Mehrsam vereint – langsam entzweit
Bettina Apelt | Posted 22/09/2010 | Krimi | Keine Kommentare »Jeder hat was mit jedem, heute der und morgen der, und mehrere Männer teilen sich eine Frau und umgekehrt. Der Sage nach kommt, so denke ich, das besonders häufig an Orten mit Personalmangel vor. Da bieten sich Dörfer an oder eben alte Freundeskreise. Um so einen uralten „Bäumchen wechsel Dich“-Freundeskreis geht es in Frank Göhres „Der Auserwählte“. Bettina, erfolgreiche Geschäftsfrau in den mittleren Jahren, und ihre Freunde kennen sich alle aus der „Penne“.
Sie machten gemeinsam Hamburg unsicher und ein paar von ihnen waren auch auf Gomera, bei einem Sexguru, so heißt es. Nichts genaues weiß man nicht, denn Bettina schweigt das Thema gerne tot. Allerdings zeugt davon noch ihr Sohn Eloi, der Auserwählte, Titelgeber und Zentrum des Krimis: Eloi wird entführt und der Leser weiß nur, dass es irgendwie mit der Vergangenheit zu tun haben muss.
Munter springt Frank Göhre durch die Lebensphasen seiner Protagonisten. Es scheint eine Kunst, wie er dem Leser schnell zeigt, in welcher Epoche die Geschehnisse stattfinden. Praktisch ist auch die – dem Drama entlehnte – Personenliste. Fast selbständig kann der Leser seine Defizite ausgleichen.
Wer ist Sven, mit wem schläft Simone und mit wem sollte sie eigentlich schlafen, schon alleine deshalb, weil er ihr Ehemann ist? Und immer wieder Eloi, über den man wenig weiß, außer dass der Vater ungewiss ist, und warum sind eigentlich alle in Bettina verliebt? Vieles klärt sich mit der Zeit, das meiste ziemlich schnell und einiges wenige bleibt nur dem besonders spitzfindigen Leser. Herausragend an „Der Auserwählte“ bleibt das Aufsuchen von Spuren, die sich verknüpfen lassen, aber am Ende doch ein ganz anderes Muster ergeben – trotz Personalmangel.