Juli, Vier, Sieben

Ich wurde 1969 als dichter geboren. Das heißt, es gab nie einen anderen weg; jedes erlebnis baute sich ausschliesslich vor mir auf, um literarisch interpretiert zu werden. Dass ich dabei auch das typische leben eines dichters aufgedrängt bekam, gefiel mir nicht immer. Durchhaltevermögen gegen die extrem literaturfeindliche gesellschaft musste ich nicht extra beweisen, denn die wahl, diese abzulehnen, gab es zu keiner zeit. In die gesellschaft integriert zu sein, heißt, der wurm zu sein, der im eigenen leibe frisst.

Aber man schreibt nicht gut aus protest, denn damit signalisierte man ja, dass man gerne dazugehören würde, wenn…

Der größte feind eines dichters ist die dummheit und diese ist nirgendwo mehr zu hause als in der politik und – der literatur. Manche gab es, die versuchten, beides miteinander zu verbinden, sie sagten sich: politik sind wir alle und literatur ist das leben. Doch um politik zu betreiben, auch literarisch, muß man einen hang zum verbrechen haben, man muß skrupellos und verlogen sein. So etwas liegt mir nicht, ich tendiere zur wahrheit, wenn man so will. Und mit der literatur ist es so eine sache, denn es gibt zwei literaturen: die literatur, die ignoriert und an den rand der existenzlosigkeit gedrängt wird und die literatur, die keine ist und die den etablierten gehört. Jetzt denkt man leicht, literatur gehöre zum kulturellen leben der gesellschaft und dort wird sie entsprechend hofiert, man leckt den anus und tackert den poeten geldscheine auf die grossporige haut. Aber umgekehrt ist es doch! Der autor, der da rein will in diesen saustall, leckt sogar den dünnschiss vom boden auf, wenn es ein funktionär so haben will. Das ist die literatur der gesellschaft, manche von denen bekommen sogar einen preis (aber auch manche von uns bekamen ab und an einen, damit es den blödsinnigen nicht gleich auffällt, daß es hier nicht mit rechten dingen zugeht).

Die wahrheit aber ist: kein literat auf dieser erde kann mit dem, was er tut, geld verdienen, er muß sich etwas anderes suchen oder eben… den unrat mit seiner zunge aufwischen.

Ich mache beides nicht. Ich schreibe und wenn ich es einmal nicht mehr schaffen sollte, meinen magen zu füllen, dann verhungere ich. So ist es in der natur vorgesehen. Nun habe ich es jedoch eine geraume zeit geschafft, am leben zu bleiben und das war immer und ausschließlich jenen kräften zu verdanken, die das universum regieren: den frauen.

Veröffentlicht von

Michael Perkampus

Michael Perkampus war Moderator der Literatursendung Seitenwind für Radio Stadtfilter in Winterthur. Er ist Autor, Übersetzer und Herausgeber des Phantastikon.