Der Ruf des Kuckucks
Petra Bohm | Posted 13/12/2013 | Belletristik, Krimi | Keine Kommentare »Warum hat das so lange niemand geahnt? Es bedurfte erst eines „Whistleblowers“, um nach einigen Wochen das Pseudonym von J.K. Rowlings erstem Krimi aufzudecken. Dabei ist Rowlings Erzählweise auch in der (trotz Eile und 3 Übersetzern gelungenen) deutschen Übersetzung unverkennbar. Fans werden sich also sofort heimisch fühlen…
…wenn diese inzwischen auch teilweise das Erwachsenenalter erreicht haben dürften – Rowlings völlig unblutigen Detektivroman in bester englischer „Whodunit“-Tradition kann man beruhigt auch an jugendliche Leser verschenken.
Der Plot ist sauber und logisch konstruiert, Rowlings einfacher und leicht verständlicher Schreibstil lässt trotz ruhigem Erzähltempo und schwieriger Ermittlungen dank liebevoll ausgestaltetem Personal und authentisch lebendigen Schauplätzen keine Minute Langeweile aufkommen. Diesmal lässt die Bestseller-Autorin statt der Hogwarts-Zauberwelt vor dem geistigen Auge des Lesers das moderne London entstehen. Das ist bevölkert mit teils Harry—Potter-ähnlich bizarren, in jedem Falle aber realen, jedoch klischeehaft teils kräftig überzeichneten Figuren, die teils drollige, zur Figur passende, Namen tragen. Und obwohl es zunächst ziemlich eindeutig scheint wer hier gut und wer böse ist, schafft es Rowling, immer wieder falsche Fährten zu legen und die Spannung bis zum Schluss zu halten.
Im Mittelpunkt des Romans steht Privatdetektiv Cormoran Strike. Der 35jährige, Sohn eines Rockstars und einer drogensüchtigen Mutter, hat nach schwieriger Kindheit Karriere als Ermittler beim Militär gemacht. In Afghanistan hat er ein Bein verloren und schlägt sich seitdem eher erfolglos als Privatermittler durch. Neben den Schulden drückt ihn der Kummer über die Trennung von seiner Freundin, seine Prothese wegen Übergewicht, und die Matratze der Campingliege, auf der er nun quasi obdachlos in seinem Büro nächtigen muss. Nichtmal eine Assistentin kann er sich leisten, und so muss er der sympathischen und pfiffigen Zeitarbeitsaushilfe Robin zum Ende der Woche kündigen. Die hat aber so viel Spass am „Detektiv spielen“, dass sie ihren Zeitarbeits-Job schmeisst und fortan als munterer Sidekick des grobschlächtigen, eher trübsinnigen aber klugen Detektivs dient.
Als ein reicher Rechtsanwalt Strikes Büro betritt, um Nachforschungen über den Selbstmord seiner berühmten Schwester, dem Model Lula Landry, anstellen zu lassen, lockt den Detektiv zunächst nur das fette Honorar. Die Polizei hat den Fall abgeschlossen, doch Lulas Bruder hat Zweifel und glaubt fest an einen Mordfall – der schwergewichtige Strike muss sich zunächst allerdings selbst erst einmal von der Selbstmordtheorie verabschieden. Doch mögliche Zeugen schweigen oder haben nicht genau hingesehen, spannende Nebenspuren verlaufen im Sand, die Presse scheint einen Informanten zu haben. Das kostet Kraft, ebenso wie Strikes private Probleme. Als Strike immer weiter in die Welt der Reichen und Schönen eindringt, fördert er Erschreckendes zutage und gerät selbst in große Gefahr…
Es macht Spass den humpelnden und geplagten Detektiv tagelang durch London zu begleiten, es macht einfach Spass Rowling zu lesen, auch wenn das Buch streng genommen nichts „Besonderes“ ist. Kann man guten Gewissens verschenken und natürlich selbst lesen – Fortsetzung ist bereits in Arbeit!
“Joanne K. Rowling hat mit ‚The Cuckoo’s Calling‘ ein handwerklich einwandfreies, sehr unterhaltsam erzähltes, im besten Sinne altmodisches Stück britischer Detektivliteratur geschrieben. […] Vielmehr erweist sich die Harry-Potter-Schöpferin als Meisterin der Milieuschilderung, die an Charles Dickens erinnert.” (Süddeutsche Zeitung)