Was hat uns der Mond gebracht?
Petra Bohm | Posted 14/07/2009 | Dossier/Akten | Keine Kommentare »
Vor 40 Jahren landeten die ersten Menschen auf dem Mond und ein kleiner, viel zitierter Schritt veränderte unsere Geschichte…
Am 21. Juli 1969 betrat Neil Armstrong als erster Mensch den weiß leuchtenden Erdtrabanten. Doch das bejubelte Mega-Projekt führte die Weltraumbehörde Nasa in eine Krise und hatte auch ein ausgesprochen politisches Ziel. Welche Auswirkung hat die Mondlandung überhaupt auf unser heutiges Leben? Erfahren Sie hier mehr Wissenswertes und Spannendes über den vielleicht größten Schritt der Menschheit oder stöbern Sie in den zahlreichen Büchern über die Eroberung des Weltalls…
Am 20. Juli 1969 um 21.18 Uhr (MEZ) landete die amerikanische Mondfähre «Eagle» im Mare Tranquillitatis. Und um 03.56 Uhr am nächsten Morgen setzte Neil Armstrong seinen linken Fuss in den Mondsand. Der Mensch hatte erstmals seinen Heimatplaneten verlassen und einen fremden Himmelskörper besucht. Die Mondlandung von Apollo 11 war die Krönung eines acht Jahre langen Kraftaktes, der sich im Falle der USA höchstens mit dem Bau des Panamakanals vergleichen lässt. Mit einem Budget von 25 Milliarden Dollar arbeiteten 20’000 Firmen und Institute mit einer Belegschaft von insgesamt um die 400’000 Personen am ehrgeizigen Ziel. Auslöser des Apollo-Vision war eine tiefe nationale Verunsicherung. Am 4. Oktober 1957 hatte die Sowjetunion mit Sputnik 1 den ersten künstlichen Satelliten in eine Erdumlaufbahn gebracht. Knapp vier Jahre später, am 12. April 1961, umkreiste der Sowjetbürger Juri Gagarin als erster Mensch im Raumschiff die Erde. Diese Schlappen der westlichen Weltmacht verlangten nach einer fulminanten Antwort. Am 25. Mai 1961 erklärte der amerikanische Präsident John F. Kennedy vor dem Kongress, dass sich die Nation das Ziel setzen solle, noch im laufenden Jahrzehnt einen Menschen auf dem Mond landen zu lassen und ihn wieder heil zur Erde zurück zu bringen. Das gigantische Vorhaben hatte ein ausgesprochen politisches Ziel; von Wissenschaft war kaum die Rede.
Die modifizierte Haushaltfolie
Nach dem Riesenerfolg der ersten Mondlandung erfolgten bis Dezember 1972 fünf weitere Mondlandungen mit immer längeren Aufenthalten. Die drei letzten Missionen, Apollo 15, 16 und 17, führten sogar ein Mondauto mit, was die Astronauten zu ausgedehnten Spritztouren animierte.
Was hat Apollo, ausser dem Prestigegewinn für die USA, der Menschheit insgesamt gebracht?
Es sind vor allem technische und logistische Fortschritte, die heute als Hauptnutzen ins Feld geführt werden. Die Notwendigkeit ein Projekt von bisher noch nie gesehener Komplexität innert relativ kurzer Zeit zu planen, zu organisieren und auszuführen, hat ganz neuartige Formen von Kooperation und Management generiert. Und indem als Zulieferanten die verschiedensten Firmen aus der Luftfahrt, der Autoindustrie, der Datenverarbeitung und Telekommunikation im Apollo-Programm involviert waren, hat das gewonnene Fachwissen auch der Entwicklung zahlreicher irdischer Applikationen gedient. Trotz ihrer anfänglichen Nebenrolle hat auch die Wissenschaft von den Besuchen auf dem Mond enorm profitiert. Für Apollo 11 wurden aus einer langen Liste schliesslich drei Experimente ausgewählt, die für die Astronauten möglichst einfach und rasch zu bedienen waren. Neben einem Laserlichtreflektor für Distanzmessungen Erde-Mond sowie einem Seismographen kam als einziges nichtamerikanisches Experiment das vom Physikalischen Institut der Universität Bern, unter der Leitung von Johannes Geiss, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kristallographie und Petrographie der ETH Zürich entwickelte Sonnenwindsegel zum Zug. Mit einer modifizierten Haushaltfolie aus Aluminium wollte man den Sonnenwind, einen von der Sonne in den Weltraum abgestrahlten Ionenstrom (elektrisch geladene Atome), einfangen und die Folie am Schluss der Mondmission für die Analyse zurück auf die Erde bringen. Das Gewicht von lediglich 430 Gramm und die simple Handhabung durch die Astronauten lobte die Fachwelt mit dem Prädikat «most science per pound».
Das SWC (Solar Wind Composition)-Experiment blieb 77 Minuten dem Sonnenwind ausgesetzt. Dies erlaubte den Forschern in Bern mit ihren hochempfindlichen Massenspektrometern, die Edelgase Helium und Neon und deren Isotope (Atome des gleichen Elements, aber mit unterschiedlicher Neutronenzahl und daher unterschiedlicher Masse) zu messen. Das überzeugende Konzept bewog die NASA, das Berner Experiment bei weiteren vier Apollo-Mondlandungen einzusetzen, was dank immer längeren Expositionszeiten auch das Messen von Argon erlaubte. Die Ergebnisse der SWC-Experimente haben gezeigt, dass der Sonnenwind ungestört die Mondoberfläche erreicht, was das Fehlen eines lokalen Magnetfeldes wie auch einer Atmosphäre bestätigt. Auch ergaben sich wichtige Erkenntnisse, wie die Ionen in der Sonnenkorona beschleunigt werden sowie über die Zusammensetzung der Materie zur Zeit der Entstehung des Sonnensystems.
