The role of person-organization fit in Employer Branding
… so lautet der Titel meines Gastbeitrages, den ich vor kurzem auf Davide Scialpis Blog employerbranding.com veröffentlichte.
Hier meine zentralen Statements/Thesen auf einen Blick:
- Employer Branding is about enabling potential applicants to decide wether they fit to an organization in terms of personal values and technical skills or not
- The heart of Employer Branding is relevant information (leads to an increase of employer attractiveness, increase of probability of application, getting the ‘right’ potentials and higher motivation and job satisfaction)
- Make your communications more interactive in order to get applicants with a higher fit
Bachelor-Absolventen – keine Generation Praktikum
Die Mär von der Generation Praktikum geistert ja nun schon seit mindestens einem Jahrzehnt durch die Gesellschaft bzw. Medien. Nicht zuletzt die Einführung der neuen Bachelor- und Master-Studiengänge im Zuge der Bologna-Reform hat dieses Märchen nochmals neu aufflammen lassen.
Wenn man den Berichten in der Presselandschaft Glauben schenken darf, rekrutiert sich gerade bei Bachelor-Studierenden nach deren Studienabschluss ein Heer aus Praktikanten. Grund: ihr ach so schwachbrüstiges Studium, das viele gerne auf dem Niveau des Grundstudiums eines traditionellen Diplom-/Magisterstudiums sehen.
Tja, Problem ist nur, dass die meisten, die diese Behauptungen aufstellen, selbst nie im neuen System studierten … Keine Frage, Bachelor und Master haben ihre Schwächen. Aber ebenso ihre Stärken. Ich maße mir an, das beurteilen zu können, war ich doch einer der ersten Bachelor- und Master-Studenten. 2004 fing ich an der Uni Augsburg den Bachelor in Medien und Kommunikation an und schloss diesen 2007 bzw. den Master im Anschluss 2009 ab.
Nun untersuchte das Institut für Hochschulforschung den Einstieg von Hochschulabsolventen des Jahrgangs 2008/2009 in das Berufsleben. Ich selbst nahm vor rund drei Jahren an der schriftlichen Befragung teil. Jetzt sind die Ergebnisse da, die ich im Folgenden kurz zusammenfassen bzw. nacherzählen möchte:
Einstieg in die Beschäftigung
- Allen (!) Absolventen (egal welcher Abschlüsse) gelang der Berufseinstieg gut und im Vgl. zum zuvor befragten Jahrgang 2005 deutlich besser
- Nur 3% der FH-Absolventen arbeiten ein Jahr nach Abschluss in Positionen, die nicht deren Qualifikationsniveau entsprechen
- Bei den Uni-Absolventen sind dies 5%
- Gerade Bachelor-Absolventen von (Fach-)Hochschulen gelingt der Einstieg überwiegend gut. Hier arbeiten nur 7% in Positionen, die nicht zur Qualifikation passen
- Problematisch scheint es nur bei Bachelors zu sein, die ein Geisteswissenschaftliches Studium absolvierten. Hier arbeiten in den genannten Positionen immerhin 25%. Wobei hier die Frage erlaubt sei, ob das ein großer Unterschied zu früher ist …
Gehälter
- Insgesamt sind die Brutto-Jahresgehälter im Vgl. zu 2005 gestiegen – auch das Gehalt von Bachelor-Absolventen liegt über dem damaligen Schnitt von 33.000 Euro
- Uni-Absolventen verdienen im Übrigen nur geringfügig mehr als FH-Absolventen beim Einstieg (37.500 Euro vs. 37.250 Euro)
- Bachelor-Absolventen von FHs verdienen im Schnitt 33.650, also knapp 4.000 Euro weniger als FH-Diplomer
- Bei Bachelor-Absolventen von Universitäten gibt es nur geringe Unterschiede bei den Einstiegsgehältern im Vergleich zu den “alten” Abschlüssen an Unis
- Auch hier: Bachelors mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund verdienen lediglich 22.000 Euro brutto im Schnitt
Generation Praktikum?
- Nur 10% des 2008/2009er-Jahrgangs nimmt nach dem Studium ein Praktikum auf
- Bei Bachelor-Absolventen, die im Anschluss kein Master-Studium aufnahmen (und das ist die große Mehrheit!) sind dies ca. 33% (Uni) bzw. 15% (FH)
- Ebenfalls 33% sind es bei Magister-Absolventen
- Praktikumsquoten für Master-Absolventen sind in dem mir zugeschickten Flyer zur Untersuchung leider nicht zu finden. Wer will, kann aber gerne hier mal nachforschen, ob er dazu nicht etwas findet
Bewertung seitens der Absolventen
- Die grundsätzliche Entscheidung zu studieren würden nahezu alle Befragten wieder so treffen
- Doch während 80% der “alten” Studienabschlüsse erneut zu dieser Sudienart greifen würden, sind es bei den Bachelor-Absolventen nur 60%
- Auch hier gibt es leider keine Master-Zahlen. Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass hier eine ähnliche Quote wie bei den traditionellen Studienabschlüssen (Diplom, Magister, Staatsexamen) erreicht wird
Quelle:
Institut für Hochschulforschung (2012): Hochschulabschlüsse im Umbruch. Ergebnisse der Befragung von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen des Prüfungsjahrgangs 2008/2009.
Den kompletten Datenbericht gibt’s hier
Interaktive Online-Stellenanzeigen – Mehrwert oder Spielerei?
