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Employer Branding hautnah – Beobachtungen auf dem Absolventenkongress in Köln

1. Dezember 2010

Der Arbeitsmarkt ist zum Käufermarkt geworden. Was in Form von Schlagworten wie „Fachkräftemangel“ oder „Vollbeschäftigung“ in immer enger werdenden Abständen durch die Medien plätschert, traf die Besucher des Absolventenkongress in Köln wie eine Flutwelle ins Gesicht. Hier wurde insgesamt deutlich, dass die Wirtschaft beginnt, die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt ernst zu nehmen und ihre Anstrengungen bei der Rekrutierung verstärkt. Terminierte Bewerbungsgespräche, zum Teil sehr aufwendige Stände, Verlosungen wertvoller Preise, Autogrammstunden mit Fußball-Nationalspielern und die Anwesenheit hochrangiger Unternehmensvertreter verdeutlichen, dass der Personalarbeit auch intern mehr Beachtung geschenkt wird und sie sich wahrscheinlich noch mehr von der klassischen Werbung abschauen wird.

Auf der größten Jobmesse Deutschlands kamen 250 Aussteller zusammen, um sich gegenüber Studenten, Absolventen und Young Professionals als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

Der Absolventenkongress lockt. Hier die Besucher mit einem Arbeitstag als High Performer

Der Absolventenkongress lockt. Hier die Besucher mit einem Arbeitstag als High Performer

Dies ist den Unternehmen nicht immer ganz so gut geglückt. Wir möchten an dieser Stelle nicht jedes einzelne bewerten, sondern stichprobenartig einige Beobachtungen und Gedanken wiedergeben. Vielleicht erkennen Sie einige Stände wieder und unsere Anmerkungen helfen den Ausstellern bei der Selbstreflexion und Evaluation der Veranstaltung.

Das Ziel, das die ausstellenden Unternehmen verfolgten, ist klar: die richtigen Mitarbeiter finden und in ihnen den unbedingten Wunsch wecken, sich beim Unternehmen zu bewerben. Auf dem Weg dorthin gilt es unter anderem,

  • seine Bekanntheit als Arbeitgeber zu steigern,
  • seine Unternehmenskultur sowie seine Vorzüge und Besonderheiten gegenüber anderen Unternehmen deutlich, glaubhaft und emotional darzustellen und
  • konkrete Möglichkeiten für einen Einstieg ins Unternehmen aufzuzeigen.

Wenn man mit 249 anderen Ausstellern auf einer begrenzten Fläche in direkter Konkurrenz steht, ist zunächst Aufmerksamkeit ein besonders teures Gut. Wie also lockt man Studenten und Absolventen an den eigenen Messestand? Die Antwort vieler Unternehmen lautete in diesem Jahr: iPad, iPad und noch mal iPad. Kaum ein Stand, an dem nicht mindestens eines der Geräte verlost oder verwendet wurde. Ok, dies ist etwas übertrieben, aber die Idee dürfte sich für viele Aussteller erst auf der Messe als nicht so innovativ entpuppt haben, wie sie gehofft hatten.
Sachlich gesehen kann der Einsatz solcher Geräte kreative Ideen verwirklichen, die den Besucher am Stand binden und interaktiv einbeziehen. Ähnlich wie mit der von Kienbaum Communications entwickelten Job-Ad 2.0 lassen sich damit eine längere Auseinandersetzung des Besuchers mit dem Unternehmen und eine zielgruppengerechte emotionale Ansprache verwirklichen. Als suboptimal muss man es allerdings bezeichnen, wenn man zwar auf diesem Weg die aktuellen Stellenangebote einsehen kann, sich darunter aber nur ein einziges für Absolventen befindet.
Genau wie bei den oben schon erwähnten anderen Maßnahmen zur (im doppelten Wortsinn) Attraktion der Besucher ist immer eines zu beachten: sobald die Besucher vorrangig wegen der Geschenke und der Show an den Stand kommen, ähnelt es zu sehr dem Motto „Brot und Spiele“ als der authentischen Präsentation des Unternehmens und seiner Arbeitgeberwerte.