Entdeckung des blauen Planeten
Von grösster wissenschaftlicher Bedeutung waren die insgesamt 382 Kilogramm Steine und Sand, die von den Apollo-Astronauten auf dem Mond an den sechs verschiedenen Landeplätzen gesammelt wurden. Die Mondproben zeigen, dass es auf dem Mond kein Leben gibt und auch nie gegeben hat. Auch fehlt Wasser. Ebenfalls geklärt werden konnte der Ursprung des Mondes. Der Erdtrabant ist weder ein vom Schwerefeld der Erde eingefangener Vagabund noch hat er sich von der ursprünglich schnell rotierenden Erde abgespalten.
Als einzig plausibles Szenarium bleibt der «Giant Impact», der Rieseneinschlag eines marsgrossen Himmelskörpers im flachen Winkel auf die noch junge Erde vor 4,6 Milliarden Jahren. Dies generierte eine gewaltige Wolke aus gasförmigem und flüssigem Material, das im Weltraum schliesslich zu einem neuen Himmelskörper kondensierte – unserem Mond.
So eindrücklich die technische und wissenschaftliche Ausbeute der Apollo-Missionen auch gewesen sein mag, eine scheinbar nebensächliche Beobachtung hatte globale Wirkung. An Weihnachten 1968 hatte die Besatzung von Apollo 8 die Aufgabe, zum Mond zu fliegen und dort bei einer Umrundung Daten für die spätere Mondlandung zu sammeln. Zum ersten Mal sah jetzt der Mensch seine Heimat aus grosser Distanz. Das Bild des blau schimmernden Planeten, wie er unfassbar schön und verletzlich im unendlichen Schwarz des Alls schwebte, prägte sich dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit ein. Dieses Apollo-Dokument hat für das ökologische Gewissen wohl nachhaltiger gewirkt als noch so deutliche
Zahlen über Schadstoffe und Klimaveränderungen.
© Herbert Cerutti, mit freundlicher Genehmigung von Orell Füssli
Der Autor ist freischaffender Journalist und lebt in Wolfhausen. Er hat als Doktorand am Berner Sonnenwind-experiment mitgearbeitet.
Mondbücher
Mondlandung Richard Platt, Carlsen Verlag, ISBN 978-3-551-18537-2
Juli 1969: Eines der grössten Abenteuer der Menschheit begeistert Millionen: Mit den Worten «Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein grosser Schritt für die Menschheit» betritt Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. Es war der Höhepunkt eines der grössten Abenteuer in der Geschichte der Menschheit. Aktuell zu dem 40-jährigen Jubiläum dieses Ereignisses entstand dieses Pop-up-Buch mit sensationellen Pop-up-Elementen, dazu grossartige Fotos, übersichtliche Grafiken und alle wissenswerten Informationen zu diesem Ereignis. Richard Platt schreibt für Kinder und legt dabei grossen Wert auf lebendige Darstellung und sorgfältige Recherche.
Der Mond Ralf Jaumann, Ulrich Köhler, Fackelträger Verlag, ISBN 978-3-7716-4387-4
Am 20. Juli 1969 setzt die Landefähre von Apollo 11 auf dem Mond auf. Neil Armstrong und Buzz Aldrin betreten als erste Menschen den Mond. Mit dieser Landung verändert sich das kollektive Bewusstsein der Menschheit, und die Raumfahrt revolutioniert unser Wissen über den Mond, seine Entstehung und Bedeutung. Zum 40. Jahrestag haben Professor Ralf Jaumann und Ulrich Köhler vom Institut für Planetenforschung in Berlin nun ein unvergleichliches Porträt des Mondes geschaffen und den aktuellen Erkenntnisstand der Wissenschaft vom Mond aufgearbeitet. Zudem befragt mit Thomas Reiter erstmals ein europäischer Astronaut den «Moonwalker» Buzz Aldrin.
Moonwalker Andrew Smith, S. Fischer Verlag, ISBN 978-3-10-077202-2
Eines der unglaublichsten Unterfangen in der Menschheitsgeschichte: die bemannten Apollo-Missionen zum Mond. Wir wissen von diesen faszinierendsten aller Reisen, wie sie ungefähr abliefen, doch was sich damals in den Köpfen der Astronauten ereignete, wie ihr Leben durch diese absolut einzigartige Erfahrung für immer aus der Bahn geriet, war bislang unbekannt. Buzz Aldrin, zum Beispiel, wurde zurück auf der Erde von schweren Depressionen heimgesucht und begann zu trinken, Neil Armstrong zog sich völlig zurück und lehrte Luft- und Raumfahrttechnik, Charlie Duke wurde Prediger und Alan Bean malt seitdem den Mond.
Geheimakte Mond
Richard C. Hoagland, Kopp Verlag, ISBN 978-3938516737
Die meisten Amerikaner glorifizieren die Errungenschaften der NASA. Sie neigen immer noch dazu, die NASA auf eine Stufe mit Mutter Teresa zu stellen, was die Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit dieser Institution betrifft. Denn schließlich ist die NASA doch der letzte Hort wahrer Helden, nicht wahr? Doch die Realität sieht anders aus: Bei der NASA handelt es sich keinesfalls um eine offene, zivile, wissenschaftliche Institution. Es ist vielmehr eine juristische Tatsache, dass die NASA direkt dem US-Verteidigungsministerium unterstellt ist. Bis heute betreibt sie geheime Programme, von denen weder der US-Kongress noch die Öffentlichkeit etwas ahnen.