Kriegsbraut
Frauke Schlieckau | Posted 29/05/2011 | Belletristik | Keine Kommentare »Dass Dirk Kurbjuweit schreiben kann, ist klar. Immerhin hat der Journalist für die Wochenzeitung „ZEIT“ gearbeitet und ist seit 2008 Leiter des Spiegel Hauptstadtbüros. Sein fünfter Roman “Kriegsbraut” ist aber nicht nur sehr gut lesbar, sondern entführt uns auch in eine andere, völlig fremde Welt …
… die Welt von Esther. Esther ist Kriegssoldatin in Afghanistan – als eine von nur 190 Frauen. Wie kommt man dazu, sich freiwillig für den lebensgefährlichen Einsatz zu melden? Aus Patriotismus? Oder aber aus dem Wunsch heraus eine sinnstiftende Aufgabe zu haben, gebraucht zu werden, in ein durchstrukturiertes Netzwerk eingebunden zu sein? Auf Esther trifft eher Letzteres zu, denn die junge Frau, die in Deutschland das Gefühl hatte, ins Straucheln zu geraten, geht ihrem Bedürfnis nach, eine innere Leere zu füllen. Eingeschlossen im afghanischen Camp hat Esther vor allem damit zu tun, sich gegen die Diskriminierungen und Anzüglichkeiten ihrer männlichen Kollegen zu wehren. Auf einer Patrouille, die Esther in eine Schule in den Bergen des Landes führt, verliebt sie sich in den afghanischen Schuldirektor. Damit nicht genug – zu allem Überfluss muss Esther sich bei einem gefährlichen Einsatz auch noch entscheiden – Hilfe rufen um die Gefahr für sich und andere Soldaten zu verringern und dadurch den Tod unschuldiger Zivilisten riskieren oder aber das Leben von Leuten aus den eigenen Reihen gefährden. Egal, für welche der beiden Varianten sich Esther entscheidet, sie muss mit den Folgen und der Schuld leben, die ihr Handeln nach sich zieht…
Dirk Kurbjuweit hat sich die Figur der Esther zwar ausgedacht, aber er hat sich für seinen Roman an realen Tatsachen orientiert und mit zwei der Soldatinnen gesprochen, die sich Tag für Tag unter Einsatz ihres Lebens in der männerdominierten Welt der Bundeswehr behaupten müssen. Die Ergebnisse sind in „Kriegsbraut“ eingeflossen und machen das Buch zu einem Roman der lesenswert und informativ zu gleich ist. Kriegssoldaten in Afghanistan – für mich dennoch weiterhin ein unvorstellbarer Job. Und für Euch?