Die Isländer kommen
Petra Bohm | Posted 02/04/2011 | Autoren, Krimi, Notizen | Keine Kommentare »Kaum haben wir die Neuerscheinungen der Leipziger Buchmesse verdaut, geht es weiter mit einem Ausblick auf die Herbstmesse in Frankfurt. Gastland wird Island sein. Das ist zwar klein, hat aber rein statistisch gesehen die meisten Autoren weltweit zu bieten: Im Laufe seines Lebens schreibt fast jeder vierte Isländer ein Buch oder einen Gedichtband…
Vielleicht regen auch das raue Klima, die Einsamkeit (3,1 Einwohner/km2) und die Naturschönheiten zum schreiben an?
Bei Krimis liegt das nordische Land jedenfalls schon länger im Trend. “Kälteschlaf” (Bastei Lübbe) erobert ebenso wie “Frostnacht” und die anderen Erlendur-Krimis von Arnaldur Indridason gerade die Bestenlisten. Nichts für Leser, die seekrank werden ist “Das Schiff” von Stefan Mani. Bei einem Sturm verliert die Besatzung eines Schiffs den Kontakt zum Festland. Ulrich Baron vom Spiegel schrieb über diesen Krimi »So gleicht dieser Roman einem Alptraum, der einen immer wieder an Punkte zurückbefördert, wo ein neuer Schrecken begonnen hat. Ein verlässlicher Begleiter für Nächte voller Fieber und Kälteschauer.« Und auch “Höllenengel” von Thráinn Bertelsson, im vergangenen Herbst bei dtv erschienen, ist nichts für schwache Nerven.
Humorvoller geht es dagegen bei Hallgrimur Helgason zu. In “Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen” (übrigens genial von Kristof Magnusson übersetzt) schlüpft ein kroatischer Auftragskiller in die Rolle seines letzten Opfers – einem Priester. Klar, dass absurde Verwicklungen mit viel schwarzem Humor vorprogrammiert sind. Als Klassiker in Island gilt “Taxi 79 ab Station” von Indridi G. Thorssteinson. Ein temporeicher, hinreißend trocken geschriebener Roman aus den fünfziger Jahren, als Island sich plötzlich in der modernen, von Amerika geprägten Zeit wiederfand, mit völlig veränderten Lebens- und Moralvorstellungen. Die Geschichte einer fast unmöglichen Liebe und gerade darum so spannend. Thorsteinsson gilt in der Kritik als der “isländische Hemingway”. Das Buch wurde in Island 2009 als “Klassiker” neu aufgelegt und ist 2011 nun auch auf Deutsch erschienen.
Auch Sachbücher isländischer Autoren sind bei uns immer wieder in den Bestenlisten zu finden: “Wer bislang noch nicht verstanden hat, wie ein ganzes Land kollabieren und eine Finanzkrise der Weltwirtschaft ins Rutschen bringen kann, der findet in Gudmundssons Buch eine Erklär-Fibel und einen Krimi zugleich.” schrieb der Spiegel 2009 über “Wir sind alle Isländer: Von Lust und Frust, in der Krise zu sein” von Halldór Gudmundsson. Lesenswert übrigens auch dessen humorvoller Band “Mamutschkas Lebensrezepte” über eine polnische Wirtin und deren Lokal in der Messestadt Frankfurt.
Natürlich gibt es zahlreiche Bildbände über Islands Naturschönheiten und ebensoviele Reiseführer, die einem diese näher bringen. Aber jetzt sind erstmal die Isländer mit Reisen dran: Ich freue mich schon auf das Gastland in Frankfurt.