Gruselig: Simon Becketts Thriller «Flammenbrut»
Petra Bohm | Posted 07/09/2009 | Krimis | Keine Kommentare »
Für Kate steht fest: Kind ja, Mann nein…
Es ist nicht so, dass die junge Geschäftsfrau sich nicht nach Liebe, Heim und Familie sehnt. Doch nach einer unguten Erfahrung mit ihrem Verflossenen Paul hat sie erst einmal die Nase gestrichen voll von einer festen Bindung. Als 33-Jährige vermeint sie allerdings, ihre biologische Uhr bereits ticken zu hören. Ein Zeitungsartikel bringt sie auf die Idee: künstliche Befruchtung und ein Kind, das nur ihr allein gehört. Ob sich der teuflische deutsche Titel «Flammenbrut» des Romans von Simon Beckett allerdings auf das Ergebnis des asexuellen Vorgangs bezieht, muss der Leser selbst herausfinden.
Auch Beckett schöpfte übrigens die Idee für seinen Thriller aus einem Zeitungsartikel, wie er im Vorwort schreibt. Dies allerdings bereits Ende der 90er Jahre. Der englische Autor, vor allem durch seine späteren Kriminalromane um den Forensiker David Hunter («Kalte Asche», «Leichenblässe») bekannt, nahm nun die deutsche Edition des 1997 in Großbritannien erschienenen Romans zum Anlass für einige Aktualisierungen. Hunter taucht in «Flammenbrut» noch nicht auf. «Aber fest steht: Ohne diesen Roman hätte es Dr. Hunter nie gegeben», betont Beckett.
Beim Lesen wird man begreifen, weshalb: Was der Autor später seinen Wissenschaftler in äußerst fachkundigen forensischen Untersuchungen im Dienste der Polizei herausfinden lassen wird, hat seine Wurzeln in Recherchen zu diesem früheren Werk, das erstmals bei Beckett eine Frau in den Mittelpunkt stellt: Kate Powell, Besitzerin einer Werbeagentur und gebranntes Kind in Sachen Liebe. Paul, der Kate auch nach Beendigung der Beziehung noch nachstellt, kommt als Vater des Wunschkindes natürlich nicht infrage. Ein anonymer Spender – eine relativ einfach zu realisierende Lösung – aber auch nicht.
Kate will den Erzeuger ihres Kindes kennen, mehr über ihn wissen. Aber im Freundes- und Bekanntenkreis findet sich kein passender Mann. Und so sucht sie ihn über eine Anzeige und meint ihn schließlich in dem Psychologen Alex Turner gefunden zu haben. Ganz gegen ihren Willen fühlt sich Kate irgendwann näher zu dem schüchternen Mann hingezogen. Sie wird schwanger und weiß nicht, ob durch die künstliche Befruchtung oder ihre Liebesbeziehung. Was letztlich auch egal ist, denn der Vater wäre in jedem Fall der gleiche.
Wer glaubt, dieses Sujet ist ebenso simpel wie spannungsfrei, irrt gewaltig. Von der ersten bis zur letzten Zeile fesselt die gut konstruierte Geschichte ungemein. Die Studien eines Psychopaten verraten Faktenwissen, die Darstellung des Schizophrenen schriftstellerisches Können. Zudem werden gleich von Beginn an sozusagen Lunten zum Titel (im Original: «Where There’s Smoke») gelegt. Die Explosion zum Schluss ist unvermeidlich. Und selbst danach qualmt es noch weiter.
© Frauke Kaberka/dpa
Simon Beckett, geboren 1968, versuchte sich nach Abschluss eines Englischstudiums als Immobilienhändler, lehrte Spanisch und war Schlagzeuger. 1992 wurde er freier Journalist und schrieb für bedeutende britische Zeitungen wie “Times”, “Daily Telegraph” oder “Observer”. Im Laufe seiner journalistischen Arbeit spezialisierte Beckett sich auf kriminalistische Themen. Als Romanautor trat er zuerst 1994 an die Öffentlichkeit. Simon Beckett ist verheiratet ist und lebt in Sheffield.