Norman Mailer gestorben

admin | Posted 11/11/2007 | Autoren | Keine Kommentare »

Norman Mailer (84) erlag gestern, Samstag, einem
Nierenversagen in einem New Yorker Krankenhaus. Seit seinem Durchbruch mit dem
1948 erschienenen Roman "Die Nackten und die Toten" wurde Mailer in
einem Atemzug mit den großen US-Literaten Ernest Hemingway, John Dos Passos und
Herman Melville genannt.

Mailer erhielt zwei Mal den Pulitzer-Preis: für
literarischen Journalismus in der 1968 veröffentlichten Vietnam-Reportage
"Heere der Nacht" und 1979 für "Gnadenlos – Das Lied vom
Henker". Seine Werke wurden gefeiert und verrissen, er galt aber
Jahrzehnte lang unangefochten als literarisches Gewissen der USA und
Provokateur des Establishments.

Mailers realistischer Stil galt als originell und
leidenschaftlich, in den von ihm geschaffenen Figuren floss nach Ansicht des
"Newsweek"-Kritikers Ray Sokolov "echtes Blut". Der
"große amerikanische Roman", den viele von ihm erwarteten, gelang
Mailer aber nach eigenem Bekunden nicht. Auch der Literatur-Nobelpreis blieb
ihm versagt.

Mailer wurde am 31. Jänner 1923 in New Jersey geboren. 1943
ging er mit einem Ingenieur-Diplom von der Harvard-Universität ab, beschloss
aber noch als Student, Schriftsteller zu werden. Er wurde zum Kriegsdienst
eingezogen und als Infanterist auf die Philippinen geschickt. Den Kampf gegen
die Japaner im Zweiten Weltkrieg verarbeitete er in dem Werk "Die Nackten
und die Toten", das während eines Studienaufenthalts in Paris
veröffentlicht wurde.

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Über die Jahre pflegte Mailer das Image eines kampflustigen,
gewieften Literaten, der das Leben in vollen Zügen genoss. Er machte
Schlagzeilen mit Alkohol-, Drogen- und Gewaltexzessen. Auf einer wilden Party
erstach er 1960 beinahe seine zweite Frau, Adele Morales. Sie lehnte es ab,
Mailer zu belasten und enthüllte erst 1997 in ihrer Biografie, dass sie beinahe
gestorben wäre.

Mailer war sechs Mal verheiratet und hatte neun Kinder. In
einem Anflug von Quichotterie kandidierte er 1969 auf einer
"linkskonservativen" Plattform für das New Yorker Bürgermeisteramt.
Er produzierte fünf belanglose Filme, wurde von einem Treffen des jüdischen
Frauenverbandes YWHA wegen Rezitierens obszöner Verse ausgeschlossen, trug
öffentlich eine Fehde mit dem Schriftsteller Gore Vidal aus und wetterte gegen
die Frauenbewegung. Das Magazin "Time" schrieb 1971, Mailer habe sich
mit seiner Breitseite gegen angeblich lustfeindliche Feministinnen eine
"permanente Nische im Pantheon chauvinistischer männlicher Schweine"
verdient. Mailer sagte später, dass er als Sexist bezeichnet worden sei, sei
"die größte Ungerechtigkeit im amerikanischen Leben".

Andererseits wurde Mailer von der Hippie-Generation als die
einzige Persönlichkeit über 40 gefeiert, der man trauen könne. In seinem Essay
"The White Negro" hatte er sich der Gegenkultur der 50er Jahre, der
"Beat Generation" um Jack Kerouac und Allen Ginsberg angeschlossen
und die Bedeutung des Wortes "hip" definiert. In seiner typischen
Hybris erklärte er einmal, seine Reportage vom demokratischen Parteitag 1960,
"Superman Comes to the Supermarket", habe den Ausschlag für den
hauchdünnen Sieg John F. Kennedys bei der Präsidentenwahl gegen Richard Nixon
gegeben.

Bei allen Kontroversen um Mailers Person schrieb Sokolov
schon 1968 über das "enfant terrible" der amerikanischen Literatur:
"Am Ende kommt es auf das Schreiben an." Auch mit seinem letzten
Roman, "Das Schloss im Wald" eckte Mailer an: Er versuchte darin,
Hitlers Taten literarisch mit dem Wirken des Teufels zu erklären. (AP)

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