erkennen, welche Jobs Zukunft haben und welche nicht: es sind die informations- und elektrotechnischen.

4. Lässt sich der Beruf upgraden?

Ein zukunftssicherer Job beinhaltet ein sinnvolles Konzept zur Weiterentwicklung  von Anfang an. Am besten hat er eingebaute Pfeiler zum Bauen von Brücken in andere, angrenzende Bereiche. Beispiel: Ein Studium Pflegemanagement baut auf einem erlernten oder studierten Gesundheitsberuf auf. Logisches Baukastensystem. Auch Drei- und Vierklänge machen oft Sinn: Aus dem Mix Altenpflege, Gesundheitsmanagement und Fachjournalismus wird die Firm gefragter Schreibkompetenz, für sich auf Branchen und Segmente bezieht. Nur Schreibenkönnen reicht dagegen nicht mehr.

5. Ist die Tätigkeit vom Outsourcing bedroht?

Abgegrenzte Tätigkeiten, etwa in der Buchhaltung und der Programmierung, lassen sich outsourcen – eingebundene Tätigkeiten dagegen kaum. Dieser Prozess ist längst nicht abgeschlossen, und er betrifft weiterhin auch und gerade Ingenieure. „Eingebunden“ sind Tätigkeiten, die verschiedene Prozesse und Bereiche im und außerhalb des Unternehmen integrieren. Das kann man sich vorstellen wie den Unterschied zwischen einem Punkt (abgegrenzt) und einem Netz (erstreckt sich). Ein Job, der isoliert ist wie ein Punkt, ist gefährdet. Ein Job, dessen einzelne Tätigkeitsstränge sich ausbreiten wie ein Netz, dagegen nicht. Beispiel: Programmierer arbeiten „punktuell“, an einer Software oder Hardware. Entwickeln sie auch Konzepte oder beraten sie, erweitern sie sich „netzartig“.

6. Ist die Tätigkeit im Ausland so ohne weiteres anerkannt?

In unserer mobilen Welt ist dieser Aspekt besonders wichtig. Die betriebliche Lehre wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz verbreitet, ist weltweit einmalig. In anderen Ländern wird vieles, was wir im Betrieb lernen, in einem Studium vermittelt. Es kann sein, dass der Abschluss einer Lehre woanders nicht anerkannt ist. Oder dass es anderswo gar keine vergleichbare Ausbildung gibt, wie etwa beim Altenpfleger. Das schränkt die heute nötige Mobilität ein.

7. Wandert der Beruf den nächsten Jahren in den akademischen Sektor?

Immer mehr frühere Ausbildungsberufe lassen sich inzwischen studieren. Das gilt etwa für Logopädie, Physiotherapie und Ergotherapie. Auch Akustiker und Optiker können inzwischen statt Lehre gleich ein Studium absolvieren, vielfach sogar dual, d.h. sie erwerben einen Lehrabschluss und den Bachelor. Noch wehren sich berufsständische Vereine und Verbände gegen diesen Trend, der den Lehrberuf abwertet. In der Praxis werden akademische Physiotherapeuten deshalb oft von ihren Kollegen kritisch beäugt und absichtlich gering geschätzt. Doch zukunftssicherer ist bei Berufen, die ein erhebliches theoretisches Wissen erfordern, ohne Frage ein Studium. Überall dort, wo Ausbildung und Studium unmittelbar konkurrieren, empfiehlt sich ein duales Studium. Auf jeden Fall in kaufmännischen Berufen. Beim Handwerk sehe ich das anders: Da werden praktisch ausgebildete Elektriker (um ein Beispiel zu nennen) auch langfristig keine Probleme haben. In der Produktion ist das schon wieder anders: da konkurriert inzwischen der Techniker oder Meister mit dem Bachelor-Ingenieur.

8. Ist der Beruf vom Abrutschen ins Prekariat bedroht?

Diese Frage könnte man auch ersetzen durch diese: Bei welchen Jobs ist die Weiterentwicklung aus dem tertiären in den quartären Dienstleistungsbereich, in dem spezialisiertes Wissen erforderlich ist, schwer? Vorsicht vor Branchen mit Berufen, in denen ein weiterer Preisverfall nur durch Mindestlöhne und Gewerkschaften verhindert wird. Dazu zählt der Einzelhandel, die Gastronomie, das Reinigungsgewerbe sowie oft auch Dienstleister für Unternehmen wie Call Center.

Aktualisiert am 13.3.2012, weiterführende Informationen im gerade bei Campus erschienen “Am besten wirst du Arzt”

© Fotolia


4 Kommentare zu “Der Zukunftsjobsicherheitsschlüssel: Welche Berufe auch morgen noch funktionieren

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