Der “Cartier-Bresson” Österreichs ist tot

admin | Posted 11/06/2007 | Autoren | Keine Kommentare »

Am Samstag verstarb der Fotograf Franz Hubmann 92-jährig in Wien.

Obwohl er Auszeichnungen nicht mochte und seine Orden im Wäschekasten unter den Hemden aufbewahrte, musste sich Franz Hubmann ein Attribut gefallen lassen: Gern bezeichnete man ihn als Doyen der österreichischen Fotografie, und diese Bezeichnung ist gewiss nicht falsch. Die Bilder, die Franz Hubmann über mehr als vier Jahrzehnte von Objekten, Landschaften, vor allem aber von Menschen angefertigt hat, machen einen guten Teil des kulturellen Gedächtnisses nicht nur Österreichs aus.

Angesichts des Hubmann’schen Oeuvres geizte man mit Vergleichen nicht: Er galt als "Cartier-Bresson Österreichs",
als "Lehrmeister in der Übersetzung der Wirklichkeit", als
"Chronist des Wesentlichen" (wie die
Galerie Westlicht
eine Schau zu
seinem 90er nannte). Mehr als sechzig Bücher hat Hubmann in seiner langen Karriere als Fotograf veröffentlicht. Er wurde 1914 in Ebreichsdorf (Niederösterreich) geboren, war Mitbegründer der Kulturzeitschrift "magnum".

Mit 12 Jahren bekam er seine erste Kamera geschenkt, besuchte die Mittelschule und absolvierte zunächst die Lehr- und Versuchsanstalt für Textilindustrie
in Wien und war ab 1935 als Textiltechniker in einer Hutfabrik beschäftigt. 1949 schloss er die Grafische Lehr- und Versuchsanstalt
ab und wurde anschließend Bildstellenleiter der neu gegründeten Österreichischen
Fremdenverkehrswerbung, deren Bildarchiv er aufbaute.[pagebreak]

Daneben arbeitete Hubmann am Journal "Austria international" mit,
aus dem 1954 die Kulturzeitschrift "magnum" wurde, die sich an der
gleichnamigen Bildagentur von Robert Capa, Henri Cartier-Bresson und David
Seymour orientierte. Damals bezeichnete sich Hubmann allerdings nicht als
Fotograf, sondern als "Bildjournalist" und deckte als solcher das
gesamte Spektrum "moderner" Themen ab: Tanz, Musik, Architektur,
Kunst, Design, Kinder und Freizeit. Er porträtierte dabei sowohl bunte Vögel
zwischen Künstlercafé, Opernball und Wiener Vorstadt als auch die Pariser Szene
um Chagall, Giacometti, Max Ernst und Picasso oder das Ambiente an so
unterschiedlichen Orten wie New York und dem Waldviertel.

Nach der Einstellung von "magnum" 1966
arbeitete Hubmann vor allem als freier Buchautor und schuf über 50 Bildbände.
Gleichzeitig entstanden zwischen 1960 und 1974 17 Fernsehfilme.

Für Margit Zuckriegl, Mitherausgeberin der im
Vorjahr im Verlag Christian Brandstätter erschienenen Monografie "Franz
Hubmann – Photograph", war Hubmann "von Anfang an
Geschichtenerzähler", "ein Kommentator, der mit seiner Bildsprache
essayistisch umgeht. Er war immer ein diskreter Beobachter, ein poetischer
Analytiker des Seins."

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