Der Weg zur Kunst via Sprache
admin | Posted 04/11/2007 | Uncategorized | Keine Kommentare »
Piet Meyer ist in Zürich geboren, studierte Ethnologie und Kunstgeschichte in Basel. Nach langjährigen Forschungen in Westafrika und Arbeiten an den Völkerkundemuseen in Köln und Zürich gründet er einen neuen Verlag.
Seite 4 stellt Piet Meyer zu seinem Verlag Fragen
Seite 4: Sie gründeten einen neuen Verlag, wie lautet Ihr Programmkonzept?
Piet Meyer: Der Verlag konzentriert sich auf Kunst des 20. Jahrhunderts, insbesondere Klassik der Moderne, und wird da häufig alte, historische Texte wieder zugänglich machen, die nicht nur hochinteressant und zugleich verschollen sind, sondern auch – und das ist mir sehr wichtig – poetische Schreibqualität besitzen.
Wie kommen Sie zu diesen Texten?
Meyer: Ich bin Bibliotheksnarr. Es gibt nichts Schöneres, als in ruhigen Bibliotheken sitzen zu dürfen, und die schönsten Bücher und Zeitschriften der Vergangenheit durchblättern und durchstöbern zu
können. Psychiater sollten dies als Anti-Depressivum empfehlen. Bei mir hat es gewirkt. Und dann macht man, wenn man fleissig ist, seine kleinen Entdeckungen: Der Verlag möchte manche dieser, heute vergessenen Perlen weiterreichen. Ich verwandle mich als Leser zum Verleger, das scheint mir das Richtige.
Kunst und Literatur, ein Verlag der die beiden Disziplinen verbindet oder gehören sie doch mehr zusammen, als man das bis anhin meint?
Meyer: Ich kann nur für mich sprechen. Ich will Bücher verlegen, die inspirieren. Mein Hauptgedanke ist: Der Leser soll, wenn er eines meiner Bücher aus der Hand legt, sich sagen: Nun, die Welt ist doch -
kein Schrotthaufen, sondern – positiv gesprochen: ein ganz erstaunlicher Ort; da gibt es Dinge, die uns wahrhaft in Erstaunen versetzen. Die Bücher sollen auf diese Weise Appetit auf Leben machen. Das nenne ich "inspirierend". Ich will deshalb nicht primär akademische Texte verlegen; die sind, ohne böse sein zu wollen, oft "despirierend". Nur Kunst kann wahrhaft beleben. Darum ist mir Literatur, oder jedenfalls poetisch inspirierte Sprache wichtig, als Weg zu Kunst und Künstlern.
Sie starten Ihr Programm mit zwei Büchern. Können Sie uns weitere Namen und Stichworte zu den nächsten Büchern sagen?
Meyer: Im kommenden Herbst erscheinen die Memoiren der ersten Ehefrau von Marcel Duchamp, von Lydie Fischer-Sarazin. Diese Ehe, 1927 in Paris geschlossen, wurde nach 10 Monaten geschieden. Sie war Duchamp so peinlich, dass Biographen von Duchamp (die ihren Helden oft kultisch verehren und schützen) sie häufig mit keinem Wort erwähnen! Diese Memoiren sind erst vor wenigen Jahren in einem kleinen Provinzverlag in Frankreich erschienen und kaum beachtet worden. Wir bringen sie auf deutsch heraus.
Welches waren für Sie zur Verlagsgründung die größten Hürden, die Sie nehmen mussten?
Schwierig war es, als Quereinsteiger sich das technische Rüstzeug nach und nach anzueignen, das der Verleger braucht, um gut arbeiten zu können: also Dinge in Erfahrung zu bringen, die Typographie,
Gestaltung, Papiersorten, Einbandarten, Rechteerwerb und andere juristische Fragen, Vertriebswege und -strukturen, Kapitalbeschaffung, usw. betreffen, Dinge, die man in der Regel nur während längerer
Arbeit in einem anderen Verlag lernt. Jetzt wo ich – learning by doing – mehr und mehr weiß, macht die Arbeit immer mehr Vergnügen.