Das Böse im Blut

admin | Posted 11/09/2013 | Krimi | Keine Kommentare »

Text: Dominik Roth

Sie halten sich für einen ganz hartgesottenen Leser? All das blutrünstige und völlig abwegige Serienmörder-Zeug, das gerade so angesagt ist, lässt Sie kalt? Sie sind offen für neue Ideen in Sachen Bücherschrank-Bestückung? Dann merken Sie sich diesen Namen: James Carlos Blake…

Seine Anti-Helden sind dreckige Mörder und brandschatzende Outlaws, die kaum etwas anderes kennen als rohe, sinnlose Gewalt. Tauchen Frauen in seinen Romanen auf, werden sie – wenn sie Glück haben – einfach erschossen. Viel öfter aber misshandelt, vergewaltigt und als seelische Wracks zurück gelassen.

Nein, den „Wilden Westen“ mit seinen endlosen Prärien, seiner romantischen Cowboymystik, in der ein Mann, sein Pferd und tausend Rinder irgendwo in der Steppe ihr Nachtlager aufschlagen um nach getaner Rast einem fröhlichen Morgen entgegen zu reiten – kurz, diese John Wayne-Mentalität findet man nirgends in den Werken von James Carlos Blake.

Texas zur damaligen Zeit als „heisses Pflaster“ zu bezeichnen, gleicht einer absonderlichen Untertreibung, liest man ein paar Zeilen von „Das Böse im Blut“, dem ersten ins Deutsche übertragenen Roman des Autors, jüngst erschienen im Verlag Liebeskind.

John und Edward Little heissen die Protagonisten des Romans – zwei recht unmenschliche Charaktere, die von klein auf nichts anderes kennen als Gewalt: die Mutter selbst schon früh als Kind misshandelt, der Vater rastet gerne aus und ist nicht mehr zu bremsen, wenn er rot sieht. Was ziemlich häufig geschieht – zum Beispiel als seine Frau von einem anderen Mann zum Tanz aufgefordert wird. Die Folge: ein Toter, eiskalt abgestochen.

Kein Wunder, dass aus den Zöglingen nichts anderes werden kann als mordende Halunken, in Folge durchzieht eine wahre Blutspur ihre Reise quer durch den Süden der Vereinigten Staaten. Alle Typen, die sie treffen, schlagen in die gleiche Kerbe – und so ertappt sich der Leser schon bald bei der Frage, was Wahrheit und was Fiktion ist im beschriebenen Alltag der damals lebenden Personen. Klar, Postkutschenräuber und marodierende Banditen, das alles kennt man aus den Hollywood-Produktionen. Aber wo sind die aufrechten Helden mit in der Sonne glänzendem Stern, die sich dem in den Weg stellen? Sie sucht man im Oeuvre Blakes meist vergebens.

Dafür dürften die auch eingangs erwähnten „hartgesottenen Leser“ ordentlich Pulver bekommen. Der Schrecken kommt nicht aus der besonders kreativ-perversen Schilderung bestialischer Morde, sondern aufgrund der hohen Schlagfrequenz der beschriebenen Gewalt. Sicherlich nichts für Zartbesaitete – aber eine Entdeckung, die sich lohnt, denn trotz der rohen Handlung beherrscht der Autor eine wuchtige Schilderung der Ereignisse – die auch in der deutschen Übersetzung nichts an Schlagkraft verloren hat.

Wer sich beim Lesen also mal wieder ein bisschen kitzeln lassen möchte: „Das Böse im Blut“ ist genau die richtige Feder.

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