Matthias Mäder, Geschäftsleiter Prospective Media Services AG, im Interview zur neuen JobAd+
Man kann lang und breit über Employer Branding und all seine Bestandteile sprechen, und sich noch so großartige Gedanken machen, wie man das eigene Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber in den Herzen und Köpfen der Zielgruppen platzieren möchte. Wenn der Erstkontakt zwischen Organisation und potenziellem Bewerber nicht qualitativ hochwertig ist, sind alle anderen Employer-Branding-Maßnahmen meist schon hinfällig – egal wie gut diese dann sind.
Nun kann der Erstkontakt ganz persönlich am Messestand oder auch über die Facebook-Karriere-Fanpage erfolgen, am häufigsten jedoch “kommunizieren” Arbeitgeber und der Jobsuchende über Online-Stellenanzeigen. Vielleicht werfen jetzt einige noch ein, dass die eigentliche Karriere-Webseite die erste Hauptanlaufstelle für Job-Kandidaten ist. Ja, das stimmt (bzw. kommen die meisten über Google & Co darauf …), aber i.d.R. “gehen” rund Zweidrittel direkt in den Stellenmarkt und suchen nach offenen Positionen.
Umso entscheidender ist die Darstellung der Online-Stellenanzeigen. Denn ganz im Sinne der Theorie des kritischen Kontakts nach Behling, Labovitz & Gainer (1968), die von einer höheren Bewerbungswahrscheinlichkeit bei einem qualitativ hochwertigen Erstkontakt ausgeht (mehr dazu hier), sollten Unternehmen alles daran setzen, die eigenen Online-Ausschreibungen so User-zentriert (Stichwort Candidate Experience) zu gestalten wie nur irgendwie möglich.
Die Agentur Kienbaum machte Ende 2010 einen ersten Versuch, die althergebrachte Form der Online-Stellenanzeigen (nur Text und dieser nicht mal gemäß der eigenen Employer-Branding-Strategie formuliert und gestaltet) zu erneuern. Das Ergebnis, das in Zusammenarbeit mit Prof. Christoph Beck und der Jobbörse Jobware entstand, hieß Job Ad. 2.0.
Das Konzept finde ich persönlich spannend, aber der Fisch muss ja nicht dem Angler, sondern dem Köder schmecken, und dieser scheint sich der neuen Online-Stellenanzeigen-Delikatesse noch nicht ganz so sicher zu sein. Einer aktuellen Umfrage der Jobbörse stellenanzeigen.de zufolge, sind Interaktivität und Design bei Online-Anzeigen ehr zweitrangig. Der reine Text sollte im Vordergrund stehen.
So sind für Bewerber die drei wichtigsten Aspekte einer Online-Stellenanzeige Auffindbarkeit (85 % Nennungen), Authentizität (73 %) und textliche Umsetzung (54 %). Die grafische Gestaltung fiel mit 18 % der Nennungen hingegen ebenso ab wie die Interaktivität (10 %).
Umso interessanter, dass die Schweizer Agentur Prospective, die sich auf multimediale Recruiting-Lösungen spezialisiert hat, in dieselbe Kerbe wie Kienbaum schlägt. Nur der Name der interaktiven Online-Stellenanzeige, die zunächst mit den Verkehrsbetrieben Zürich entwickelt wurde, scheint etwas anders zu sein: JobAd+. Grund genug, Prospective-Geschäftsleiter Matthias Mäder zum Interview zu bitten:
Wie kam es zur Entwicklung der JobAd+?
Wir haben immer mehr Kunden, welche Videos und andere Informationen in ein Stelleninserat einbinden möchten. Zudem sehen die Stelleninserate Online noch immer wie Printinserate aus, obwohl Online mittlerweile Print als Leitmedium bei Stelleninseraten abgelöst hat. Dies wollten wir ändern. Zudem haben wir unter anderem mit der VBZ (Verkehrsbetriebe Zürich) einen sehr innovativen Kunden, der uns die Möglichkeiten gibt, auch neue Dinge auszuprobieren.
Wollen Bewerber nicht nur einen schnellen Überblick über die Stelle, statt sich durch interaktive Microsites zu klicken?
Es ist sicher so, dass der Bewerber rasch einen Überblick über die Anforderungen und die Aufgaben haben möchte. Aber der Bewerber der sich nach diesem ersten Überblick weiterführende Informationen wünscht, ist nur einen Click davon entfernt und muss sich nicht zuerst auf die Karriereseite der Unternehmung weiterverbinden lassen.
Zudem wird die Bindung vom Bewerbenden zum Unternehmen grösser, je länger er sich damit auseinandersetzt – und dazu animiert das JobAd+.
Gibt es bereits Feedback von Bewerbern zur neuen Anzeigenart?
Wir sind erst seit gut einer Woche Online, so dass wir noch zu wenig Erfahrungswerte haben, um konkrete Aussagen zu machen.
Kienbaum hat damals mit der Job Ad 2.0 einen ganz ähnlichen Ansatz verfolgt. Inwieweit hat euch das inspiriert?
Diese Inserate haben wir auch gesehen und sie haben uns und die VBZ sicher auch zu einem gewissen Teil inspiriert. Da wir uns alle bei Prospective seit über 10 Jahren im Stelleninserate und Recruiting-Umfeld bewegen, war es uns seit längerem ein Anliegen bei den Stelleninseraten den Markt weiterzuentwickeln.
Auf den ersten Blick konnte ich keine gravierenden Unterschiede zwischen Job Ad 2.0 und eurer JobAd+ erkennen.
