“Im Roman muss man übertreiben”
admin | Posted 17/02/2008 | Autoren | Keine Kommentare »
Michael Herzig debütiert mit der Kriminalbeamtin Johanna di Napoli. Sie
kämpft für Anerkennung, Fahndungserfolg und gegen männliche
Hindernisse. SEITE 4 wollte mehr wissen und stellte dem Autor
Fragen.
Urs Heinz Aerni: Zürich ist einmal mehr der Tatort und die Kulisse für einen Kriminalroman. Anscheinden ist Zürich eine besonders gut geeignete Krimistadt?
Michael Herzig: Zürich ist eine feine Stadt zum Leben und zieht kreative Menschen an. Diese schreiben mitunter auch Kriminalromane.
Ihre Arbeit führte Sie ins städtische Sozialdepartement. Besteht nicht die Gefahr, allzu viel aus dem Nähkästchen zu plaudern?
Herzig: Ich schreibe über Milieus, die ich kenne. Das erhöht die Autenzität. Das bedeutet aber nicht, dass ich einen dokumentarischen Anspruch habe oder gar Berufsgeheimnisse verrate. Es geht lediglich darum, eine bestimmte Stimmung zu vermitteln.
Ihre Hauptfigur ist Johanna di Napoli. Wie kamen Sie auf diese Figur?
Herzig: Ich suchte eine klassische Hard-Boiled-Figur mit einem zeitgenössischen Touch. Deshalb habe ich die einsame Wölfin und Quotenfrau Johanna di Napoli erfunden. Außerdem wollte ich Philippe-Marlow-Klischees vermeiden. Darum ist meine Hauptfigur eine Frau.
Die Geschichte führt ins Rotlichtmilleu und enthüllt, dass auch politische Größen dort ihr Vergnügen suchen. Freie Erfindung?
Herzig: Natürlich ist alles frei erfunden. In einem Roman muss man übertreiben, damit er glaubwürdig wirkt. Autentizität entsteht nicht, indem man etwas schreibt, was tatsächlich stattfindet oder stattgefunden hat, sondern indem man umsetzt, das denkbar ist.
Was schätzen Sie als Konsument an einem guten Krimi?
Herzig: Eine schnelle, karge Sprache, abgründige Figuren, düstere Stimmungen, feinsinnige Ironie.
Ist ein nächstes Buch geplant?
Herzig: Ich habe einen zweiten Roman angefangen. Momentan fehlt mir leider die Zeit, um konzentriert daran zu arbeiten. Es gehen mir aber immer wieder Szenen durch den Kopf. Zürich ist ein inspirierendes Terrain.
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Der 1965 in Bern geborene Michael Herzig lebt heute in Zürich. Nach Jobs in der Musziszene, studierte er Geschichte, Staatsrecht und Politologie. Heute arbeitet Herzig im Sozialdepartement der Stadt Zürich
Das Buch:
Michael Herzig: Saubere Wäsche
Grafit Verlag
283 Seiten
ISBN 978-3-89425-338-7