Warum so verlegen? (Part 2)

24. März 2004 | Von | Kategorie: Allgemein

Die Frage: “Warum so verlegen?” wird aus der Perspektive von Klaus Wagenbach klar und eindeutig schon allein mit dieser Anthologie beantwortet. Sie bietet dem Leser und natürlich auch der Leserin vielfach verschlungene individuelle Lesepfade an.

Eine sinnvolle Variante erschien mir, die auch schon typographisch abgesetzten Abschnitte zur Verlagsgeschichte in einem Rutsch zu lesen, in einem zweiten Schritt habe ich mir die Beiträge von und über Klaus Wagenbach im eigentlichen Text vorgenommen. Im Gegensatz zu den Zwischentexten, die man als ‘oral history’ begreifen könnte, sind die Texte im Hauptteil als Dokumente zu werten. Sie beleuchten die Verlagsgeschichte aus der Sicht einer historischen Momentaufnahme; obwohl ebenfalls subjektiver Originalton Wagenbach sind sie objektive Mosaiksteine der Verlagsgeschichte geworden; so zum Beispiel das Interview von Hedwig Rohde aus dem ‘Buchmarkt’ Nr. 1 von 1966, in dem Wagenbach die jeweilige Rollenverteilung von Autoren, Verlegern und Buchhändlern erläutert: “Mittlerweile gibt es Autoren, die wissen, wie sie schreiben, aber nicht was. Das halte ich für eine gefährliche Entwicklung. Ein Autor muss wissen, was er mit seinem Buch will. Ob das erkannt wird, ist eine andere Frage, aber er muss es wissen.”

Die Auswahltexte der Autorinnen und Autoren liest man ‘al gusto’ – sinnvoll ist es jedoch, sie auch im historischen Zusammenhang zu lesen. Ebenfalls zum Schmökern lädt das Gesamtverzeichnis aller in vierzig Jahren bei Wagenbach erschienen Titel ein. Schmerzlich vermisst werden einige der mit * als nicht mehr lieferbar gekennzeichneten Titel.

Mein persönliches Fazit: Der Band zum 40jährigen Jubiläum des Wagenbach Verlages liest sich wunderbar. Ein Verlag mit dem man alt werden kann. – In der Verlagsgeschichte fehlt jener legendäre Empfang des Verlages zur Buchmesse in Frankfurt (das Jahr weiss ich nicht mehr) im Hause des Verlages der Autoren, bei dem es – wie angekündigt – nur Wasser (in grossen Tonkrügen) und Brot gab. Die Besucher sassen und standen im Treppenhaus und lauschten H.C. Artmann, wie er in der ihm eigenen Weise seine Texte vortrug.

Tintenfisch Nr.7 1974 Leider ist nur der Einband vom ‘Tintenfisch’ Nr. 1 abgebildet und kein einziger Tintenfisch selbst; ich vermisse vorallem meinen Lieblingstintenfisch an der Schreibmaschine aus dem Jahre 1974: “Die Lampe lässt nach, die Brille rutscht mir über die Tentakel, Charly hängt schief, der dritte Saugnapf im linken Pantoffel juckt, zwei Flaschen Schmieröl und nix läuft???
Oh KarlFriedrichMichailWladimirRosaFranzGeorgHeinrich
vonGottholdEphraim: Ich habe alle Arme voll zu tun!!!” *

* “Wild beschäftigt” v. Horst Rudolph (Frontispiz) Tintenfisch 7, Jahrbuch für Literatur. Berlin. 1974.

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