Splatterbook mit Stil – Totengrund von Tess Gerritsen
Bettina Apelt | Posted 10/11/2010 | Krimi | 1 Ein Kommentar »Über Monate habe ich immer wieder einen Bogen um sie gemacht. Ob sich ihre Bücher auf Bestseller-Listen tummelten, in U-Bahnen Teenies und Frauen mittleren Alters ihre bunten Cover auf den Schoß hatten oder bei Freunden zerfledderte Taschenbücher rumlagen: Tess Gerritsen – ich wollte ihre Bücher nicht lesen.
Zu amerikanisch waren mir die Beschreibungen, zu splatterig habe ich mir das Szenario vorgestellt. Dennoch – als ein herbstliches Wochenende bevorstand und meine Freundin Lisa mal wieder meinte, „sie“ hat ein neues Buch, wollte ich es doch mal probieren und habe eingekauft. Tess Gerritsens „Totengrund“ landete in der Plastiktüte und in meinem Besitz.
Amerikanische Literatur find ich ja mitunter gerade wegen ihrer Andersartigkeit toll, dachte ich nach den ersten Seiten. Und von Mary Higgins Clark bin ich ja schon seit Jahren ein großer Fan, dachte ich weiter. Und ja, das hier lohnt sich zu lesen, wurde mir klar.
Der Plot ist weit verzweigt und unglaublich beklemmend. Die Gerichtsmedizinerin Maura trifft bei einem Ärztekongress einen alten Bekannten wieder und beschließt mit ihm und einigen seiner Freunde einen Ausflug zu machen. Was fröhlich beginnt, ist relativ schnell ein Fiasko: 30 km fernab von der Zivilisation sitzen sie plötzlich im Schneechaos fest, die Rettung scheint ein nahegelegens leeres Haus. Eine ganze Siedlung mit Häusern, die sich gleichen, mit Garagen mit identischen Autos und dem weiteren Gruselfaktor, das alle Menschen abrupt die Häuser verlassen mussten. Der Grund bleibt lange unklar.
Die Flucht von Maura wird zur schlimmen Realisiserung jeder persönlichen Paranoia. Und ich kriege plötzlich Angst, kann aber nicht aufhören zu lesen und werde immer mehr überrascht.
Spannend wie sich die kühle Maura entwickelt und wie die Autorin, das Gestrick der Personen, um sie herum immer wieder neu verwebt. Was ist mit der Kollegin aus der heilen Welt, die angeblich in älteren Büchern mehr Raum hatte? Was ist mit der heimlichen Affäre, dem katholischen Pfarrer? Und vor allem die banale und immer dringlichere Frage: Wer ist Freund und wer ist Feind?
In den anderen Büchern dieser Serie soll Maura fast gar nicht vorkommen, in dem Buch ist lange unklar, ob sie überhaupt überlebt. Ich kann den Plot nicht vergleichen. Die anderen Bücher von Tess Gerritsen habe ich nicht gelesen. Noch nicht. Das Tolle ist aber, wie Mary Higgins Clark hat ihre Kollegin einen unglaublichen Output. Ich glaube, dass ich da noch einiges vor mir habe. Mit Sicherheit.
Ich kann mich der Schreiebrin nur anschließen. Habe mir die Geschichte als Hörbuch gekauft (gibt es allerdings, glaube ich, im Moment nur auf Englisch) und würde die Kopfhörer am liebsten gar nicht mehr absetzen. Wahnsinnig spannend!