Ruhe in einem zerrissenen Land
Bevor ich mich heute an die Schreibmaschine hockte, packte ich meinen Regenschirm und beschloß, jetzt, da endlich wieder schönes Wetter ist, nach den etwa 250 Menschen zu sehen, die seit Samstag nun auch in Kempten Unterkunft bekamen, nämlich in einem ehemaligen Jazzkeller. Unter dem Dach des Gebäudes befindet sich ein Radiosender, der allerdings durch ein unterirdisches Programm besticht, weshalb ich mir gar nie erst die Mühe machte, dort vorstellig zu werden. Nach dem puren Entsetzen, daß jeden Menschen beschleichen muß in Anbetracht der gegenwärtigen Situation, und das – zumindest in mir – wieder einmal den puren Ekel aufkeimen läßt, wollte ich mir zumindest ansehen, wie hier alles vonstatten geht. Es ist ruhig, die Menschen sind müde. Ich grüßte jene, die ich sah, die an den offenen Fenstern standen oder im Hof saßen und wollte sie auch nicht weiter belästigen, wo ich ohnehin nichts tun kann. Es ging wir darum, zu sehen, wo ich lebe und ob man überhaupt leben kann, denn wie sich immer wieder zeigt, leben wir in einem zerrissenen Land.