Wie bereits erwähnt, gibt es bisher keine deutsche Übersetzung der Werke Michael Ciscos. Das ist wenig verwunderlich und wird sich vermutlich so schnell auch nicht ändern, denn der Anspruch, Cisco zu übersetzen, ist ähnlich hoch wie bei Thomas Ligotti, von dem wir zumindest rudimentär einiges vorliegen haben.
Dieser Beitrag stützt sich auf den preisgekrönten Roman “The Divinity Student”, der im Original auf Weird Fiction Review zu lesen ist. Ich habe den Anfang davon übersetzt, besitze aber nicht die Befugnis, den ganzen Roman zu übersetzen, beziehungsweise habe ich diese Erlaubnis auch nicht eingeholt. Es ist wie es ist: manche Phrasen würden sich anders übersetzen lassen. Cisco ist in seinem Sprachduktus nicht weniger extrem als ich selbst das bin, weshalb meine Faszination überhaupt erst entfacht wurde. Das bringt die Gefahr der Nachdichtung hervor und nicht der wörtlichen Übersetzung, aber das ist bei Cisco oftmals nicht anders zu bewerkstelligen. Für diese kurze Passage mag das keine Rolle spielen.
Der zweite Teil des Beitrags ist meine Übersetzung eines Interviews mit Michael Cisco von Adam Mills, im Originals erscheinen ebenfalls bei WFR.
Michael Cisco – Der Theologiestudent (Ausschnitt)
Übersetzer: Michael Perkampus
eins: die Wolke
Die ersten schwarzen Wolken verdüstern den Himmel, die folgenden hängen in Fetzen
weiße Schleier im Geraschel des beseitigten Publikums, und, wie jede Wolke ihren eigenen Rahmen perfekt innerhalb ihrer Konturen verlässt, ragt eine hervor – drohend wie ein Eisberg über die anderen. Sie bewegt sich jetzt stetig weiter, bauscht sich schnell und tief über die grüne Schlucht. Sie taucht zwischen die Hügel in einen Geruch aus Wasser ein, und die friedliche, ängstliche Stille des Regens fällt auf Bäume und Gras. Der Theologiestudent, in seinem schweren, schwarzen Mantel, schlittert einen steilen Hügel hinunter in die Schlucht. Seine Füße schlittern auf dem nassen Gras; er hält sich mit ausgestreckten Armen aufrecht. Er ist nass bis auf die Haut, seine Brille ist beschlagen, der Regen läuft überall an ihm herunter. Der Abhang ist vom Wasser aufgeweicht und glitschig, so ist er gezwungen über Wurzeln und Steinen zu kriechen, um nicht zu fallen. Er wollte den Spaziergang im Regen ja nicht versäumen. Über seinem Kopf ändert sich die Farbe des Himmels von Grau zu Schwarz. Schwer atmend und völlig erschöpft gibt er sich selbst einen schmerzhaften Ruck und erreicht den Gipfel. Für einen kurzen Augenblick steht er gebeugt, mit den Händen auf seinen Knien da, dann wendet er sich der Schlucht zu, die über ihm von allen Seiten wie eine grüne Schale aufragt. Der Himmel donnert und verfärbt sich kohlenschwarz: eine Wolke, hoch wie ein Eisberg. Aufgeregt tapst er über die grüne Brust des Hügels zum höchsten Punkt hinauf. Er fährt mit der Hand über seine kurzen Haare und Wasser rinnt ihm durch die Finger. Er erreicht die Spitze – der Himmel spaltet sich über seinem Kopf. Im hohen Gras stehend, die Augen in der Ferne verloren, spielt der Wind in und um seine Hemdsärmel herum und bläst seine Rockschöße auf, schneidend blaues Blitzen drängt seinen Körper bis hin zu einer Spalte, die ihn den Halt verlieren läßt. Die Wolke öffnet sich kurz und erreicht den Boden, reißt ihn von den Füßen. In einem unendlichen Augenblick, den zwei Dimensionen zwischen Erde und Himmel ausgesetzt, wölbt sich sein Körper, seine Augen starren auf die nach Luft krallenden Finger, sein weißes Gesicht teilt sich in zwei Hälften, als er niederrast, verdreht im Schmutz liegen bleibt – mausetot. Ruhiges nasses Gras in seinem Mund, und Regen strömt über seinen durchnäßten Mantel auf seinen Leichnam, glasige Augen, starr und aufgerissen, auf eine verkrampfte Hand fixiert, durch die der Regen schleicht; sein zerschmetterter Rücken.
