Kulinarische Lektüre mit Biss

Petra Bohm | Posted 12/11/2009 | Dossier/Akten | Keine Kommentare »

“Kochen ist Krieg!”"Höllisch scharf und himmlisch süß” “Monsieur, der Hummer und ich” – schon die Buchtitel lassen ahnen, dass es hier nicht nur ums Kochen geht…

Neben einer schier unübersehbaren Zahl von Kochbüchern bietet der Buchmarkt immer wieder Neuerscheinungen, in denen zwar auch Rezepte zu finden sind, die jedoch in erster Linie neugierige Gerneesser, Restaurantgänger und Hobbyköche mit einem Blick unter den Topfdeckel unterhalten und informieren wollen.

Verzweifelte Köche und unberechenbare Lebensmittel
Wie fühlt es sich eigentlich an, für Deutschlands prominentesten Restaurantkritiker zu kochen und dabei grandios zu scheitern? Erzählt Paul Bocuse gute Witze? Wie schmeckt Kartoffelsalat aus der Friteuse? Und warum können die Deutschen nicht grillen?

Von den letzten Stunden im Leben eines Hummers vom Fangkorb am Meeresgrund bis hin zum Kochtopf, Kellnern mit Schwimmflügeln, einem Pralinen fressenden Hund, dem Fischmenschen, den sinnlichen Freuden der Sprossenzucht und dem Siegeszug der gesamtdeutschen Bratwurstpalme erzählt Stevan Paul, gelernter Koch und nun Foodstylist komisch und anregend.

{cms:image:2}Und damit die höchst unterhaltsame Lektüre auch Appetit macht, gibt es zu allen Erzählungen als Ergänzung ein passendes Rezept, das auch für Laien nachzukochen ist. Wenn – ja wenn – man nicht beim Verschlingen der Lektüre versehentlich schon eine Tüte Chips oder eine ganze Tafel Schokolade erledigt hat – oder die Zeit vergessen und der Supermarkt inzwischen geschlossen ist…

Monsieur, der Hummer und ich: Erzählungen vom Kochen
Stevan Paul
Mairisch Verlag, 176 S.
ISBN 978-3938539125

Ein TV-Kommissar als Topfgucker
Gregor Weber, der in Kolja Kleebergs »VAU« zum Koch ausgebildet wurde, machte sich auf die Suche nach der Liebe zum Essen und der Essenz des Kochhandwerks in Deutschland. Der Schauspieler (“Tatort”, “Familie Heinz Becker”) hat in einer Zeit, als die Rollenangebote spärlicher gesät waren, “mal eben” einen richtigen Berufsabschluss als Koch hingelegt, und dieser Ausbildung auch gleich das erste Kapitel gewidmet.

Danach ging es ein Jahr lang quer durch Deutschland auf Wanderschaft in die Küchen von Dorfgasthäusern und Sternerestaurants, Fußgängerzonenpizzerien, Betriebskantinen und beim Bundespräsidenten. Ursprünglich als Doku-Reihe für das Fernsehen geplant, ist daraus nun ein wirklich spannendes Buch entstanden.

Weber dreht alle Töpfe um und berichtet, was Köchinnen und Köche leisten oder auch verbrechen. Der ungeheure Kochboom hat den Berufsstand ins Licht der Öffentlichkeit gestellt wie kaum einen anderen, doch davon, wie es tatsächlich am Profiherd zugeht, haben die meisten Hobbyküchenmeister keine Vorstellung.

Denn den Dienst am Bauch kann man sehr unterschiedlich verstehen: Es gibt Köche, die haben schon in Hongkong und Dubai gekocht und andere, die seit zwanzig Jahren keinen Fisch mehr in der Hand hatten, der nicht tiefgekühlt war. Die einen arbeiten zwei Tage an der Herstellung einer Kalbssauce, die anderen schütten 1,5 Kilo Pulver auf achtzig Liter kochendes Wasser und rühren das Ganze zweimal um…

{cms:image:3}Dieses Buch enthält keine Schockgeschichten über Ratten im Lagerraum oder Kokainspuren am Tellerrand sondern ist eine Hommage an den Kochberuf und Pflichtlektüre für jeden Restaurantbesucher

Kochen ist Krieg!: Am Herd mit deutschen Profiköchen
Gregor Weber
Piper Verlag, 288 S.
978-3492052931

Vom Bücherwurm zur Küchenfee
Wenn das mal so einfach wäre: «Wer lesen kann, der kann auch kochen», pflegte ihr Tiroler Onkel einst zu Margit Knapp zu sagen. Doch die österreichische Verlagslektorin, Filmemacherin und Autorin fühlte sich mehr zu Texten als zu Töpfen hingezogen und speiste ihre Familie jahrelang mit Tiefkühlpizza und Fischstäbchen ab. Bis sie Sabine Hueck kennenlernte.

Sabine Hueck ist eine Profiköchin aus dem brasilianischen São Paulo. Sie schaffte es, bei Kochmuffel Knapp die Lust am Kochen zu wecken. Sie führte ihre neue Freundin mitten in Berlin auf eine kulinarische Reise durch die Weltküche – und wenn einer eine Reise tut, dann kann er bekanntlich was erzählen. Knapp hat gleich ein Buch geschrieben. «Höllisch scharf und himmlisch süß» heißt es, Hueck hat dazu die Rezepte geliefert. Zusammen mit den zauberhaften Illustrationen von Isabel Klett ist es viel mehr als nur ein Kochbuch geworden.

«Sehen Sie sich vor, wenn eine brasilianische Köchin neben ihnen einzieht, das verändert Ihr Leben», sagte Knapp bei der Vorstellung des Buches in der brasilianischen Botschaft in Berlin. Sie erzählt darin, wie Hueck in ihren Altbau in Berlin-Friedenau einzog und wie sie ihre Ausrede, sie könne nicht kochen, partout nicht akzeptieren wollte. Nach und nach lernt Knapp, erst kleine Snacks und schließlich das perfekte Dinner zuzubereiten.

Der Leser kann ihr auf diesem Weg folgen und anhand der Rezepte lernen, wie man die brasilianische Spezialität Pão de Queijo (Käsekuchen), Entenbrustfilet auf Physalis-Salat mit gerösteten Walnüssen, Curryhuhn auf thailändische Art oder Kokosreis zubereitet. Vorneweg gibt es einen Pisco Sour, das peruanische Nationalgetränk. Als besondere Überraschung kreiert die Brasilianerin für die Österreicherin «Sacherschnitten à la créole».

{cms:image:4}Sabine Hueck gibt Kochkurse und führt einen Catering-Service. Sie kann auf einen reichen kulturellen Fundus zurückgreifen. Denn ihre Heimatstadt São Paulo, die größte Südamerikas, ist mit ihren vielen Einwanderern ein Schmelztiegel kulinarischer Strömungen. Mit Sabine Huecks Küche habe sie neue Geschmäcker entdeckt, neue Gerichte, eine ganz neue Welt, schreibt Knapp. Aber nicht nur das: «Außerdem ist Kochen viel entspannter als Texte schreiben und macht weniger Falten.»

Für den Hobbykoch sind all die bunten Rezepte in dem Buch nach Schwierigkeitsgrad eingestuft – eine Kochmütze steht für «geringer Kochmuffelgrad» oder «besonders leicht», zwei für leicht bis mittelschwer und drei Mützen für mittelschwer bis schwer.
© lettra/dpa                 

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