Im Wahn und in der Liebe

admin | Posted 14/04/2007 | Belletristik | Keine Kommentare »

In ihrem Debüt zeichnet die Französin Céline Curiol das eindrucksvolle Porträt einer jungen Frau, die zu leidenschaftlich liebt und fast daran zerbricht. Der raffiniert erzählte Roman hat bereits einen prominenten Fan gefunden: Paul Auster.

Ein Kuss und alles ist anders. Wie in Trance schwebt eine junge namenlose Frau durch den Alltag ihrer Heimatstadt Paris. Sie denkt an seine Haare und Hände, ihre Beschaffenheit, Farbe und Größe, denkt an die Temperatur, die Struktur, den Umfang seiner Lippen, denkt an den Moment, in dem sich ihre Lippen berührten und ihr etwas “Warmes, Wohltuendes durch den Hals in die Brust gleitet”.

Sie denkt. Und wartet. Auf den Anruf des Mannes, der mit der wunderbaren Ange lebt und den sie in einer Partynacht küsste. “Sie fragt sich, ob er anrufen wird. Die Frage durchzieht ihren Tag, taucht immer wieder plötzlich auf, während der Arbeit, beim Essen, im Schlaf, und sobald sie anfängt, sie zu vergessen, bringt sie sich ihr um so lebhafter wieder in Erinnerung.”

Die Liebe wird zum Zwangsgedanken. Ein ferngesteuertes Warten, Bangen und Hoffen. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Die Sehnsucht wird zur Obsession, das Verlangen pathologisch.

Als er auf ihren Anrufbeantworter spricht, hat das Leben in Warteposition für kurze Zeit ein Ende. So beginnt das verhängnisvolle Spiel einer Abhängigkeit, welche die Heldin an ihre Grenzen bringt.


“Originell und brillant”

“Von Liebe sprechen” ist das außergewöhnliche Debüt der Korrespondentin der französischen Zeitung “Libération” in New York, Céline Curiol. Einer ihrer ersten Leser war Paul Auster: “Es handelt sich nicht nur um einen der besten Romane, die ich seit Jahren gelesen habe, sondern, schlicht und einfach, ist es eines der originellsten und brillantesten Werke aller zeitgenössischen Autoren überhaupt, die ich kenne”, lobte der prominente Kollege.

Und tatsächlich: Ebenso kraftvoll wie leidenschaftlich beschreibt die 32-Jährige die tiefe Verzweiflung einer unerfüllten Liebe, die eine sonderbare junge Bahnhofsansagerin am Gare du Nord umtreibt, ihr die Lebensenergie raubt.

“Wie gern wäre sie vom Erdboden verschwunden, hier und jetzt, nicht um zu sterben, sondern einfach nur, um zu verschwinden, in einer kleinen Rauchwolke, durch extremes Zusammenschrumpfen oder durch Auflösung in Luft.

Um sie herum hätte niemand etwas bemerkt.” Mit erzählerischer Leichtigkeit und psychologischer Schärfe zeichnet die Autorin das komplexe Bild einer jungen Frau voller Widersprüche: Tragisch, komisch, stark, zerbrechlich, voller Hoffnung und verzweifelt geht sie durchs Leben.

Ihr einziger Antrieb: die eine Liebe, die sie nicht erreichen kann. Curiol entführt in düsterste Seelenwinkel, legt tiefe Verletzungen offen, beschreibt die Qualen einer obsessiven Liebe. Irgendwann aber findet ihre Heldin den Weg zurück.

“Man war durch sie hindurch-, an ihr vorbei- und über sie hinweggegangen und dann war man fortgegangen (…). Auch er war durch ihr Leben gegangen, ohne jemals bleiben zu wollen. Es war ihr unbegreiflich, wie sie auch nur einen Moment das Gegenteil hatte glauben können.”


Céline Curiol
Von Liebe sprechen
Piper
288 Seiten

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