Desperado – Abenteuer eines Glücksuchers
Petra Bohm | Posted 03/08/2009 | Belletristik | Keine Kommentare »
Wird es eine tolle Geburtstagsparty zum 40. geben? Oder eine Trauerfeier mit zerbeultem Herzen und Migräne? – endlich ein Buch vom bekannten Spiegel-online-Kolumnisten Daniel Haas!
Armer Martin. Nicht nur, dass sich der Berliner Werbetexter wieder einmal eine dieser noblen Partys in der Nobel- Villa seines Cousins im noblen Stadtteil Dahlem antun muss. Nein, ihm liegt auch noch seine wohlhabende Mutter im Ohr von wegen Beziehung und Zukunftsplanung. Beim «Power-Brunch» in der Montagskonferenz zieht er auf der Jagd nach dem einzigen Bananen-Smoothie auch stets den Kürzeren und zu allem Überfluss serviert der Kellner beim Stamm- Italiener die Spaghetti auf einem scheußlich bemalten Teller. Weil die Katastrophen aber nicht aufzuhören scheinen, droht auch das jahrelange Umgarnen von Arbeitskollegin Friederike nicht im Happy End respektive Bett respektive einsamen Landgut zu münden. Armer Martin.
So weit, so anstrengend. Gerade als Martins Leben voller Klischees den Leser zu langweilen droht, nimmt «Desperado – Abenteuer eines Glücksuchers» eine Wendung. Autor Daniel Haas reißt den Ich-Erzähler seines Debüt-Romans aus dessen Werbefritzen-Alltagstrott und schickt ihn auf eine Odyssee namens Midlife-Crisis. Und deren Auswüchse sind ziemlich witzig. Als «Militarist» inmitten von durchgeknallten Kriegs-Fanatikern in der brandenburgischen Einöde, als «Esoteriker» in ein weißes Leintuch und Weihnachtslametta gehüllt des nachts mitten in Kreuzberg, als «Banause» Wolfgang-Petry-Medleys trällernd auf der mondänen Firmenfeier: Martin stolpert von einem Fiasko ins nächste.
Begleitet wird der notorische aber mittlerweile unfreiwillige Junggeselle auf dem Trip kurz vor seinem 40. Geburtstag durch die Hauptstadt – ähnlich Odysseus – von Freunden und Kollegen. Mit dem Unterschied, dass der legendäre Held aus Ithaka anno dazumal die schwierigen Prüfungen bestehen musste und dann nach zehnjähriger Irrfahrt in die Heimat gelangte.
In Berlin läuft die ganze Sache anders ab, da hat Martin nicht die Aufgaben zu meistern, nein, er stellt sie: Und dann muss das Atelier von Künstler-Kumpel Jo schon mal als indianische Schwitzhütte herhalten, Kellner Bruno Dinkelpenne mit Kopfsalat – «aber ohne Pestizide!» – servieren und der Agentur-Praktikant vor versammelter Mannschaft beim schicken Firmen-Geburtstag in die Gitarrensaiten hauen.
Martin entwickelt sich vor seinem – ach so gefürchteten – 40. Geburtstag vom Zocker zum Tierfreund, vom Naturliebhaber zum Paranoiker, vom Masochisten zum Dandy. Am Aufbau des Buches merkt man, dass Autor Haas – früher selbst Werbetexter und Drehbuch-Lektor – heute vor allem eines ist: Blogger und Kolumnist. In seiner Internet-Kolumne «Verstehen Sie Haas?» analysiert er allwöchentlich auf «Spiegel Online» Kurioses aus Gesellschaft, Kunst und Politik. Insofern könnte das Buch auch eine Zusammenfassung mehrerer Blog- Einträge oder Kolumnen sein, was letztlich, abgesehen von den ersten Seiten, nur für die Kurzweiligkeit von «Desperado – Abenteuer eines Glücksuchers» spricht.
© Manuel Schwarz, dpa