Über ihm verschwinden die Wolken. Regen fällt, Zeit verstreicht.
Nun finden sie ihn. Hände nehmen ihn auf; sie machen sich auf den Hang hinunter, im Schlamm, mit seinem Körper. Der Boden und die Bäume sind nahe wie Wolken und spritzen dicke Regentropfen von sich. Sie tragen ihn zu einem niedrigen Gebäude, zugerankt von Ästen und dem Schatten der Bäume. Sie bringen ihn schnell hinein, legen ihn auf zwei Holzböcke und fangen an, an ihm herumzuschneiden – sie nehmen ihn aus wie einen Fisch, öffnen ihn von der Kehle bis zur Taille, rote Hände ziehen seine Rippen auseinander, Kopf und Schulter hängen nach unten, seine Arme liegen flach auf dem Boden, zerren ihn hin und her als sie ihn ausleeren. Sie werfen seinen Inhalt gekocht und dampfend auf den Boden und bringen Stapel von Büchern und Aktenordner an, reißen die Seiten heraus, alle beschrieben, die sie hinter seine Rippen stopfen und in seinen Bauch quetschen. Welche Seiten sie ausgewählt haben und welche Bücher sie zerrissen haben, ist von geringer Bedeutung, wichtig ist nur daß er komplett mit mit Schriftstücken ausgefüllt ist, um ihn zurückzubringen, um ihn seiner Aufgabe zuzuführen. Dann nähen sie ihn wieder zu – ziehen ihn in die Badewanne (die Arme und Beine baumeln und knallen an Gegenstände, werfen Tische und Stühle um) und werfen ihn ins Wasser; blaues Wasser schwappt auf grauen Pflasterstein, und gemeinsam saugen sie Luft in sich hinein, die sie sogleich wieder aus ihren Mündern fahren lassen, er schreit laut auf, als sie sein Gesicht unter das fließende Leitungswasser stecken und ihn dann mit ihren roten Händen untertauchen, unter ihre Flügel. Der Theologiestudent zuckt, peitscht Wasser über den Wannenrand. Gaffend stoßen sie ihn härter nach unten. Er windet sich zur Seite. Sie drehen den Hahn voll auf und schieben sein Gesicht erneut unter den Strom – er schlägt, sein Körper wütet und seine Augen öffnen sich, sein Mund schnappt weit auf, alle schreien los und ohne Ton (sie packen ihn und ziehen ihn heraus)..
Klamm, bis zur Farblosigkeit gebleicht, aus dem Wasser gezerrt, auf den Boden geworfen, halten sie seinen Kopf, wo er Wasser hustst und über den Boden starrt, wo er den Aufwurf seines eigenen Gedärms entdeckt, sich erinnernd, schreit er erneut auf, schreit sich hinein in Schatten und klamme Dunkelheit.
WFR.com: Welche Geschichten hast du gelesen als du jünger warst? Und wie hat sich dein Geschmack zwischen dem, was dich damals fesselte und heute fesselt, verändert?
Michael Cisco: Ich mochte Tolkien, den Zauberer von Oz und Alice, Unten am Fluß, nichts ungewöhnliches also. Diese Bücher haben für mich ihren Wert behalten, auch wenn es mich jetzt überrascht, mit welcher Hartnäckigkeit sie Eindruck auf mich gemacht haben. Mein Geschmack hat sich erst später erweitert.
WFR.com: Was würdest du als deine Lieblingsgeschichte – oder Geschichten – des Unheimlichen bezeichnen und warum?
Cisco: Meine Lieblingsgeschichten müssen mich in irgendeiner Weise überraschen. Sie müssen etwas in mir anstoßen, das ich nicht näher erklären kann, was es schwer macht, zu erläutern, warum ich sie mag. Ich mag sie, weil ich nicht erklären kann, warum ich sie mag. Zum Teil mag ich sie deshalb, weil sie mir immer etwas geben, wenn ich sie wieder lese. Was ich wirklich mag, ist das Gefühl des Schreckens, entweder, weil etwas sich seltsam anfühlt oder weil ich das Gefühl habe, einen seltsamen Ort besucht zu haben.
