Von manchen Dingen habe ich wirklich die Schnauze voll, aber es sind nicht die Dinge an sich, die mir da über die Lippen hängen wie schlecht eingesogene Nudeln, sondern was sie in mir auslösen. Die emotionale Gefilde sind immer auch die fragilsten; selbstverständlich sind sie das und sie führen schlussendlich auch in den Ruin. Den Dingen seinen Lauf lassen, Geschehnisse beobachten, den Honigtopf völlig leer machen, ohne ihn zu teilen, ihn dann aber nicht mehr füllen lassen, sondern zu einem neues Eldorado aufbrechen. Manche Honigtöpfe sind eine Illusion, sie lösen eine Dosis Euphorie aus – danach aber ist man verkatert wie nach beinahe jeder Droge.
Heute sah ich ein Liebespärchen und es war noch ganz frisch. Mein Faible für Liebesgeschehnisse ist trotz allem überhaupt nicht eingerostet, mein Blick dafür nach wie vor geschärft.
Sie standen, verborgen von einigen Büschen abseits des Weges, den ich entlangschlenderte, um mir so gegen 15 Uhr endlich mein Frühstück zu besorgen. Heute Nacht schlief ich einen todesähnlichen Schlaf – das liegt an der Geschichte, an der Veranda, sie konnte mich eine Zeit lang ansaugen wie ein Vakuumstutzen.
Es handelte sich um Jugendliche und beim Passieren bemerkte ich zwei Dinge: erstens war es vermutlich das erste Rendezvous der beiden und zweitens behielten sie trotz aller nervösen Hingezogenheit zueinander stets alles im Blick, so wie Rehe das tun. Der Junge rauchte, das tun Jungen, sie sind nervöser als Mädchen, zumindest in der Öffentlichkeit.
Das Gewinnspiel, das ich morgen in Zürich lese, habe ich etwas umgeschrieben, so dass ich es auch richtig zelebrieren kann – das bietet sich bei dieser Story allerliebst an. Ich muss jetzt nur noch den Klops in meinem Magen, der nun schon die ganze Woche dort hängt, loswerden – der ja nichts mit der Lesung zu tun hat. Freilich würde ich mich gerne besaufen und ab morgen werde ich das dann auch tun, zumindest ein, zwei Wochen lang, vielleicht auch den ganzen Oktober durch – und im November sollte ich vielleicht noch einmal nach Paris – oder ich sollte im Oktober nach Paris und mich im November besaufen. Vielleicht sollte ich auch alles ganz anders machen.