Wunderbar und traurig zugleich
Petra Bohm | Posted 21/03/2011 | Belletristik | Keine Kommentare »Dieses amerikanische Romandebüt muss ich (leider) mit einer Vorwarnung empfehlen: Nicht von dem etwas kitschigen Cover und der titelgebenden verborgenen Sprache der Blumen abschrecken lassen: Dahinter verbirgt sich ein wirklich gutes Buch…
Irgendwie hatten wie einen Start mit Hindernissen – Vanessa Diffenbaugh und ich. Nicht nur die Programmleitung des Verlages sondern auch einige Buchhändlerinnen hatten diesen Roman ausdrücklich empfohlen:
»Gleich mit ihrem ersten Buch ist Vanessa Diffenbaugh ein berührender Roman über eine junge Frau gelungen, die in ihrer Sprachlosigkeit gefangen wäre, gäbe es nicht die verborgene Sprache der Blumen. Dieser Heldin, die so stachelig ist wie eine Distel und so zart wie eine Orchidee, kann man sich als Leser kaum entziehen. Ein modernes Schicksal verbunden mit einer alten, fast vergessenen Sprache, das macht den ungeheuren Reiz dieses Romans aus.«
Annette Weber, Programmleitung Droemer Belletristik
Aber dann kam alles erstmal ganz anders: Der erste Absatz der Leseprobe war mir zu blumig, die nächste Seite andererseits sprachlich auch wieder merkwürdig distanziert und ich befürchte, dass es einigen Leserinnen genauso gehen – und ihnen damit etwas ENTgehen – könnte… NICHT abschrecken lassen, schon wenige Seiten später fand ich mich mitten in einem ganz modernen Frauenroman, der sofort fesselt…
Und darum geht’s:
Victoria Jones kennt von Geburt an nur Waisenhäuser und Pflegefamilien. Wie ein Gegenstand wurde sie von einer Bleibe zur nächsten weitergereicht. Schon als Kind hat sie sich deshalb zu einer wortkargen, menschenscheuen Kratzbürste entwickelt. Einzig für Blumen interessiert sie sich, und für deren Sprache, die sie von der einzigen ihrer zahlreichen Pflegemütter, die sie wirklich geliebt hat, gelernt hat. Aber keine Angst, hier geht es nicht um sprechende Gewächse, wie der Titel vielleicht suggerieren mag, sondern um den Code, der schon im Mittelalter entstanden war, damit sich Liebende verschlüsselte Botschaften in Form von Blumen zuschicken konnten. Flieder steht z.B. für die gerade erst erwachende Liebe, Disteln (Überraschung!) stehen für „Misanthropie“, den Hass auf die Menschen, ebenso aber auch eine Prise getrocknetes Basilikum.
Mit achtzehn Jahren – am Ende ihres Heimlebens – ist Victoria obdachlos und ganz auf sich allein gestellt – bis sie einen Job in einem kleinen Blumenladen findet. Durch ihre Begabung, die Sträuße auf ihre eigene Art zusammen zu stellen und zu binden, fragen die Leute immer wieder nach ihr. Auf dem Markt der Blumenhändler lernt sie Grant kennen, einen jungen Mann, über den sie erstaunt feststellt, dass er ebenfalls die Sprache der Blumen versteht. Gegen ihren Willen keimt in Victoria nach langer Zeit wieder Hoffnung – auf Liebe, auf eine Familie, auf ein Zuhause. Doch ihre Vergangenheit, ihre schmerzvollen Erinnerungen an Elizabeth, ihr Gefühl, nichts wert zu sein, holen sie immer wieder ein…
Die Autorin Vanessa Diffenbaugh ist Kunsterzieherin und Schriftstellerin. Sie ist 32 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Sie ist nicht nur künstlerisch, sondern auch sozial sehr engagiert. Diffenbaugh weiß, wovon sie schreibt: Sie hat bereits mehrfach Pflegekinder in ihre Familie aufgenommen und über längere Zeit betreut. Sie lebt mit ihrer Familie in Boston.