Klimpern im Bordell
admin | Posted 19/09/2007 | Biografien | Keine Kommentare »Operfans haben lange darauf gewartet – jetzt liegt die erste Puccini-Biographie vor. Die Würdigung eines Melodiegiganten und Zeugnis einer alten Welt.
Er war eine Art sanfter Tom Waits seiner Zeit. Kettenrauchend beklimperte er die Pianos in Bordellen und mondänen Seebädern. Er versetzte seinen Mantel, um ein Mädchen auszuführen.
Schon lange, bevor er mit seiner “Madame Butterfly” zu einem der populärsten Komponisten der Belle Epoque wurde, inszenierte sich Giacomo Puccini als Geck, stellte sich als Dandy dar, den nichts anderes interessierte als die Musik. Ein schwieriger, selbstverliebter Typ, der der Nachwelt allerdings einige der schönsten Melodien der Opernwelt hinterließ.
Dieter Schickling ist dem gestylten Italiener schon seit Dekaden auf der Spur; in dieser ersten umfassenden Biographie erfährt Puccini eine längst fällige Würdigung seines Schaffens. Und erklärt die Frage, wer nun wirklich den Anspruch auf “La Bohème” erheben darf. Denn Ruggiero Leoncavallo, sein eifersüchtiger Zeitgenosse, behauptete, das Sujet als erster entdeckt zu haben.
Tatsächlich existiert eine gleichnamige Oper aus seiner Feder; sie ging indes ob des überragenden Erfolgs der Puccini-Variante gnadenlos unter und ist heute vergessen. Eine wunderbare Biographie hat Schickling geschrieben; sie sollte Maßstäbe setzen.
Dieter Schickling, Puccini, 456 Seiten, 39,90