WFR.com: Kannst du ein Beispiel für eine Geschichte nennen, die dich mit einem seltsamen Gefühl zurückließ oder mit dem Gefühl, von einen unheimlichen Ort zurückzukehren? Etwas, von dem du denkst, das sollten mehr Leute lesen, vielleicht.
Cisco: Alfred Kubins ‘Die andere Seite’ kommt dem traumähnlichen, unirdischen ziemlich nahe.
WFR.com: Welche Schriftsteller standen Pate für deine eigene Arbeit?
Cisco: Tolkien und Lovecraft waren meine frühen Einflüsse. Außerdem erinnere ich mich lebhaft an eine Passage in Camus’ Der Fremde: Meursault ist alleine in seinem Apartement. Er beobachtet die Straße, sieht einige Leute, die ins Kino gehen, nimmt eine Dusche, kommt zurück zum Fenster, raucht eine Zigarette, sieht die Leute aus dem Kino kommen. Ich war von dieser Szene schockiert, denn mir kam niemals in den Sinn über jemanden zu schreiben, der an sich gar nichts tut; es schockierte mich vor allem deshalb, weil ich das Lesen dieser Passage so sehr genossen habe. Es war so, wie in jemandes Zeit einzubrechen, oder mit jemandem zusammen Zeit zu erschaffen, etwa so, wie wenn du wirklich mit Leuten Zeit verbringst.
William S. Burroughs lehrte mich zu schreiben. Ich glaube nicht, daß Naked Lunch mich besonders interessierte, als ich es las, aber ich hatte einige Aufnahmen, auf denen Burroughs las, und die mochte ich. Als ich Aufnahmen aus The Western Lands hörte, konnte ich später beim Lesen seine Stimme hören. Ich dachte, ich könnte ihn vielleicht auch in Passagen hören, auf denen ich ihn nicht lesen hörte. Das hat mich gelehrt, die Stimme aufs Papier zu bekommen und die Fähigkeit, diese Stimme zu hören. Oft höre ich die Stimme in einem Text und entweder gewinnt mich diese oder ich schalte sie ab, so wie du den Ton von jemanden ein- oder ausschaltest, dessen Stimme du magst oder nicht, ganz egal, was der Inhalt des Gesagten ist.
Franz Kafka möchte ich als Einfluß oder Modell bezeichnen, aber er ist weit über mir. Seine Arbeit ist wunderbar, unmöglich. Du liest es, aber du kannst es eigentlich nicht lesen, es kann nicht geschrieben worden sein, aber es wurde geschrieben, hier ist es! Unmöglich! Was soll man davon halten, von ‘Der Prozeß’ oder ‘Ein Landarzt’? Wie fängt man an? Schon bevor du begonnen hast, ist es zu spät, zu versuchen, wie Kafka zu schreiben. Proust ist ein weiterer Held. Seine Metaphern sind mit Abstand die anspruchsvollsten der gesamten Literatur, und es gibt so viele! Sein korrekter Ton und seine treffsichere Klarheit der Vision sind perfekt, sein Umgang mit Emotionen ist einzigartig. Beckett revolutionierte Versagen und Verfall. Er schaffte es, schlicht und zugleich wild und lustig zur selben Zeit zu sein, ohne einen Kompromiß dabei zu machen; das trifft ebenfalls auf seine Fähigkeit zu, abstrakte Gedanken lebendig zu gestalten und mit intensiven Gefühlen einhergehen zu lassen, Schreien und Toben. Nichts ist ausgeschlossen, nicht einmal im engsten Raum. Ich könnte weiter und weiter reden.
WFR.com: Wie würdest du deine eigene kreative Philosophie charakterisieren oder beschreiben, deine Dichtung betreffend? Ändert sie sich von Projekt von Projekt? Wie siehst du das?