Der Unterschied liegt in der Erstellung des Inserates. Wir betreiben seit zehn Jahren in der Schweiz ein Multiposting-Tool (JobCenter), mit welchem Stelleninserate für Print- und Onlinemedien, die eigene Website, Social Media und für Mobile automatisch erstellt und aufgegeben werden können. Das JobAd+ muss nur einmal als Template (Inseratevorlage) erstellt im JobCenter werden und dann können beliebig viele unterschiedliche Stelleninserate erzeugt werden.
Für den Arbeitgeber ist diese Art von Anzeige doch weitaus arbeits- und vorbereitungsintensiver als eine herkömmliche Text-Anzeige. Ein standardmässiger Rückgriff auf JobAd+ bei allen offenen Stellen ist deshalb doch kaum machbar, oder?
Ist die Vorlage einmal erstellt, ist ein JobAd+ gleich schnell wie jedes andere Inserat erfasst. Der Recruiter füllt einfach die vorgegebenen Textboxen aus, wählt das Video oder Bilder aus und fertig ist das Inserat. Die Erstellung ist in weniger als zwei Minuten abgeschlossen.
Mit dem Multiposting-Tool stehen dem Recruiter zudem unterschiedliche Rollen und Workflows zur Verfügung, womit er einiges schneller unterwegs ist als mit einem herkömmlichen Prozess – und kann in der Template-Auswahl sogar noch unterscheiden, ob er ein herkömmliches Inserat oder das JobAd+ verwenden soll. Je nach Zielgruppe.
Funktioniert die JobAd+ auch mit externen Stellenbörsen? Sprich wenn ich als Unternehmen meine offenen Positionen in Online-Jobbörsen per XML poste, gelange ich dann auch zur JobAd+?
Das JobAd+ funktioniert dank unserer Technologie und unserem Multiposting-Tool auch im Stellenmarkt auf der eigenen Karriereseite sowie auf den externen Online-Jobbörsen, beispielsweise Jobs.ch oder Jobwinner.ch bis hin zu Social Media, wie Xing oder der eigenen Karriere-Fanpage auf Facebook.
Wohin werden sich Online-Stellenanzeigen in Zukunft eurer Meinung nach entwickeln?
Ich gehe davon aus, dass noch vermehrt Interaktionsmöglichkeiten eingebaut werden. Auch dem Layout sind „fast“ keine Grenzen gesetzt. Die Usability und der Mehrwert für den Bewerber sollten aber im Vordergrund stehen.
Social Media ist bei eurer JobAd+ in eher klassischer Form eingebunden. Ich kann die Stelle auf Facebook, Twitter oder auch Xing weiterempfehlen. Plant ihr darüber hinaus eine tiefgreifendere Social Media Integration in zukünftige JobAd+ Anzeigen?
Social Media bietet sich sicher an, noch tiefer in die Stellenanzeige integriert zu werden, um zum einen noch tieferen Einblick in das Unternehmen zu gewähren, zusätzliche Fans zu generieren oder einfacher mit dem Recruiter in Verbindung zu treten. Erste Prototypen in dieser Richtung sind mit unseren Kunden am Entstehen.
Danke, Matthias, für das Gespräch.
Grundsätzlich finde ich den Ansatz immer noch spannend und erstrebenswert. Es bleibt abzuarten, ob die Bewerber den hier gebotenen Mehrwert honorieren bzw. überhaupt brauchen, oder ob eine gut getextete Anzeige, evtl. noch mit einem passenden Video ergänzt, nicht (erstmal) ausreicht. Aber egal ob JobAd 2.0 oder JobAd+ – mit beiden Formaten erhöht sich die Qualität des Erstkontakts auf jeden Fall. Und genau das muss unser Anspruch als attraktiver Arbeitgeber sein.
Mehr zur JobAd+ gibt’s im Prospective-Blog.
Großes Danke auch an Bea Schellenberg für die fixe Realisierung des Interviews :-)
Quellen:
Behling, O., Labovitz, G. & Gainer, M. (1968): College recruiting. A theoretical base. Personnel Journal, 47, 13-19.
Employer Branding ist kein Personalmarketing ist kein Recruiting ist kein Talent Management
Vor einem guten halben Jahr habe ich ein Posting auf diesem Blog mit der Überschrift “Employer Branding ist kein Personalmarketing” versehen. Und offenbar einen Nerv getroffen. Der Artikel hat nicht nur die meisten Comments von allen hier veröffentlichten Beiträgen, sondern weist auch den meisten Traffic auf.
In der Tradition dieses Artikels, der darauf eingeht, dass aus meiner (und weitaus wichtiger auch aus wissenschaftlicher) Sicht Employer Branding eben nicht mit Personalmarketing gleichzusetzen ist, setze ich diesmal noch zwei Begriffsebenen drauf: Denn Employer Branding ist nicht nur kein Personalmarketing, sondern auch kein Recruiting und kein Talent (Relationship) Management. Das “Fass zum Überlaufen” brachte für mich ein Beitrag in der Computerwoche namens Wie das Social Web im Recruiting weiterhilft. Auch hier wirft man mit den Begriffen Employer Branding und eben Recruiting recht undifferenziert um sich. Für mich Grund genug, erneut ein wenig Aufklärungsarbeit zu betreiben.
Nachdem ich die Begriffsfelder Employer Branding und Personalmarketing im oben erwähnten Blogpost bereits ausführlich definiert und erläutert habe, möchte ich der Ergänzung halber noch mein Verständnis von Recruiting bzw. Recruitment (beide Begrifflichkeiten werden in der us-amerikanischen Literatur meist synonym gebraucht. Im Deutschen übersetzt man beides meist mit Personalbeschaffung) genauer darlegen.
