Klein aber fein?
Frauke Schlieckau | Posted 06/05/2011 | Belletristik | Keine Kommentare »„Julius“ heißt der neue Roman des Schweizer Autors Christian Zehnder, genau wie sein Held, den er in dem schmalen, jetzt im Deutschen Taschenbuchverlag erschienen Bändchen über 119 Seiten begleitet…
Dass der Roman nicht viel länger ist, als so manche Erzählung macht eigentlich gar nichts, denn gefühlt verrinnt die Zeit bei der Lektüre dieser wenigen Seiten unendlichen langsam. Julius, Protagonist und jener junge Mann, der laut Klappentext „hinaus ins Leben tritt“, scheint sich in einer seifenartigen Blase durch seinen Alltag zu bewegen. In eben dieser Blase schwebt der Leser mit ihm durch die Geschichte. Skizzenhaft zeichnet der 1983 in Bern geborene Autor die Geschehnisse im Leben der Hauptfigur und entwirft mit Julius einen gleichermaßen zeitgemäßen und unzeitgemäßen Romantiker, einen verträumten Jungen, den zumindest im ersten Drittel des Romans vor allem eins kennzeichnet: Seine Passivität. Sein großes Glück findet Julius ganz genügsam darin, über die Felder und Wiesen seiner Schweizer Heimat zu laufen und in den dortigen, stillen Gewässern zu baden.
„Um diese Zeit, in diesem Licht schwamm Julius noch ein mal hinaus. Die Wasseroberfläche schien beinah grau, am Himmel bildete sich Abenddunst. Aber noch immer war die Luft sehr warm. Julius fing Mücken, die ihn umschwirrten.“
Ich konnte mich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass hier sprachlich einige literarische Vorbilder aufblitzen, Rilke zum Beispiel oder Klaus Mann, die mit „Der fromme Tanz“ und „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ ja auch ebenfalls beide Geschichten junger Männer schrieben, die hinaus ins Leben zogen – wenn auch wesentlich temporeicher. Eine leichte, poetische aber auch rückwärtsgewandte Sprache zeichnet Zehnders Werk aus, das – auch wenn er an die eben genannten großen Literaten nicht heranreicht – Talent erkennen lässt, ebenso wie eine Vielzahl an impressionistischen Bildabfolgen. „Julius“, eine einfache Geschichte vom Heranwachsen, Freundschaft und erster Liebe, ist nach „Gustavs Traum“ Christian Zehnders zweite Veröffentlichung. Ein Buch für stille Stunden!