Warte auf mich
Petra Bohm | Posted 04/07/2013 | Belletristik | Keine Kommentare »Dieser berührende, moderne Liebesroman um eine Amour fou hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. Ein Pageturner, der unbedingt mit ins Reisegepäck gehört…
Auf einer Verlagsfeier lernen sich der 56jährige Erfolgsautor Philipp Andersen und die 17 Jahre jüngere Schriftstellerin Miriam Bach kennen. Sie werden wie magisch voneinander angezogen und verbringen die Nacht miteinander, allerdings völlig anders als man vermuten würde. Am nächsten Morgen tauschen sie ihre Adressen aus, schicken sich ihre Romane zu und verlieben sich über die Lektüre der Bücher hoffnungslos ineinander, fühlen sich als Seelenverwandte, die sich ein Leben lang gesucht haben. Hoffnungslos, denn Philipp ist glücklich verheiratet, liebt seine Frau ehrlich und Miriam ist nicht bereit, die Rolle der Geliebten einzunehmen. Dies aber nicht nur, weil sie sich eine “echte” Beziehung und auch ein Kind wünscht, sondern weil sie auch Skrupel und mehr als nur ein schlechtes Gewissen gegenüber Philipps Ehefrau empfindet. Trotzdem treffen sich die beiden immer wieder, schwören ein ums andere Mal, die Beziehung zu beenden und erleiden dennoch immer wieder “Rückfalle”. Und soviel darf verraten werden: Es gibt ein Happy End der “etwas anderen Art”. Bis man die Buchdeckel aber befriedigt zuklappen kann, muss man mit den Protagonisten einfach zweifeln, lieben, fühlen und leiden, kann sich dem Sog der Handlung nicht entziehen – Pageturner eben.
Auf dem Cover zeichnen Miriam Bach und Philipp Andersen als Autoren, die ihr Zwei-Personen-Stück unter Pseudonym veröffentlicht haben und gleichzeitig als Protagonisten in dieser Geschichte um eine verbotene Liebe auftreten. Nur ein geschickter Schachzug des Verlages, um die Handlung noch glaubwürdiger zu machen, oder steckt hinter der Fiktion mehr, als nur ein Funken Wahrheit? Egal wie – mich hat dieser Liebesroman jede einzelne Seite so berührt, als ob mir jemand eine wahre Geschichte erzählt hätte. “Schuld” daran war sicherlich auch die Idee, der Liebesgeschichte eine Meta-Ebene zu geben – so handelt es sich quasi um einen Roman in einem Roman in einem Roman und das macht das Buch schon formal zu etwas Besonderem.
Anfang und Ende spielen in der Gegenwart: Der Verleger bekommt ein Manuskript zugespielt. Mit ihm vertiefen wir Leser uns in die – in der Ich-Form geschriebenen – tagebuchmässig datierten Berichte Philipp Andersens, SMS-Schnipsel, Mail-Auszüge und Miriams Geschichte aus Sichtweise eines neutralen Erzählers. Ein interessanter Stilmix, der z.B. “Gut gegen Nordwind” noch “einen draufsetzt”. Mirams und Philipps Romanze liegt einige Jahre zurück und wer sie schliesslich dem Verleger auf den Tisch gelegt hat, sorgt dann am Ende noch für eine Überraschung…
Klitzekleiner Schönheitsfehler liebe Miriam Bach, lieber Philipp Andersen, lieber Lektor vom Piper-Verlag: Die Handlung spielt vor ca. 7 Jahren, also im Jahr 2006. Die beiden Protagonisten schreiben sich ständig bei Whatsapp – einem Dienst, der erst im Jahr 2009 gegründet wurde. Habt Ihr das nicht gemerkt? Oder glaubt ihr, dass die Leser es nicht merken?
Trotzdem natürlich: Ein zauberhafter und dabei ganz moderner Liebesroman, der sich wunderbar liest, meiner Meinung nach übrigens auch für männliche Leser, was in diesem Genre ja eher selten ist.