Man sagt, dass der Körper nicht vergisst was ihm zustösst. Dass sich Kälte, Wärme, Schmerz und Liebkosungen in ihm festsetzen. Man sagt, dass noch nach Jahren die Haut auf diese altbekannten Reize reagiert, ja dass druckempfindliche Stellen zurückbleiben. Man erzählt sich, dass gekoppelt an Ereignisse, die mittels des Körpers erneut wachgerufen werden, sich der uralte Schmerz, die uralte Kälte, Wärme oder Zärtlichkeit an den gleichen Stellen erneut aktivieren kann.

Es ist dieser Glaube an die Funktion des Körpers als eine Art physisches Gedächtnis, das Banana Yoshimoto ihrem aktuellen Band mit dem Titel „Der Körper weiß alles“ zu Grunde legt. Wie ein roter Faden zieht dieser Glaube sich durch die dreizehn Kurzgeschichten, die, ähnlich auch wie bei dem japanischen Schriftsteller Haruki Murakami, an der Schnittstelle zwischen Realität und Fantasie angesiedelt sind. In klarer Sprache verpackt Banana Yoshimoto ihre poetischen Erzählungen in deren Mittelpunkt verschiedene fiktive Biografien stehen. Sie alle behandeln vor allem Umbrüche und Grenzerfahrungen der verschiedenen Art.

Banana Yoshimoto, 1964 als Tochter eines bekannten Essayisten in Japan geboren, ist in den letzten Jahren zu einer der international bekanntesten japanischen Schriftstellerinnen avanciert. Ihre Romane „Tsugumi“ und „Kitchen“ wurden verfilmt, sie erhielt mehrere japanische Literaturpreise. In dem im Diogenes Verlag erschienen Band lenkt sie den Blick auf etwas, dem wir oft viel zu wenig Beachtung schenken: Auf unseren eigenen Körper. Kein Wunder dass sich nach der Lektüre für den Leser vor allem eine Frage stellt: Was weiß mein Körper, was ich nicht weiß? Denn: Manche Gewissheiten kann nur der Körper vermitteln und er tut es heilsam und hellsichtig.