Was Recruiting ist:
Personalbeschaffung beinhaltet die Versorgung eines Unternehmens mit „menschlicher Arbeitsleistung“ (Kropp, 2001, S.235). Recruiting, das anglo-amerikanische Pendant zur Personalbeschaffung, sieht dies ähnlich, schließt jedoch noch die Personalwerbung mit ein: „Recruitment includes those practices and activities carried on by the organization with the primary purpose of identifying and attracting potential employees“ (Barber, 1998, S.5, Hervorheb. i.O.). Hier treten deutlich die Unterschiede zum Personalmarketing hervor. Die Personalbeschaffung/das Recruiting bezieht sich in der Regel ausschließlich auf den Prozess der Personalauswahl (Vorauswahl über E-Recruiting, Telefoninterview, persönliches Interview, Assessment-Center etc.) und hat nichts mit Maßnahmen zur Darstellung des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber zu tun. Es wird im Gegensatz zum Personalmarketing lediglich die externe Sichtweise betont, das nachfolgende Personalmanagement interner Mitarbeiter jedoch außen vor gelassen (vgl. Bertelsmann & DGFP , 2005, S.36f.). Insofern könnte man Personalbeschaffung/Recruiting als Teil des Personalmarketings verstehen (vgl. Giesen, 1998, S.90). Breaugh und Starke (2000, S.409) weisen zusätzlich darauf hin, dass auch der Recruiting- Begriff unter Umständen die Phase nach der Einstellung berücksichtigt. Maurer, Howe und Lee (1992, S.808) erweitern die meist auf den Arbeitgeber bezogene Sichtweise der Personalbeschaffung noch um deren Bedeutung für die Bewerber.
So, das war aber jetzt genug des tristen Textes. Zur Abwechslung möchte ich mal nicht so ausgiebig herumerzählen, sondern lieber eine Grafik sprechen lassen. Ich nenne sie “Employer Branding als Trinitas” und zeigt exemplarisch, welche Aufgaben und Themen meiner Meinung nach unter den Punkten Personalmarketing, Recruiting und Talent Management zu verorten sind. Die Aufzählung ist nicht als vollständig, noch als Gott gegeben zu betrachten, sondern als stetem Wandel unterworfen – je nachdem, welche Strategie das Unternehmen verfolgt, wie die einzelnen Abteilungen (Personal, Recruiting, Personalmarketing) historisch gewachsen sind und wie natürlich die personellen und budgetären Möglichkeiten sind.
Was die Grafik im Übrigen noch nicht zu Leisten im Stande ist, ist die Darstellung der gegenseitigen Abhängigkeiten und Verflechtungen. Beispiel Hochschulkooperationen: Veranstaltet Unternehmen X regelmäßig Karriere-Events mit Hochschule Y (Kamin-Abende mit Managern, Planspiele, Messe-Teilnahmen etc.) und ergeben sich daraus einige Bewerbungen für Praktika, Festanstellungen etc., was dann? Bleibt das dann in der Hand des Personalmarketings? Übernehmen die Recruiter? Und was ist mit Studierenden, die jetzt noch nicht, aber vielleicht später mit dem Unternehmen nochmal über einen Einstieg sprechen möchten? Da wäre jetzt eigentlich der Talent Relationship Manager am Zug.
Damit wir uns richtig verstehen: Mir geht es nicht um eine Abgrenzung der einzelnen Employer-Branding-Teilbereiche im Sinne von “Ich mache Personalmarketing und Recruiting interessiert mich nicht”. Diese Einstellung wäre schlichtweg dumm. Denn ziehen wir doch einen Vergleich zum klassischen Marketing und dem Vertrieb. Natürlich muss der Vertrieb die Produkte an den Mann bringen, aber das Marketing muss den Weg hierfür bereiten und dementsprechend seine Ziele danach ausrichten. Ähnlich ist es beim Personalmarketing und Recruiting:
Personalmarketing muss sich einerseits den aktuellen und langfristigen Personalbedürfnissen, und damit dem Recruiting unterordnen, andererseits auch abseits der derzeit gefragten Zielgruppen das Bild eines attraktiven Arbeitgebers in den Köpfen potenzieller Bewerber generieren.
Klar, Personalmarketing muss sich am Ende fragen lassen, welchen Beitrag es zur Rekrutierung der “Besten unter den Passenden” geleistet hat. Genauso ist es aber operativ dafür verantwortlich, die Unternehmensmarke auch als Arbeitgebermarke in den Herzen und Köpfen potenzieller Bewerber zu verankern. Um noch einmal den Vergleich zum Marketing/Vertrieb zu bemühen: Neben Marketing-Maßnahmen, die klar vertriebsunterstützend ausgelegt sind (z.B. Bewerbung eines bestimmten Produkts), sollte Marketing auch darauf ausgelegt sein, dass es die (Produkt)Marke an sich ins Bewusstsein der Kundschaft befördert.
Über allem steht jedoch – wie die Grafik auch deutlich macht – nach wie vor das strategische Gebilde des Employer Branding. Dass Überlegungen zur Employer Value Proposition (EVP), zur gezielten Einbindung von HR-Kommunikation in den Agenda-Setting-Auftrag von Corporate Communications oder auch die Stärkung des HR-Bereichs (und dessen vielfältige Aufträge) durch ein klares Bekenntnis in der Unternehmensstrategie ganz am Anfang stehen muss, zeigen z.B. auch die Zehn Tipps für Employer Branding von Claudia Hilker. Tipp 2 bis 5 stehen auch für mich am Anfang einer erfolgsversprechenden Arbeitgebermarkenbildung und sind klarer Bestandteil eines übergeordneten Employer-Branding-Ansatzes.
