Erst lesen – Dann mitdiskutieren!
Petra Bohm | Posted 10/03/2011 | Autoren, Belletristik, Biografien | Keine Kommentare »Die Frankfurter Verlagsanstalt hat es schon vor Erscheinen dieses Debüts mit einem Zitat der amerikanischen Bestellerautorin Alice Sebold prophezeit: „Tiger, Tiger wird tausend Diskussionen entfachen.” – und genau so scheint es zu kommen…
Keine 3 Tage nach zeitgleichem Erscheinen in den USA und in 21 anderen Ländern sorgt die Geschichte, in der Margaux Fragoso ihre eigene Kindheit – verstrickt in eine unheilvolle Beziehung zu einem Pädophilen – beschreibt, bereits zu einem Rauschen im Blätterwald.
Felicitas von Lovenberg sieht in der FAZ die distanzlose Schilderung des Pädophilen “mit kaum gebrochener Naivität” höchst kritisch. “Ein Skandal? Eine Monstrosität? Oder einfach eine gute Geschichte? Margaux Fragoso verklärt den selbst erlittenen Missbrauch zu einem großen Liebesroman. Ein verstörendes Buch über eine gestohlene Kindheit und das heikle Thema Pädophilie.”
Angela Wittmann von der BRIGITTE findet gerade den Wirbel, den dieses Buch wohl machen wird, wichtig, um das Thema Pädophilie immer wieder in den Focus der Öffentlichkeit zu bringen und so zu warnen. ”Ihr Buch beschreibt eine verführerische Welt voller Geheimnisse und das ist – wenn die beiden “Lolita” lesen, “Pretty Baby” schauen oder meinen, Liebe zu machen – wirklich zum Kotzen. Aber Schweigen und Verdrängen sind genau die Reaktionen, auf die Pädophile sich verlassen. Das “Mädchen” hat es gebrochen. Mit einem guten Buch, das hoffentlich für Aufregung sorgen wird.”
Anne-Dore Krohn vom kulturradio sieht gerade in der vorgeworfenen Distanzlosigkeit das Positive: “Margaux Fragoso gelingt etwas, was ihr viele vorwerfen: Sie zeigt die menschliche Seite der Pädophilie. Es wäre wohl einfacher, Kinderschändern die Menschlichkeit abzusprechen und sie als Monster darzustellen. Aber Pädophilie ist eine Krankheit, und Tiger, Tiger ist die seit langem eindrücklichste Warnung über ihre Konsequenzen.”
Und Autorin Alice Sebold (“In meinem Himmel” – ein Bestseller(2002) aus der Sicht einer ermordeten Vergewaltigten) ist schlichtweg begeistert: „Tiger, Tiger wird tausend Diskussionen entfachen. Margaux Fragoso schafft das Undenkbare mit einfühlsamer Klarheit: Sie vermenschlicht einen Pädophilen. Und indem sie dies tut, macht sie sein Verbrechen um ein Unvorstellbares mehr bedrohlich. Das Porträt dieser Beziehung ist schockierend, enthüllend und furchtlos. Als Geschichte eines Opfers ist es ergreifend. Als literarisches Werk ist es ein Triumph.“
Rechtfertigungslücke für Pädophile? Oder warnt diese Enthüllung um so mehr? Tja, wer da mitreden will, sollte unbedingt mindestens einen Blick in “Tiger,Tiger” werfen – lohnen dürfte sich dies in jedem Fall!