Wiederentdeckt!

Petra Bohm | Posted 26/09/2010 | Autoren, Belletristik, Historische Romane | Keine Kommentare »

1966 schrieb Otto Basil eine ungeheuerliche Satire auf das „Dritte Reich”, die auf der damaligen Frankfurter Buchmesse zum Verkaufsschlager wurde und bei der Literaturkritik für Aufsehen sorgte. Jetzt wurde das “NS-Roadmovie” neu aufgelegt…

Der Wiener Dramaturg und Publizist Otto Basil(1901-1983) hat Hitlers Tod zu satirischen Zwecken in die sechziger Jahre verlegt. Seine groteske Geschichtsfantasie ist aber nicht nur eine Satire auf den Nationalsozialismus, sondern auch eine bittere Parodie auf die weltpolitischen Verhältnisse der Nachkriegszeit. Dabei ist sein Schreibstil auch heute noch frisch und gut lesbar, so dass es ein wirklicher Glücksfall ist, dass der Milena-Verlag dieses Buch “wiederentdeckt”  hat.

Deutschland in den beginnenden 60er-Jahren. Hitler-Deutschland hat dank eines Atombombenabwurfs auf London (statt auf Hiroshima) den Krieg gewonnen. Die Welt ist in zwei Blöcke geteilt: Das Germanische Weltreich erstreckt sich über Europa, ganz Afrika und hat als Verbündete die ehemaligen USA. Berlin ist die Hauptstadt der Macht. Der ferne Osten wird als „Magna Iaponica“ von den Japanern beherrscht – die beiden Blöcke befinden sich im Kalten Krieg. Hitlers Pläne scheinen verwirklicht: Der Osten wurde komplett kolonialisiert. Bis zum Ural erheben sich die SS-Ordensburgen, die Zuchtmutterklöster, die Walhallen der Ariosophen, die Napolas und Untermenschenlager. Man züchtet in den Mutterburgen an der Herrenrasse mittels künstlicher Befruchtung. Die ehemaligen Konzentrationslager liegen -inzwischen überflüssig- verborgen unter grünen Hügeln.

Aber 30 Jahre Nationalsozialismus haben auch ihre Spuren hinterlassen. Die alten Kriegszeiten werden inzwischen verspottet, Hitlers persönliche Macht ist gebrochen. Das ist die Kulisse, als der “Führer” schon im ersten Kapitel des Buches stirbt. Sein Nachfolger heisst Ivo Köpfler (Heil Köpfler!). Und nun kommt Basils Hauptprotagonist Albin Totila Höllriegl, ein Österreicher, den ein gewaltiger Auftrag nach Berlin führt, ins Spiel und die Geschichte nimmt ihren Lauf…

Basil hat ein nicht nur zu seiner Zeit mutiges Buch geschrieben – er schrieb frei von jeglicher konventioneller Zurückhaltung. In den 60iger Jahren regte man sich noch über die pornografischen Akzente auf, die heute in aktuellen Romanen schon fast zu guten Ton gehören. Aber mit der Kritik am jüdischen Volk ist das bekanntlich auch heute immer noch so eine Sache… Im zweiten Kaptel wird Höllriegl ans Sterbebett des sogenannten Erzjuden des Dritten Reichs gerufen, eines Monopolkapitalisten der übelsten Sorte, der mit seinem Geld Hitler an die Macht gebracht hat und nun seine Lebensbeichte in feinstem Nazideutsch ablegt…

Basils Satire passt in kein moralisches Korsett. Wer sich daran nicht stört: unbedingt “nachlesen”!

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Titel:
Wenn das der Führer wüsste: Roman

ISBN-13:
9783852861975

Autor:
Otto Basil

Verlag:
Milena Verlag

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