Hitler von innen
admin | Posted 31/10/2008 | Belletristik | Keine Kommentare »
Der Roman erzählt die einzige Liebesgeschichte Adolf Hitlers mit einer
Frau, seiner Halbnichte Geli Raubal, die sich nach vier Jahren des
Zusammenlebens mit "Onkel Alf" das Leben nimmt: in seiner Wohnung und
mit seiner Pistole.
Geli war, als sie starb, 23 Jahre alt – ein lebenslustiges, fröhliches Mädchen wurde von einem kalten, vergleichsweise alten Mann in den Selbstmord getrieben. Hitlers Wahn, die Juden zu ermorden, war durch das Mädchen ins Wanken geraten; deshalb musste sie sterben.
Die Geschichte ist alt, der Roman ist neu. Alles an ihm, Inhalt wie Form, ist neu. Noch nie wurde Hitler
erzählt, sein Charakter in Worte gefaßt, seine böse Verliebtheit bis zum Ende geschildert.
Der Hitler von Uwe Bolius ist schwul, schizophren und verliebt. Nach Maria Reiter war Geli die zweite Frau, mit der Hitler sich vom Homo- zum Heterosexuellen umzutrainieren versuchte, durch die Kraft seines "Stählernen Willens".
Das Ende war katastrophal.
So neu wie der Inhalt ist auch die Form des Romans.
Neben den realtistisch erzählten, fiktiven Szenen gibt es immer wieder Momente, in denen der Autor sich fragt, was er denn da eigentlich tut, wenn er "Hitler erzählt". Dazu konnen geschichtsexegetische Fragen, wenn Bolius schildert, wie er in einem Jahrzente dauernden Prozess Hitler allmählich "Auf die Schliche" kam, oder wenn er über "das Böse und die Freiheit des Willens" reflektiert.
Trotz dieser philosophischen und historischen Exkurse ist der Erzählbogen des Romans für den Leser/die Leserin mit Spanung bis zum letzten Atemzug Gelis duchgehalten.
Bereits 1938 entfloh Thomas Mann in seinem unerhörten Essay "Bruder Hitler" angewidert der Seufzer: "Der Bursche ist eine Katastrophe." Die sollte freilich erst später kommen, der große Schirftsteller spürte sie allerdings schon in HItlers Wesen. Dennoch fügte er erklärend hinzu: "Das ist kein Grund, ihn als Charakter und Schicksal nicht interessant zu finden."
Genau dieses lebenslang anhaltende, noch heute ungebrochene Interesse am Menschen Hitler, der der Menschheitsverbrecher ja auch gewesen ist, führte Uew Bolius zu einem Roman, den sein Verleger einmal nicht ganz zu Unrecht sein "Lebensbuch" nannte. Endlich hat er jene literarische Form gefunden, die der Wahrheit des schlechten Menschen Adolf Hitlers so nahe wie möglich kommt.
Uwe Bolius © Limbus Verlag
Uwe Bolius wurde 1940 in Linz geboren, studierte Philosophie in Wien und schloss sein Studium mit einer Dissertation über Immanuel Kant ab.
Das Engagement in einem Kinderdorf führte zu seinem ersten Roman, aus dem er beim ersten Ingeborg-Bachmann-Wettlesen 1977 vorlas. Zahlreiche Romane und Dokumentarfilme, 1979 Staatsstipendium für Literatur, Rauriser Förderungspreis (1981), 2002 Preis der Salzburger Grünen für Menschenrechte und 2006 Queer Literaturpreis.