Fiktives Porträt der Laura Bush: «Die Frau des Präsidenten»

Petra Bohm | Posted 01/09/2009 | Belletristik | Keine Kommentare »

Das Selbstporträt über den unfreiwilligen Aufstieg einer Frau, ist die beinahe kunstvolle Kombination von Teilwahrheiten und viel Fantasie…

Um ihre Beliebtheit musste sich First Lady Laura Bush niemals sorgen. Der Irakkrieg war blutiger denn je und die Glanzzeiten der Präsidentschaft des Georges W. Bush längst vorbei – aber ihre Sympathiewerte blieben konstant hoch. Zu den zahlreichen Büchern, die sich während der Bush-Ära mit dem Leben der Ex- Präsidentengattin befassten, hat die junge amerikanische Autorin Curtis Sittenfeld einen dicken Wälzer hinzugefügt: «Die Frau des Präsidenten». Pikante Details aus dem Liebesleben des fiktiven Präsidentenpaares geben der Familiengeschichte eine gewisse Würze.

Aus Laura ist Alice geworden, von Beruf Lehrerin und Schulbibliothekarin – ganz wie die echte First Lady. Als «höflich, hinlänglich gebildet und hinlänglich hübsch» beschreibt sich die 31- Jährige aus einem Provinzstädtchen im Mittleren Westen, als sie den «aufsteigenden Stern am republikanischen Himmel» Charlie Blackwell heiratet. Was damit auf sie zukommt, begreift sie erst mit den Jahren. Seine «Selbstsucht und kindischen Launen», seine Neigung zu «Prahlerei und Schlüpfrigkeiten» können einem auf die Nerven gehen. Doch sie ist anpassungsfähig und alles andere als eine Emanze. Materielle Sorgen kennt die junge Familie nicht. Die Blackwells, die Millionen im Fleischgeschäft machen, haben ihren jüngsten Spross, das «schwarze Schaf» der Familie, finanziell weich gebettet.

Während Alice ihren Part als treu sorgende Ehefrau und liebevolle Mutter erfüllt, strebt der charismatische Charlie – wenn auch mit ein paar Umwegen – zur politischen Macht. Alices monologische Mitteilungsfreude, ob über die lesbische Großmutter oder die Anzahl ihrer Bodyguards, ist kolossal. Akribisch zählt sie die Bücher auf, die sie gelesen hat. Man erfährt, was sie kocht, was sie zur Hochzeit trug und wer im Weißen Haus als erster die Zeitungen liest. Ohne Prüderie plaudert sie über die Sexpraktiken von Charlie und verlässt ihn schweren Herzens kurzzeitig wegen seiner Trinkgewohnheiten. Statt zermürbender Streitereien setzt sie ganz auf «aufopferungsvolle Passivität». Stilles Erdulden, Toleranz, Disziplin und Klugheit sind ihre Waffen.

Charlie ist Alices große Liebe. Da kann kommen, was will. Kein Wunder, dass die besonnene, zurückhaltende First Lady mehr und mehr in den Sog der Macht gerät, selbst wenn sie in vielen Entscheidungen grundsätzlich anderer Meinung ist. Am Ende der Präsidentschaft wird sie von sich behaupten: «Ich bin für mich immer ich selbst geblieben.» Schließlich habe sie, eine verkappte Demokratin, bei den Wahlen ihre Stimme nicht einmal Charlie gegeben. Bei den Republikanern sorgte Sittenfeld mit ihrem einfühlsamen Bekenntnis für Laura Bush für helle Empörung.
© Irma Weinreich/dpa

Ein Schlüsselroman.” FAZ

Curtis Sittenfeld ist Anfang dreißig, absolvierte die Stanford University und ist Autorin der beiden Romane “Also lieb ich ihn” (G. Kiepenheuer 2007) und “Eine Klasse für sich” (Aufbau Verlag 2006). Letzterer wurde von der New York Times als einer der fünf besten Romane des Jahres 2005 gewählt. Sittenfelds Bücher wurde in fünfundzwanzig Sprachen übersetzt.

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