Sudabeh Mohafez: Gespräch in Meeresnähe

19. Januar 2007 | Von | Kategorie: Literaturveranstaltungen

Literatur kontrovers könnte man die Lesung mit Sudabeh Mohafez in der Reihe “Europa Morgen Land” am 28.01.2007 nennen. Einerseits hat die in Teheran geborene Autorin für ihr Romandebut “Gespräch in Meeresnähe” viel Anerkennung und 2006 den Adelbert von Chamisso Förder-Preis erhalten.

“Gespräch in Meeresnähe” ist die ungeheuerliche Geschichte über Familiengeheimnisse, die nicht auszudenken, nicht zu erzählen sind, die aber doch eines Tages ans Licht drängen. Geschildert wird sie aus drei kunstvoll geflochtenen Perspektiven, der von Iris, der ihrer Mutter Safran und der des Kindes und jungen Mädchens, das ihre Mutter einmal war. Für jede dieser Figuren erfindet Sudabeh Mohafez eine eigene Sprache: poetisch und bildmächtig, gehetzt und abrupt, manchmal fast expressionistisch. Ein außergewöhnlicher Roman – präzise komponiert, virtuos geschrieben, leicht erzählt und zugleich atemberaubend.

Andererseits zelebrierte Christina Maria Berr in der Süddeutschen Zeitung vom 13.02.2006 einen veritablen Verriss unter der Überschrift: So viel Leid geht auf keine Kuhhaut.

“Muhafez hat eine Familiensaga über die geschundenen Frauen gewalttätiger Männer geschrieben. Einen Frauenroman über vier Generationen: Von der Urgroßmutter bis zu Iris, der Ich-Erzählerin, die alles Leid der Vergangenheit noch einmal erlebt und so die Geheimnisse der Familie Heinemann enthüllt. Dabei lässt die beherzte Autorin kein Frauenroman-Klischee aus: Neurodermitis, Frigidität, Adoption, Vergewaltigung oder auch pure Männergewalt, Schwangerschaft, Gefängnisbesuch, Homosexualität, Scheinehe, Kindesmisshandlung, Hysterie – you name it, we got it. Die Themen sind, zählt man sie auf, vor allem eines: zahlreich. Aber sie wirken nicht. [...] Das Mittel der Auslassung – ein Satz bricht vor dem entscheidenden, das Geheimnis auflösenden Wort ab – reizt sie mit Wiederholungen zu sehr aus. Die Geheimnisse werden jedoch nicht vollständig aufgeklärt. Selbst am Ende ist nicht alles ausgesprochen. Die Mutter sagt: “Bitte, Iris, ich muss Dir viel erzählen.” Man ist froh, dass es dazu nicht mehr kommt.”

Also hingehen und selbst entscheiden, welche Schlüsse man aus dem Roman ziehen will.
Sonntag, 28. Januar 2007, 17.00 UhrRIZ Café-Bar, H7, 38, Mannheim. Die Autorenlesung wird moderiert von Semira Soraya-Kandan. Veranstalter: Kulturamt Mannheim, Kulturbüro Ludwigshafen, KulturQuer – QuerKultur Rhein-Neckar e.V., Kultur Rhein-Neckar e.V.

Sudabeh Mohafez: Gespräch in Meeresnähe. Arche Literatur Verlag AG. August 2005 – gebunden – 284 Seiten. ISBN: 3716023469
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