Ich freue mich auf Eure Anmerkungen zu diesem Thema! Und: Wer eine schöne Definition von Talent Management hat, bitte bei mir melden bzw. als Kommentar posten :-)
P.S. Gerade ist mir wieder ein Posting von Gero Hesse auf seinem Blog saatkorn eingefallen, der sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt – inklusive interessanter und lesenswerter Kommentare.
Literatur:
Barber, A.E. (1998): Recruiting Employees. Individual and Organizational Perspectives. Thousand Oaks, CA [u.a.]: Sage Publications.
Bertelsmann & DGFP (2005): Cockpit Arbeitgeber-Attraktivität. Messen – Steuern – Gestalten. Instrument zur Selbstanalyse und Gestaltung der Arbeitgeber-Attraktivität (1. Auflage). Düsseldorf: DGFP.
Breaugh, J.A. & Starke, M. (2000): Research on employee recruitment: So many studies, so many remaining questions. Journal of Management, 26 (3), 405-434.
Giesen, B. (1998): Personalmarketing – Gewinnung und Motivation von Fach- und Führungskräften. In N. Thom & B. Giesen (Hrsg.), Entwicklungskonzept und Personalmarketing für den Fach- und Führungsnachwuchs. Mit Fallstudien aus der Personalpraxis (2., aktualisierte Auflage). Köln: Staufenbiel.
Kropp, W. (2001): Systemische Personalwirtschaft. Wege zu vernetzt-kooperativen Problemlösungen (2., unwesentlich veränderte Auflage). München, Wien: Oldenbourg.
Maurer, S., Howe, V. & Lee, T.W. (1992): Organizational recruiting as marketing management: an interdisciplinary study of engineering graduates. Personnel Psychology, 45, 807-833.
Agenturen aufgepasst: ImmobilienScout 24 nutzt Crowdsourcing-Plattform für Employer-Branding-Kampagne
Kampagnen können richtig teuer sein – das gilt gleichermaßen für das Produkt- wie für das Personalmarketing. Das liegt nicht nur an den umfassenden Mediaplänen für die Print- und Online-Kommunikation, sondern in einem ersten Schritt vor allem auch an den Konzeptionskosten für die eigentliche Kampagnenidee. Und diese erstellen meist Agenturen – dort liegt schließlich viel kreatives Potenzial. Könnte man meinen. Meint ImmobilienScout24 auch.
Nichtsdestotrotz geht das Online-Unternehmen einen neuartigen Schritt bei der Entwicklung einer Employer-Branding-Kampagne: Es holt im großen Maßstab die eigenen Zielgruppen mit an Bord. Die Nutzer der Kollaborationsplattform Jovoto sollen für ImmobilienScout24 Ideen, Konzepte und Anregungen für die zukünftige kommunikative Ausrichtung der Arbeitgebermarke erarbeiten. Natürlich nicht komplett umsonst, die “besten” 15 Einreichungen erhalten Geldpreise, aber dennoch für weit weniger als eine Werbeagentur verlangen würde und könnte. Von etwaigen Folgekosten, sollte man kein Buy-Out vereinbart haben, mal ganz abgesehen. Eine der Zielsetzung von ImmobilienScout24: die Generierung von Print-Anzeigen. Warum dafür ausgerechnet eine Online-Crowdsourcing-Plattform prädestiniert sein soll, erklärt Lars Schmidt, Personalleiter bei ImmobilienScout24 im Interview. Und überrascht dann noch mit der Ankündigung eines Corporate Blogs. Viel Spaß beim Lesen!
Herr Schmidt, traditionell werden Employer-Branding-Kampagnen inhouse bzw. mit oder von Agenturen entwickelt. Sie lassen das ganz Web 2.0-mäßig von Usern der Plattform Jovoto erledigen …
Durch die Zusammenarbeit mit Jovoto versprechen wir uns eine Fülle von neuen, kreativen Ideen, die uns helfen werden, ImmobilienScout24 auch am Arbeitsmarkt den Stellenwert zu verschaffen, den wir als Marke rund um Immobilien bereits besitzen. Die Aussicht eine große Zahl von Kreativen auf der Jovoto-Plattform für diesen Prozess gewinnen zu können, ist außerordentlich reizvoll. Zudem bietet uns der Pitch die Möglichkeit, ImmobilienScout24 als innovativen Arbeitgeber unter vielen kreativen Köpfen zu positionieren. Damit zahlt bereits die Kreation der Personal-Image-Kampagne auf unsere Employer-Branding-Maßnahmen ein.
Benötigt ImmobilienScout24 denn so viele “kreative Köpfe”? Man könnte vermuten, dass eher die klassischen BWLer, Vertriebler oder ITler bei Ihnen gefragt sind.
Neben diesen klassischen Berufsbildern existieren in einem innovativen Online-Unternehmen mit 500 Mitarbeitern zahlreiche Möglichkeiten, sich kreativ zu betätigen. Dazu zählen zum Beispiel unsere Produktdesigner, Layouter, User-Experience-Experten und Marketingspezialisten. Ebenso fördern wir Quereinsteiger: Nicht zuletzt war einer unserer leitenden Interaktionsdesigner vor seiner Zeit bei ImmobilienScout24 als klassischer Architekt tätig. Die Grenzen für „kreative Köpfe“ sind fließend, ihnen werden in unserem Unternehmen zahlreiche Einsatzmöglichkeiten nach ihren Fähigkeiten geboten.