Womit wir bei der zweiten Disziplin im Messe-Dreikampf wären. Generell darf eine Arbeitgebermarke als gelungen bezeichnet werden, wenn sie tendenziell polarisiert. Sie hat in dem Fall eine eingebaute Self-Selection-Funktion, die nur diejenigen anzieht, die sich mit den Markenwerten identifizieren können. Hierin unterscheidet sie sich von herkömmlichen Konsummarken, die einer sehr breiten Gruppe gefallen wollen. Eine Gemeinsamkeit haben Konsum- und Arbeitgebermarken trotzdem: Sie haben nicht viel Zeit. In wenigen Sekunden bildet sich bei der Zielgruppe meist unterbewusst ein Image, das nur mit großem Aufwand veränderbar ist. Die Botschaft muss also sofort sitzen.
Auffällig war hierbei, dass viele Unternehmen den Weg des geringsten Widerstandes gehen und sich sehr vager Umschreibungen bedienen. „Anspruchsvolle Aufgaben“, „exzellente Karrieremöglichkeiten“ oder „Gestaltungsmöglichkeiten“ hätten das Phrasenschwein locker zum Überquellen bringen können. Gerne wurde auch versucht, allein durch Begriffe wie „High Performer“ eine bestimmte Zielgruppe anzuziehen. An diesen Ständen waren fast durchgängig weniger Besucher zu finden als bei anderen Ständen derselben Größe. Grundsätzlich ist das Spiel mit dieser Art von Begriffen also eine gute Möglichkeit, die Zielgruppe zu selektieren und die Anzahl der Bewerbungen zu begrenzen. Bedenkenswert ist aber auch, ob hierbei nicht zu sehr in Stereotypen gedacht wird. Eine Reduktion auf diesen einen Begriff wird den einzelnen Persönlichkeiten absolut nicht gerecht.
Positive Beispiele gab es natürlich auch in diesem Zusammenhang: So wurden an einigen Ständen typische Situationen und Herausforderungen im Arbeitsalltag dargestellt. Dadurch können die oft abstrakten Markenwerte durch konkrete Angaben ergänzt und unterstrichen werden. Unglücklich wird es, wenn sich derselbe Claim dieses ansonsten guten Standes nur vier Stände weiter in fast identischer Form wiederfindet ;-)

Oft sind es aber auch gar nicht die Worte, die in Erinnerung bleiben. Es ist schon länger bekannt, dass selbst Erlebtes am längsten in Erinnerung bleibt und demnach auch zu nachhaltig emotionaler Bindung führt. Auch hierzu gibt es sehr positive Beispiele zu erwähnen, die zum Teil auch das anwesende Fernsehteam dankbar als Kulisse nutzte. Es hilft natürlich, wenn man Produkte herstellt oder Technologien anwendet, die begeistern können. Wenn z. B. ein riesiger Motor auf dem Messestand ausgestellt wird, kommuniziert er schon für sich gesehen eine Fülle von Markenattributen. Zusätzlich zeigt sich der Stolz auf die eigenen Produkte, ohne dass dies explizit erwähnt werden musste. Werden die eigenen Produkte jedoch nur wie Reliquien in Glasvitrinen aufgebahrt, verpufft dieser Effekt und es wird Verschlossenheit demonstriert.

Das macht Spaß: Produkte zum "Anfassen", ein Laufband mit aktuellen Jobs und jede Menge Infoterminals

Das macht Spaß: Produkte zum "Anfassen", ein Laufband mit aktuellen Jobs und jede Menge Infoterminals

Die 3. Disziplin, die Darstellung der Einstiegsmöglichkeiten, soll an dieser Stelle nicht weiter im Detail analysiert werden. Eine Erkenntnis kann trotzdem gezogen werden. Vielen Besuchern fiel es negativ auf, wenn ein Unternehmen weder konkrete Stellen anbieten noch Bewerbungsmappen annehmen konnte oder wollte. So unbedeutend dies auf den ersten Blick wirken mag, erweckt es dennoch den Eindruck, dass das Interesse am Absolventen geringer ist als an der plakativen Selbstinszenierung.

Hiermit ist natürlich noch längst nicht alles Nennenswerte auch gesagt. Man sieht aber schon an diesen wenigen Beispielen, wie wichtig es ist, sich der eigenen Werte bewusst zu sein. Nur so lässt sich der eigene Auftritt in der Öffentlichkeit erfolgreich planen und kritisch bewerten.

