Auch Genua kann kalt sein
admin | Posted 15/10/2007 | Krimis | Keine Kommentare »
Ein neuer Privatdetektiv aus Genua mischt die europäische Kriminalliteratur auf.
Bacci Pagano hat mit Anfang 50 schon einiges hinter sich.
Ein abgebrochenes Studium. In den Siebzigerjahren vier Jahre Haft im Hochsicherheitstrakt eines italienischen Gefängnisses, weil er bei einer Demonstration von Linken eine auf dem Boden liegende Waffe aufsammelte und in die Jacke steckte, damit niemand verletzt wurde. Zudem hat er ein schnelles Mundwerk, vor allem wenn er sich mit gewalttätigen Polizisten anlegt, eine scharfe Intelligenz, eine enge Freundschaft zum Leiter der Mordkommission und einen kritischen Blick auf sein Land.
Und Aufträge. Denn Bacci Pagano ist Privatdektektiv. Besser und präziser gesagt: Privatdetektiv in Genua.
Ein Auftrag einer alten Dame aus altehrwürdiger Genueser Familie verschafft ihm dann nicht nur einen verwickelten Fall. Sondern auch eine wenn auch kurze Liebe zu einer illegal sich in Italien aufhaltenden Afrikanerin, die abgeschoben wird, ohne dass er dagegen etwas machen kann.
Denn, und das ist schon die erste Volte von vielen weiteren in diesem Buch, die Überwachung der Verlobten des Stammhalters und Firmenerbens zielt nicht ab auf die Treue respektive Untreue der jungen Frau ab, sondern auf deren Liebhaber. Dieser scheint sich auf höchst angenehme Weise Firmeninterna verschaffen zu wollen. Dem soll ein Riegel vorgeschoben werden. Daran schließt sich noch ein Mord an. Sowie ein anderer Auftrag.
Aus den Räumen eines kleinen linksalternativen Radiosenders wurde ein Gewehr gestohlen. Zu dumm, dass der intellektuelle Kopf des Senders ein Altachtundsechziger ist, den Bacci lange kennt und der kurz zuvor in einer Aufsehen erregenden Aktion indirekt zum Mord an Politikern aufforderte. Passenderweise wird demnächst in Genua der italienische Ministerpräsident erwartet.
Kreuz und quer kurvt Pagano auf seiner Vespa durch die Altstadt der ligurischen Metropole, kommt aber auch in die Vororte. So ist dies auch ein wunderbarer Großstadt- und Genua-Roman. Ein Roman noir mit italienischem Flair.
Und auch ein politischer Roman – erscheinen doch das Gros der Polizei wie besonders der Geheimdienst als sinistre, demokratische Prinzipien leichthin ignorierende Schläger, zu schweigen vom Ministerpräsidenten namens Silvio B. (es ist das Jahr 2002), dem Gesetze wie Ton zum Modellieren vorkommt. Und der am Schluss in einer beißenden Szene in persona auftritt. Offen bleibt, ob tatsächlich der Schuss, der auf der letzten Seite fällt, tödlich ist