Wir glauben an den Crowdsourcing-Gedanken.
Wenn man böse wäre, könnte man den Verdacht haben, Sie sind nicht nur auf der Suche nach kreativen Lösungen, sondern möchten vor allem Geld sparen. Schließlich sind Agentur-Kampagnen nicht gerade günstig …
Selbstverständlich treiben wir das Thema Employer Branding auch inhouse und mit Bordmitteln voran. Wir arbeiten dennoch seit Jahren gern und intensiv mit renommierten Agenturen zusammen - immer dann, wenn es für die Aufgabe Sinn macht. Die Erfahrungen damit sind überwiegend positiv und wir würden auf diese Ressource nicht verzichten wollen. Jovoto hat uns in der Employer-Branding-Kampagne gerade deshalb begeistert, weil hier Synergien zwischen der Erstellung der Kampagne selbst und einer konkreten Employer-Branding-Maßnahme entstehen. Wir glauben an den Crowdsourcing-Gedanken. Zudem erhoffen wir uns ein Höchstmaß an Authentizität, indem die Kampagne von Personen aus der Zielgruppe selbst entworfen wird.
Setzen Sie die Siegeridee 1:1 um? Wie können Sie sich sicher sein, dass die Arbeitgeber-Botschaften, die die extern erdachte Kampagne vermittelt, die Zielgruppen auch erreicht?
Zunächst einmal handelt es sich bei dem Jovoto-Projekt auch für uns um Neuland. Da uns das Konzept der Plattform begeistert hat, wollten wir es unbedingt auch praktisch ausprobieren. In dem Contest wird einerseits eine Siegeridee durch die Community gekürt. Da diese Siegeridee tatsächlich den ersten Preis verdienen und trotzdem nicht direkt zu unserer Marke und der beabsichtigten Botschaft passen kann, wird die Umsetzungsidee von einer Jury aus unserem Hause separat gewählt. Auf diese Weise gewinnt sowohl die kreativste als auch die für unsere Zwecke passendste Idee. Wir lassen uns von den Einsendungen überraschen und bisher sind doch schon sehr vielversprechende Resultate zu verzeichnen!
Das Projekt besitzt Experimentalcharakter (…).
Was soll denn am Ende für Sie “herausspringen”? Wonach suchen Sie genau?
Wir suchen nach einem Konzept für eine Gesamtkampagne mit einem klaren Fokus auf Print- und Online-Anzeigen. Wir sind jedoch auch für neue Ideen sehr offen und freuen uns über ausgefallene Marketing-Maßnahmen. Das Projekt besitzt Experimentalcharakter und wir sehen seine besondere Kraft in den bereits angesprochenen Synergien zwischen dem zu produzierenden Ergebnis und der Wirkung des gewählten Ansatzes.
Denken Sie nicht, dass sich eine Plattform, die auf Online-Zusammenarbeit setzt, eher dafür geeignet wäre, eine Social-Media-Personalmarketing-Kampagne zu entwickeln?
Jovoto verfolgt in unseren Augen einen überzeugenden Dienstleistungsansatz und bietet auch seinen „Produzenten“ eine attraktive Plattform der Darstellung und Kreativitätsmöglichkeiten. Gern geben wir diesem Modell eine Chance.
Sie dürfen sich demnächst auf ein Corporate Blog freuen, in dem auch Personalthemen (…) behandelt werden.
Der Weg, auf einer “Social-Collaboration-Plattform” nach Impulsen für das eigene Employer Brandung zu suchen, ist neu. Neu ist aber auch, dass ImmobilienScout24 als Arbeitgeber im Social-Media-Bereich auftritt. Denn bisher behandelt Ihr Unternehmen das Social Web aus Personalmarketing-Sicht ja eher stiefmütterlich. So verweisen Sie auf Ihrer Karriereseite ausschließlich auf die Corporate-Accounts auf Facebook, Twitter oder auch YouTube. Können wir also dahingehend in Zukunft auch mehr erwarten?
Neben den erwähnten Kanälen dürfen Sie sich demnächst auf ein Corporate Blog freuen, in dem auch Personalthemen neben vielen anderen relevanten Themen behandelt werden. In den Corporate-Accounts finden sich Meldungen wie die Ernennung von ImmobilienScout24 zu einem von Deutschlands besten Arbeitgebern 2011 und der Erhalt von Gütesiegeln wie „Fair Company“ und „Great Place to Work“®. Zudem werden Stellenanzeigen aktiv auf passende Tweets hin getwittert. Auf dem Facebook-Profil findet sich ein separater Reiter zu tagesaktuellen Stellenangeboten und auch auf dem Xing-Arbeitgeberprofil werden personalbezogene Themen behandelt. Ein Stellen-RSS-Feed steht ebenfalls zur Verfügung. Wir werden dieses Thema auch in Zukunft gezielt weiter ausbauen.
Nochmals zurück zur Jovoto-Aktion: Wann können wir die ersten Print- und Online-Maßnahmen, die daraus hervorgehen, erwarten?
