«Rabenliebe»: Bachmann-Preis für Peter Wawerzinek

Books | Posted 27/06/2010 | Autoren, Veranstaltungen und Preise | Keine Kommentare »

Peter Wawerzinek hat beim Ingeborg-Bachmann-Vorlesemarathon Jury und Publikum überzeugt. Der gebürtige Rostocker erhielt für seinen Text «Rabenliebe» sowohl den mit 25 000 Euro dotierten Hauptpreis als auch den Publikumspreis. Den mit 10 000 Euro dotierten Kelag-Preis erhielt die Schweizerin Dorothee Elmiger für ihren Text «Einladung an die Waghalsigen». …

Sie war Wawerzinek zuvor bei der Stichwahl im zweiten Wahlgang mit drei zu vier Jurystimmen unterlegen. Der mit 7500 Euro dotierte 3sat-Preis ging an die in Berlin lebende Judith Zander für ihren Romanauszug «Dinge die wir heute sagten». Der in Gera geborene und in Dublin lebende Aleks Scholz bekam für seinen Text «Google Earth» den mit 7000 Euro dotierten Ernst-Willner-Preis.

Peter Wawerzinek hat den 34. Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. «Spuren einer Lebensverletzung», so umschrieb die Literaturkritikerin Meike Feßmann am Sonntag Wawerzineks Werk «Rabenliebe», mit dem der Autor zum Vorlesemarathon angetreten war. Der 1954 in Rostock geborene Schriftsteller überzeugte mit den berührenden Erinnerungen an seine Kindheit in einem Waisenhaus in der ehemaligen DDR nicht nur die von Burkhard Spinnen geleitete siebenköpfige Fachjury, sondern auch die Zuhörer, die ihm zusätzlich per Internetabstimmung den Publikumspreis verliehen. «Peter Wawerzineks Prosa ist große Literatur», lobte Feßmann, die den Autor für den Wettbewerb vorgeschlagen hatte, in ihrer Laudatio.

Der von der Stadt Klagenfurt gestiftete Hauptpreis, der mit 25 000 Euro dotiert ist, gilt seit seiner Gründung 1977 als eine der wichtigsten Literaturehrungen im deutschsprachigen Raum. Er ist nach der in Klagenfurt geborenen Dichterin Ingeborg Bachmann (1926-1973) benannt. In diesem Jahr waren bei dem dreitägigen Vorlesemarathon 14 Teilnehmer am Start, darunter neun Deutsche, drei Österreicher und zwei Schweizer. Es gab viel Lob, aber auch schroffe Kritik.

In Wawerzineks autobiografischem Buch, das im Herbst 2010 bei Galiani Berlin erscheinen wird, geht es um die Nöte eines Kindes, das von seinen Eltern in der DDR zurückgelassen wurde. Im Waisenhaus wird er als zurückgeblieben eingestuft und von anderen wegen seiner Magerkeit als «Weberknecht» gehänselt. «Es schneit ins Wageninnere meiner Kindheitslimousine hinein. Schnee fällt innen wie außen. Mein Leben kennt keine andere Jahreszeit als den Winter», heißt es in dem erschütternden Text.

Der heute in Berlin lebende Schriftsteller hat bereits in vielen Berufssparten gearbeitet, nachdem er sein Kunststudium abgebrochen hatte. Unter anderem war er Totengräber und Tischler, in den 80er Jahren Performance-Künstler und Stehgreifpoet. Den Preis nahm er am Sonntag sichtlich bewegt entgegen. Der Text sei «nicht perfekt und nicht makellos, sondern dem eigenen Lebensstoff im schmerzlichen Prozess abgerungen», erklärte Feßmann.

Ablehnung erntete hingegen Iris Schmidt für ihre Erzählung «Schnee».
Die Jury nannte das Werk «unnütz» und kritisierte, der Text um einen Vertreter, der in einem Landhotel auf ein Horrorszenario stößt, funktioniere nicht. Als preisverdächtig wurde hingegen der Romanauszug «Ein Alphabet der Indizien» der im österreichischen Bludenz geborenen und in Berlin lebenden Verena Rossbacher eingestuft. Sie «unternimmt den Versuch, den Menschen beim Denken zuzuschauen», beschrieb Juryvorsitzender Burkhard Spinnen. Einig waren sich die Zuhörer, dass sich das Werk mit seinen vielen Metaphern und Bildern sprachlich stark von allen anderen Wettbewerbsbeiträgen abhob.
© dpa

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