Cisco: Manches verändert sich, aber es ist, wie zu sagen “Ich will gewinnen”, um dann zu erläutern, was der Sieg wäre. Die Idee ist, lebende Monster zu erschaffen, die in die Welt hinaus gehen und sich verheerend an den Lesern zu schaffen machen. Sobald die Idee gesetzt ist, probierst du rum, du probierst es so, du probierst es anders. Das Geschriebene muß lebendig werden, das bedeutet, es hat etwas zu tun, sich nicht nur um etwas zu drehen. Es hat das Ding an sich zu sein. Lovecrafts Horror-Storys, zum Beispiel, enden sehr selten mit dem letzten Satz. Da ist fast immer ein Sprung, der die Schlinge der Gefahr über den Leser wirft, in der Regel mit Hilfe von Andeutungen. Lovecraft machte die Anwendung von Andeutungen zu seiner Technik; seine Andeutungen sind sofort zu erkennen und unterscheiden sich von allen anderen. Dracula mag der einzigartigste Vampir der Welt sein; ob oder ob nicht, das war Stoker egal. Er beschreibt, was mit den Figuren geschieht. Lovecrafts Geschichten führen bestimmte Ereignisse vor, legen aber auch Spuren aus, zeigen Auswirkungen, auch wenn die Ereignisse fiktiv sind. Haltung und Werte dieser Geschichten wurden penibel ausgedacht. Ligotti ist derjenige, der dem am nächsten kommt.
Was sich geändert hat, ist, wie ich schreibe. The Divinity Student, The Golem, The Traitor, The Tyrant und andere frühen Bücher wurden vom Anfang bis zum Ende runtergeschrieben, während ich nun nicht mehr an einem Buch in einem Zug arbeite. Der Schlüssel für mich war, nicht zu genau darüber bescheid zu wissen, was ich da tue, entweder zu nehmen, was kommt, Schritt für Schritt, wie ich es vorher tat, um es dann später in die Luft zu werfen, also hin und her zu drehen, wie ich gerade möchte. Ich möchte meine Bücher nur in groben Zügen planen. Ich möchte eintauchen und herumtupfen, mein Gesicht auf die Leinwand gequetscht. Was ich gelernt habe, ist, daß ich auf der Leinwand herumspringen kann, aber auch, mir das Ganze von weiter weg zu besehen. Ich weiß nicht, ob das Philosophie ist oder einfach nur Technik.
WFR.com: Wie würdest du den Unterschied deiner künstlerischen Haltung zwischen der Arbeit an short stories und einem Roman erläutern? Du hattest so viel Erfolg mit dem Schreiben von unheimlichen Erzählungen in Romanlänge, was ziemlich ungewöhnlich ist auf einem literarischen Gebiet, das hauptsächlich von kurzen Erzählungen und Novellen dominiert wird. Was, denkst du, ist der Knackpunkt, um einen qualitativ wertvollen unheimlichehn Roman zu schreiben?
Cisco: Eine unheimliche Geschichte ist in der Regel ein Schaufenster für eine einzige unheimliche Idee. Einen Roman um diese Idee herum zu schreiben, bedeutet, daß diese Idee vielseitig sein muß, etwa eine seltsame Perspektive enthält, einen Macguffin (Anm. des Übers.: Beliebiger Gegenstand oder Person von geringer Interesse, die die Handlung auslöst) oder einen Fluch. Ein Roman lebt hauptsächlich von seinen Charakteren und ihrem Alltag und nicht von diesem speziellen unheimlichen Element, was immer das ist. Es ist aber notwendig, bei diesen alltäglichen Dingen zu verweilen, um die Gewöhnlichkeit hervorzuheben und einen Kontrast zu haben. Die gewöhnliche Welt muß nicht groß gestützt werden, so weit es mich betrifft. Ich muß da nichts beschreiben; alles, was der Leser zu tun hat, ist, vom Buch aufzusehen, dann sieht er das Gewöhnliche. Der Kontrast ist nicht im Buch, er liegt zwischen dem Buch und dem gewöhnlichen Leben um dich herum. Ich komme nicht um die Ecke mit einer Idee und bastle einen Roman drumherum, ich grabe nach Verbindungen in den Strömen von Ideen, um mir die Fähigkeit zu nehmen, zu erkennen, was ich da treibe. Die Dichte der Ideen ist Teil des unheimlichen Effekts. Die Idee ist, das Buch selbst zu einem wahnsinnigen Artefakt aus einer anderen Dimension zu machen, ohne zu erlauben, daß es zu einer bloßen Übung verkommt, indem es unheimlich ist zum Selbstzweck. Es soll noch als Roman erkannt werden, eine Geschichte, mit Pathos, aber die Idee ist, zu versuchen, einen anderen Weg zu finden, nicht den Leser zu fragen, ob er oder sie sich in den Figuren wiedererkennt, sondern um ihn oder sie eine Erfahrung machen zu lassen.
