Wir sind alle Isländer
Petra Bohm | Posted 26/07/2009 | Politik und Gesellschaft | Keine Kommentare »
Inzwischen erwischt die Krise auch die anderen reichsten Länder der Welt, und überall fragt man sich: Sind wir vielleicht alle Isländer?
“Wer bislang noch nicht verstanden hat, wie ein ganzes Land kollabieren und eine Finanzkrise der Weltwirtschaft ins Rutschen bringen kann, der findet in Gudmundssons Buch eine Erklär-Fibel und einen Krimi zugleich.“
Spiegel (02.06.2009)
Am 6. Oktober 2008 hielt der isländische Premierminister eine dramatische Fernsehansprache, die den Inselstaat erschütterte, und mit den Worten endete: „Gott segne Island”. In Folge der Finanzkrise waren die drei größten isländischen Banken – Landsbanki, Glitnir und Kaupthing – in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Das gesamte isländische Finanzsystem stand kurz vor dem Zusammenbruch.
Die ganze Welt ist von der Wirtschaftskrise betroffen … Die ganze Welt? Nein! In Wirklichkeit ist es nur ein kleines Völkchen auf einer kleinen Vulkaninsel im Atlantik, die eine “Art Versuchslabor für die Weltwirtschaftskrise” darstellt, wie der isländische Schriftsteller Einar Mar Gudmundsson unlängst in der Süddeutschen Zeitung mutmaßte. “Wir anderen” verfolgen mit gruseligem, ungläubigen Staunen, wie einem vormals beliebtem Klassenprimus unversehens die Luft ausgeht. “Wir anderen” versichern uns selbst, wie unlängst der britische Premier Gordon Brown seiner Bevölkerung, dass wir noch längst keine Isländer sind, d.h. dass es mit uns nicht wirklich so schlimm enden wird. Stimmt das? Hat die Lage in Island wirklich nichts mit uns zu tun? Wie gehen die Isländer damit um, im Fokus der ganzen Welt zu stehen und gleichzeitig die ihre so gänzlich verloren zu haben? Gibt es etwas Positives, dass sich aus der Krise ziehen lässt?
Eine subjektive Analyse von Halldór Gudmundsson, unter Mitarbeit von Dagur Gunnarsson, über die Lage auf der einstmals friedlichsten Insel der Welt, abgerundet von zehn Porträts von Betroffenen, u.a.: der isländischen Außenministerin (bei der man zeitgleich mit der Krise einen Gehirntumor entdeckt); dem Anarchisten, der bei allen Protesten mit dabei ist; dem Polizisten, der bei den Krawallen verletzt wurde; der Mittelstandsfamilie, der es bislang gut ging und die nun in der Schuldenfalle sitzt; der Journalistin, der gekündigt wurde und die nun beim Arbeitsamt vorstellig werden muss; dem Autor Hallgrimur Helgason, einem Hauptakteur bei den Protesten, der zeitgleich mit der Krise seine Scheidung erlebte …
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Halldór Gudmundsson wurde 1956 in Reykjavík geboren. Er studierte Literaturwissenschaft und war Verlagsleiter von Islands größtem Verlag. Seine Biographie über Halldór Laxness wurde mit dem Isländischen Literaturpreis ausgezeichnet.
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