Nobelpreise für Basel
admin | Posted 09/05/2007 | Autoren | Keine Kommentare »
Fulminanter Start: Als Leiter des Literaturfestivals bringt Egon Ammann zwei Nobelpreisträger an die Buchmesse – Wole Soyinka und Imre Kertész.
Die Stadt am europäischen Fluss ist eine Stadt der Brücken. Und der Bücher. Ihre noch junge Messe – die BuchBasel findet in diesem Jahr zum fünften Mal statt – wird zu einem wichtigen Datum der Literatur. Die Anwesenheit zweier Literaturnobelpreisträger verleiht ihr zusätzlichen Glanz: Mit Imre Kertész und Wole Soyinka wird die Publikumsmesse, die auch in diesem Jahr mit einem grossen Veranstaltungsprogramm aufwartet, beginnen.
Wole Soyinka, 1934 in Abeokuta im damals noch britischen Westnigeria geboren, gehört zu den wichtigsten politischen und literarischen Stimmen Afrikas. Ob gegen den Biafrakrieg, das Militärregime Sani Abachas oder die Hinrichtung der Menschenrechtsaktivisten um Ken Saro Wiwa, Soyinka war immer bereit, für seine Überzeugungen öffentlich einzustehenund für diese auch Gefängnisstrafe und Exil in Kauf zu nehmen. Er hat in England studiert und ab 1958 als Dramaturg und Schauspieler am Royal Court Theatre in London gearbeitet.
Nach seiner Rückkehr nach Nigeria wurde er 1967 aufgrund seiner Friedensbemühungen zwischen den verfeindeten nigerianischen Bürgerkriegsparteien und seines Engagements für ein unabhängiges Biafra festgenommen. Die während der folgenden Isolationshaft im Gefängnis von Kaduna entstandenen Gedichte erschienen später unter dem Titel “Poems from Prison”. Erst nach internationaler Intervention wurde Wole Soyinka im Oktober 1969 wieder auf freien Fuss gesetzt.
Die Erfahrungen und Eindrücke seiner Haftzeit verarbeitete er in dem Buch “Der Mann starb: Gefängnisvermerke”. Der unbequeme Mahner mischte sich auch weiterhin ein, protestierte und erhob seine Stimme gegen Unfreiheit und Unterdrückung weltweit, vor allem aber im eigenen Land. Am 8. Dezember 1986 wurde ihm als erstem Afrikaner der Literaturnobelpreis verliehen – mit der Begründung, er gestalte “in breiter kultureller Perspektive und mit poetischen Obertönen das Drama des menschlichen Seins”.
Das Klima der Angst
Auch danach engagierte sich Wole Solyinka für Demokratie und die Einhaltung der Menschenrechte und gegen Korruption und Manipulation, so auch, als er 2004 die in der angelsächsischen Welt mit hohem
Ansehen belegten Reith-Lectures der BBC hielt. In dieser Vortragsreihe stellte er die Formel despotischer Machthaber – “Ich habe recht, du bist tot!” – an den Pranger.
Nachzulesen sind Wole Solyinkas engagierte Plädoyers in dem Band “Klima der Angst”. Mit “Samarkand” liegen seit Kurzem erstmals Gedichte von ihm in deutscher Übersetzung vor. “Ake”, die Biografie seiner Kindheit, ist sein wohl bekanntestes Buch. Sie alle erschienen bei Ammann.
Zusammen mit Wole Solyinka wird Imre Kertész an der Eröffnungsveranstaltung teilnehmen. Kertész wurde 1929 in Ungarn geboren. Er ist jüdischer Abstammung und wurde in die Konzentrationslager des
Nationalsozialismus gesteckt: Über Auschwitz kam er nach Buchenwald.
Seine Erfahrungen beschrieb er in dem Roman “Sorstalanság”. 1975 wurde das Buch in Ungarn endlich veröffentlicht, erfuhr jedoch erst mit der zweiten Auflage 1985 literarische Beachtung. Seinen Lebensunterhalt verdiente Kertész daher hauptsächlich durch seine Arbeit als Übersetzer. “Sorstalanság” erschien in deutscher Übersetzung 1990 unter dem Titel “Mensch ohne Schicksal”.
Aber erst, als es 1995 in einer deutschen Neuübersetzung unter dem Titel “Roman eines Schicksallosen” veröffentlicht wurde, wurde es international als literarisches Ereignis gefeiert. Es zählt seitdem zu den wichtigsten Werken der europäischen Literatur des 20. Jahrhunderts. “Fiasko”, 2000 in deutscher Übersetzung erschienen, und “Kaddisch für ein nichtgeborenes Kind”, das bereits 1992 in deutscher Übersetzung zu lesen war, vollendeten die “Trilogie der Schicksallosigkeit”.
Im Herbst 2002 erhielt Imre Kertész den Nobelpreis für Literatur “für ein schriftstellerisches Werk, das die zerbrechliche Erfahrung des Einzelnen gegenüber der barbarischen Willkür der Geschichte behauptet”. Zuletzt ist von ihm die Autobiografie “Dossier K” erschienen.
Tipp:
Vernissage BuchBasel 2007 mit Imre Kertész und Wole Soyinka. 10.5. 2007, 19 Uhr. Für geladene Gäste.
Wole Soyinka an der BuchBasel: Freitag, 11.5. 2007,
18.00-18.45 Uhr, Autorenforum.