Authentizität ist einmal mehr das Stichwort, und auch für Arbeitgeber gilt: man kann nicht nicht kommunizieren.

Dieser Artikel wurde von unserem Praktikanten Milan Schwabe verfasst, der uns noch bis zum Ende des Jahres in der Beratung für Employer Branding & Personalmarketing unterstützt. Den theoretischen Zugang zum Employer Branding hatte er  zuvor durch seine Masterarbeit gefunden, die er nach dem Studium in „International Business, Language and Culture“ über die interne Arbeitgebermarke schrieb.

5 Kommentare Eins hinterlassen →
  1. 1. Dezember 2010 21:56

    Was ich recht verwunderlich fand, was wie wenige versucht wurde einen Verbindung zwischen der Messe und Social Media herzustellen. Zwar wurde immer gerne auf das Firmeneigene Jobportal verwiesen, aber Social Media Nutzung direkt auf der Messe war nach meiner Auffassung Mangelware.

    Ich für meinen Teil konnte über twitter einen Standverwantwortlichen kontaktieren und so das ganze Hick Hack um terminierte Gespräche überspringen. Den Hinweis auf die im Unternehmen freie Social Media Stelle hätte ich ohne twitter gar nicht entdeckt und mich auch nicht direkt persönlich vorstellen können.

    Auch wenn twitter vermutlich bei der recht BWL lastigen Zielgruppe des Kongresses nicht der größte Renner ist, denke ich schon, dass eine bessere Vernetzung von Messe und Social Media durchaus Potenzial im Recruiting; und das auf beiden Seiten mit sich bringt.

  2. 2. Dezember 2010 08:08

    Herzlichen Glückwunsch, Herr Schwabe,

    ein schöner Bericht, der die Hauptaufgabe von Employer Branding gut skizziert: Profilieren und Differenzieren. Und der gleichsam vermerkt, dass sich genau da viele Arbeitgeber noch schwer tun. Erstaunlich, wenn man sich ausrechnet, was manche der High-Tech-Stände auf dem Kongress kosten.

    Sie schreiben zu Recht, dass Arbeitgeber einen Unterschied machen können, wenn sie sich über die (immer vorhandenen) einzigartigen Merkmale ihrer Unternehmens- und Arbeitsplatzkultur positionieren.

    Arbeitgeber, die 2006/2007 begonnenen haben, in den Bewerbermärkten auf Basis einer identitäts- und kulturbasierten Arbeitgeberpositionierug ehrlich zu orientieren statt zu werben, verzeichnen heute höhere Bewerberpassung, geringere Fluktuation, mehr Zusammengehörigkeit in den Teams und auch weniger Bewerbungen bei mehr Einstellungen (spart viel Geld).

    Haben Sie denn auf dem Absolventenkongress auch Beispiele gefunden, die – ob groß oder kleine Stände – in diesem Sinne Ihrer Meinung nach gut funktionierten und das “Phrasenschwein” im Stall gelassen haben?

    Wenn es die gab: Ein zweiter Bericht?

    Beste Grüße aus Berlin

    Wolf Reiner Kriegler

    • Milan Schwabe Permalink
      3. Dezember 2010 10:23

      Hallo Herr Kriegler,

      erst einmal vielen Dank für Ihr so positives Feedback auf meinen Artikel!

      Letztlich kann ich mir gut vorstellen, dass außer mir viele andere Absolventen den Kongress mit einem ähnlichen Gefühl wieder verließen, aber nicht so recht wussten, warum. Dieses Gefühl wollte ich in dem Artikel hinterfragen und erklären.

      Um auf Ihre Frage zurückzukommen: natürlich gibt es auch Positives zu berichten. Ohne Namen zu nennen, habe ich bei einigen Unternehmen gute Ansätze und vor allem subtile Hinweise auf das Selbstverständnis des Unternehmens entdeckt. Diese arbeite ich zurzeit noch auf. Vielleicht entsteht daraus am Ende auch noch ein weiterer Artikel. Ich freue mich für diesen Fall schon auf Ihr Feedback!

      Viele Grüße aus Gummersbach,
      Milan Schwabe

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