Die Kampagne endet am 8. September 2011. Bis dahin freuen wir uns auf spannende Einreichungen. Wir werden uns Zeit nehmen, alle Beiträge gewissenhaft zu sichten. Dabei sind wir bisher an keine Deadline gebunden. Da es ein Pilotprojekt ist, können wir noch auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen. Halten Sie einfach die Augen offen…
Herr Schmidt, vielen Dank für Ihre Zeit und das Gespräch!
Hier geht’s übrigens zur offiziellen Pressemitteilung von ImmobilienScout24.
Ein Dank geht im Übrigen an Matthias Mäder, über dessen Blogpost ich auf das Thema aufmerksam wurde. Ebenso ein Dank und Gruß an die Kolleginnen und Kollegen in der Pressestelle von ImmobilienScout24, die schnell und kompetent unterstützt haben.
Kaum hatte ich Anfang Juli in meinem Blogpost Arbeitgeberattraktivität – das Image als Trugschluss einen Vergleich der Unternehmensplatzierungen zwischen dem aktuellen Arbeitgeber-Ranking von trendence und der führenden Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu.com angestellt, stellten die Poredas, die kununu-Gründer, das dortige Bewertungssystem auf den Kopf. Grund genug, eine Anpassung an meinem Ranking-Vergleich vorzunehmen.
Vor drei Wochen hatte ich die Platzierungen, die die Top-20-Arbeitgeber im trendence Absolventenbarometer (Business-Edition 2011) erreichen mit der durchschnittlichen Bewertung verglichen, die eben diese Unternehmen bei kununu.com erzielen. Anhand dieses Zahlenwertes erstellte ich ein “kununu-Ranking” dieser Top-20-Employer und siehe da: Die Nummer 1 bei trendende ist nicht die Nummer 1 bei kununu, die Nummer 2 ebenso so nicht etc. pp. Auch die Allianz, die Platz 46 unter der “Beliebtheit” bei Absolventen der Wirtschaftswissenschaften belegt, hatte ich – allein schon aus beruflichem Interesse – mit in den Vergleich genommen. Ich hatte bereits den Verdacht, dass die Bewertung der Allianz als Arbeitgeber durch momentane und ehemalige Mitarbeiter besser ist als das Image, das der Münchner Finanzdienstleister als Arbeitgeber unter Hochschülern genießt. Aber dass die Allianz dann auf Platz 3 des kununu-Rankings springt, überraschte mich dann doch (positiv).
Nun flossen in die numerische Bewertung auf kununu.com zu 30 Prozent auch immer Benefits ein, die ein Unternehmen den Mitarbeitern gewährt. Gab man bei der Bewertungsabgabe eine solche Arbeitgeber-Dienstleistung an, beeinflusste das die Bewertung zum Positiven. Problem: Gab jemand ein Benefit an, das zwar für ihn galt, für einen Teil seiner Kollegen aber nicht galt (Dienstwagen, Boni etc.), verzerrte das natürlich im Vergleich die Bewertungen. Also entschloss sich kununu, den Einfluss der “reinen” Punktebewertungen zu stärken:
Der „TOP COMPANY“ Status berechnet sich ausschließlich auf Basis der auf kununu.com abgegebenen Bewertungen und ohne Einfluss der angegebenen Benefits.
Bedeutet im Klartext: Der durchschnittliche Arbeitgeberwert stellt noch deutlicher heraus, wie wohl sich (Ex-)Mitarbeiter im Unternehmen fühlten.
Und die Auswirkungen auf den trendence-kununu-Vergleich? Sie sind zum Teil erheblich! Der vorherige kununu-Liebling L’Oréal, der im alten Bewertungssystem immerhin 4,5 von 5 Punkten einheimsen konnte, sackte um 1,5 auf nur noch 3,0 Punkte (jetzt von 6 erreichbaren) ab.
Auch die Allianz verlor. Ihr Wert ging von 4,0 auf 3,6 herunter. Aber: Alle (!) Arbeitgeber mussten logischerweise Federn lassen. Nichtsdestotrotz ist das Delta von L’Oréal dramatisch. Zum Vergleich: Die anderen Unternehmen mussten zwischen 0,4 und 0,6 Punkte abgeben.
FAZIT: McKinsey und die Allianz sind trotz ihrs Rufs (McKinsey: Arbeiten bis zum Umfallen, Allianz: langweilige Versicherung) offenbar sehr gute Arbeitgeber, gerade die Allianz spielt ihre Arbeitgeber-Stärke aber anscheinend erst aus, nachdem man sich für das Unternehmen entschieden hat. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Alle anderen Unternehmen sind sicherlich auch hervorragende Adressen. Verhalte ich mich als Arbeitgeber dauerhaft schlecht, wirkt sich das mittelfristig auch auf mein Image und damit auf mein trendence-Ranking aus. Und dort sind die hier aufgeführten Unternehmen schließlich im elitären Kreis der besten 20.
Arbeitgeberattraktivität – das Image als Trugschluss
Jedes Jahr fiebern die Personalmarketing-Abteilungen den Ergebnissen zweier wichtiger Studien entgegen: denen von trendence und Universum. Beide (Marktforschungs-)Unternehmen befragen, methodisch unterschiedlich, alljährlich Schüler, Studenten, Absolventen bzw. Young Professionals u.a. nach deren Top-Arbeitgebern.

trendence versus kununu.com - externe versus interne Arbeitgeberattraktivität (eigene Darstellung, 2011)
Neben der Frage nach dem Wunscharbeitgeber (employer of choice) enthalten die Studien natürlich noch viele weitere mehr oder weniger relevante Hinweise darauf, worauf die Mitarbeiter von morgen Wert legen bzw. wo Verbesserungspotenzial bei der eigenen Arbeitgebermarke liegt. Doch das wird in der medialen Berichterstattung im manager magazin und Co meist weggelassen. Was zählt ist die sehr plakative Abbildung eines Rankings, das vermeintlich zeigt, welches Unternehmen ganz oben auf dem Wunschzettel der High-Potentials steht.