WFR.com: Was hat dich zu ‘The Divinity Student’ inspiriert?
Ich schrieb Geschichten, die in San Veneficio angesiedelt sind, seit knapp zwei Jahren. Ich wollte das Setting der Reihe nach abhandeln, keine Mischung aus Geschichten, eher die Stadt von oben nach unten beleuchten und alles in einem. Ich spürte, daß ich auf dem Weg zu einer längeren Erzählung war. Ich bekam die Gelegenheit, mein Junior-College-Jahr in Oxford zu machen. Dieses Jahr verbrachte ich inmitten alter Architektur und studierte die Bibel als Literatur gemeinsam mit dem letzten Domherrn der Christchurch, John Fenton, der wie der Quaker Oats Man aussah (Anm. des Übers.: siehe Abbildung) und mich in seinem Haus im Christchurch-Quartier empfing. Das war alles verdammt ‘gothic’. Die Steigerung dessen war das Entdecken der Schatzkammer, gefüllt mit kritischer Literatur über die Bibel. Da liegt der umfangreichste Bestand kritischer Literatur der westlichen Tradition. Ich war speziell an einer strukturalistischen Interpretation der Theologie der Prophezeiung aus einem Buch des deutschen Kritikers Gerhard von Rad interessiert. Er war der Auffassung, daß der Biblische Prophet nicht einfach Nachrichten von Gott weitergab. Er war nur in begrenztem Umfang mit der Macht ausgestattet, diese in Worten und Taten unter die Leute zu bringen. Ich dachte mir, das hört sich interessant an und so habe ich beschlossen, es selbst zu versuchen: Ich bin San Veneficios Gott seit ich dieses Ort und alle, die dort lebten, erschaffen hatte. Warum also nicht einen Propheten erschaffen und sehen, was geschehen würde? Das war der Keim, und während ich endlos durch Oxford schliche, kämen mir vielleicht die richtigen Ideen. Etwa gegen Ende des Herbstes 1991 wußte ich, ich hatte einen Roman in mir und bereits einen Haufen Notizen. Die erste Hälfte schrieb ich im Frühjahr 1992 und den Rest im Sommer.
WFR.com: Welchen Projekten gehst du im Augenblick nach?
Cisco: Ein neuer Roman kommt im Oktober (2013). Er heißt ‘Member’. Ich finde es nicht leicht, ihn zu beschreiben. Es geht um einen Mann, der unwissentlich in ein kosmisches Spiel hineingerät. Die Idee war, über einen doppeldeutigen Charakter zu schreiben, der zu nichts gehört, nicht einmal mehr zu diesem Roman über sein Leben. Er ist ein schlechter Held für einen Roman, verirrt sich ständig. Die Verirrung selbst ist interessanter.
WFR.com: Zum Schluß, was ist das Unheimlichste, das du je gelesen hast und warum?
Cisco: Ich kann keine als die Unheimlichste von allen bezeichnen. Mein Ehrgeiz könnte es sein, meine eigenen Geschichten dafür zu halten. Nicht, weil ich mit jemanden wetteifern möchte, sondern, weil du es dir nicht vornehmen kannst, dir selbst Angst zu machen. Es gelingt dir oder eben nicht, keine weiß, warum. Hinsichtlich anderer Autoren, Kafkas Seltsamkeit ist vielleicht nicht am Unheimlichsten, aber so perfekt an sich, so außerhalb von allem, ohne Vorbild, so reich, ohne Effekthascherei, daß seine Geschichten stets auf mich wirken wie ein Leuchtfeuer oder eine Fanfare, die den Weg weist.