Wiederentdeckt: Stefan Zweig
Petra Bohm | Posted 13/11/2010 | Autoren, Belletristik, Biografien, Sachbuch | Keine Kommentare »Schon die Erstausgabe von “Sternstunden der Menschheit” (1927) wurde ein überraschender Erfolg – bis Ende 1928 wurden damals sensationelle 130 000 Exemplare des schmalen Bandes mit 14 Miniaturen gedruckt. Aber worum geht es eigentlich in Stefan Zweigs populärstem und erfolgreichsten Buch?
“Immer müssen Millionen müßiger Weltstunden verrinnen, ehe eine wahrhaft historische, eine Sternstunde der Menschheit, in Erscheinung tritt”…
Jeder der Texte, die er selbst “historische Miniaturen” nannte, schildert einige dramatische Stunden oder Tage im Leben einer historischen Persönlichkeit, die unser Leben bis heute beeinflusst haben – eben “Sternstunden der Menschheit”.
Am Anfang waren es nur fünf Texte. In “Die Weltminute von Waterloo” kommt General Grouchy Napoleon zu spät zu Hilfe, “Die Marienbader Elegie” handelt von Goethes unerfüllter Liebe zu Ulrike von Levetzow, “Die Entdeckung Eldorados” beschreibt Johann August Suter im Wilden Westen, “Heroischer Augenblick” hat Fjodor R Dostojewskis Begnadigung in letzter Sekunde zum Thema und Der Kampf um den Südpol das Wettrennen Robert Scotts gegen Roald Amundsen.
Die Ausgabe von 1943 wurde um sieben weitere Miniaturen ergänzt, z.B. die “Flucht in die Unsterblichkeit”, über die Entdeckung des Pazifischen Ozeans im Jahre 1513.
Stefan Zweig wollte mit diesen novellenartigen Erzählungen keine historischen Analysen zu Papier bringen, sondern zugespitzte Erzählungen, in deren Mittelpunkt jeweils eine biografische Person steht. Er wollte nicht trockene Geschichtsschreibung betreiben, sondern anschaulich einige dramatische Sternstunden der Menschheit schildern, wobei er sich nicht unbedingt streng an die geschichtliche Wahrheit hielt.
Obwohl über 80 Jahre alt, lesen sich Zweigs Miniaturen immer noch anschaulich, plastisch und mitreißend und sind mit überschaubarer Länge von jeweils 20-30 Seiten auch eine feine Lektüre für Zwischendurch oder ein Leseanreiz für Buchmuffel.
Der Fischer Taschenbuch Verlag hat diesen Band nun frisch aufgelegt.
Stefan Zweig (1881-1942) wuchs als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Wien auf. Er schrieb Gedichte, Novellen, Dramen und Essays, die 1933 der Bücherverbrennung der Nazis zum Opfer fielen. Er lebte von 1919 bis 1934 in Salzburg, emigrierte von dort nach England und 1941 nach Brasilien. Sein episches Werk machte ihn ebenso berühmt wie seine historischen Miniaturen und die biographischen Arbeiten. Am 23. Februar 1942 schied er in Petrópolis, Brasilien, freiwillig aus dem Leben.