Zeig mir dein Produkt und ich sag dir, ob du als Arbeitgeber sexy bist
Und da, wen wundert’s, stehen in der Regel Unternehmen, die entweder begehrte Produkte haben (z.B. Automobile), vermeintlich das Sprungbrett zu Geld und Karriere sind (z.B. Beratungshäuser) oder durch geschickte PR als besonders arbeitnehmerfreundlich (z.B. ein bestimmter Suchmaschinenanbieter) gelten. Nun mag man darüber streiten, inwieweit die befragten Studenten bzw. Absolventen die eigenen Angaben zu ihrem Wunscharbeitgeber ernsthaft verfolgen. Fakt ist, dass die Veröffentlichung solcher Rankings jedes Jahr ein ziemlich großes mediales Echo hervorrufen. Und man muss kein Psychologe oder Kommunikationswissenschaftler sein, um zu erkennen, dass die permanente Wiederholung, Automobilhersteller sind Top-Arbeitgeber irgendwann selbst ins “relevant set” der eigenen Wunscharbeitgeber übergeht.
Image vs. Wohlfühlfaktor = extern vs. intern
Die Frage, die sich mir nun stellt ist, ob die bloße Sicht auf das (von Hochschülern auf Basis wovon?!) verliehene Image als Top-Arbeitgeber nicht arg kurz gegriffen ist, um die Arbeitgeberattraktivität zu beurteilen. Mindestens ebenso wichtig wie das sich extern manifestierende Image ist es doch zu sehen, wie aktuelle und Ex-Mitarbeiter eines Unternehmens dieses von innen heraus beurteilen. Deshalb habe ich mir den Spaß gemacht, die Top-20-Arbeitgeber des 2011er trendence-Rankings (Wirtschaftswissenschaftler) mit den Mitarbeiter-Bewertungen auf kununu.com zu vergleichen.
Natürlich habe ich dabei ein besonderes Augenmerk auf die Allianz gelegt, die als Versicherungs- und Finanzdienstleister traditionell als eher unsexy von Studenten und Absolventen eingestuft wird, wie Platz 46 im aktuellen trendence Graduate-Barometer zeigt.
Noch bevor ich das “kununu-Ranking” erstellt hatte, dachte ich mir bereits, dass die Allianz aus der Mitarbeiter-Perspektive heraus deutlich besser dastehen dürfte als es das Image vermuten lässt. Denn schließlich machen immer noch die Kollegen und nicht das Produkt allein die Musik, sprich entscheiden darüber, ob ich mich im Unternehmen wohl fühle oder eben nicht.
Die Ergebnisse
Die Allianz im Vergleich mit den Top-Arbeitgebern der trendence-Untersuchung allerdings auf dem 3. Platz zu sehen, hat mich dann doch überrascht. Vier von fünf Punkten ergattert der Münchner Versicherungsriese im Schnitt. Ein sehr gutes Ergebnis bedenkt man die negative Presse im Zuge der Umstrukturierung in den vergangenen Jahren.

Vergleich Image-Ranking von trendence und Wohlfühl-Ranking von kununu.com (eigene Darstellung, 2011)
Auf Platz 1 steht jedoch ein Unternehmen, dass ich überhaupt nicht auf der Rechnung hatte: L’Oréal. Der deutliche Abstand von 0,4 Punkten zum Zweitplatzierten McKinsey zeigt, dass hinter dem im wahrsten Sinne des Wortes stylishen Arbeitgeberimage des Kosmetikherstellers offensichtlich viel für die Belegschaft getan wird bzw. die Rahmenbedingungen stimmen. Für mich ebenso überraschend aber die Platzierung der Mäckie-Consultants. Ein Blick darauf, wie sich die Bewertung von 4,1 zusammensetzt, macht aber gleich deutlich, dass monetäre Aspekte bzw. Incentives hier die treibenden Kräfte sind (“Benefits” erhalten von den Mitarbeitern fünf von fünf Punkten!).
Wo Gewinner, da auch Verlierer. Porsche ist für mich so ein Fall. Geneinsam mit Coca Cola, BCG und KMPG belegt die Zuffenhausener Edelschmiede den letzten Platz mit durchschnittlich 3,5 Punkten. Klar, das ist Jammern auf hohem Niveau – zumindest, wenn man sich das Gütesiegel-System von kununu.com ansieht. Da ist Porsche immer noch “Top Company”. Dennoch zeigt das Beispiel Porsche, dass ein hervorragendes Image allein noch keine vollzufriedenen Mitarbeiter macht.
Conclusio
Insofern wäre mein Plädoyer für eine sinnvollere Darstellung bzw. Operationalisierung der Arbeitgeberattraktivität, die interne Sichtweise der Mitarbeiter mit einzubeziehen. Dies muss ja nicht von trendence geleistet werden. Vielleicht findet sich aber ein Institut, das beide Ansätze sinnvoll und methodisch sauber miteinander verbindet. So hätten nämlich alle was davon: die Personalmarketing-Abteilungen einen Arbeitsansatz, die potenziellen Bewerber eine gehaltvollere Liste attraktiver Arbeitgeber und die Medien ihr geliebtes plakatives Ranking.