“Letzte Nacht in Twisted River”
Tanja Wekwerth | Posted 14/06/2010 | Belletristik | Keine Kommentare »Wie immer an dieser Stelle, haben wir für Sie die Spiegel-Bestsellerliste unter die Lupe genommen und sind diesmal auf Platz 4 fündig geworden: John Irving ist wieder da!
“Letzte Nacht in Twisted River” heisst sein aktueller Roman, der gleich am Anfang mit einer neuen, etwas mörderischen Version des Coitus Interruptus aufwartet.
Da haut ein kleiner Junge die Geliebte des Vaters noch während des Geschlechtsverkehrs mit einer Bratpfanne tot, weil er sie für einen Schwarzbären gehalten hat. Eine mehr als bedauerliche Verwechslung in den Wäldern von New Hampshire. Bedauerlich, schicksalhaft, allerdings auch ziemlich skurril. Da muss man einfach sofort an Irving denken… Die Bären sind auch wieder los. Selbst die Vater/Sohn-Beziehung darf nicht fehlen. Ein Autor bleibt sich auch in seinem zwölften Roman treu.
Nach dem tragischen Unfall müssen Vater und Sohn flüchten. Die tote Geliebte war ungünstigerweise die Freundin des Dorfpolizisten, der sich voller Rachegelüste auf die Fährte der zwei Flüchtigen macht… Und das ziemlich lange, denn diese Flucht wird eine lebenslange sein.
“Letzte Nacht in Twisted River” ist ein Roman voller Sehnsucht, Unglück, Drama und Alltäglichkeit. Irvings Lieblings-Fetische sind alle vertreten: neben schwarzen Bären und starken Frauen gibt es wieder abgehakte Gliedmasse und auch das Thema der Schriftstellerei wird ausführlich behandelt. Zur Abwechslung wird diesmal allerdings recht viel gekocht und darüber geschrieben. Trotzdem kein Buch, das leicht verdaulich ist, es gibt so viele Charaktere, Vielschichtigkeiten, Handlungsstränge und Details in epischen Ausmassen. Das muss man schon aushalten können. Auch politisch geht es hoch her: George W. Bush ist “ein kleiner Wichser”, Amerika kommt ebenfalls nicht besonders gut weg und selbst die Katastrophe vom 11. September 2001 wird von Irving kommentiert.
Aber was soll´s? Einmal Irving, immer Irving.