Freitag, 14. Terzchamber 2012, Brachgasse

pascalSeit gestern also der Sohn bei mir, nachdem er, wie in besten Tagen der Alte Herr, bereits am Waldboden festgefroren aus eben demselben gezerrt worden ist. Wie vergleichts sich’s denn so mit einem Dichter als Vater – war eine Frage, die mich immer schon beschäftigt hat, ob ich nun in Teotihuacan herumsaß und ihm, der damals noch nicht lesen konnte, von meiner Paranoia auf Postkarten berichtete oder auf den Friedhöfen von Paris nach Geistern suchte (Ich hätte mich gerne mit Chopin unterhalten), denn ich konnte mir ein solches Problem nicht denken. Mich und meinen eigenen Vater trennen Welten. In mir tobt der Geist meiner Mutter. Bei Pascal scheint’s nun andersherum.
Obwohl mir aber im Vergleich zu berühmten Männern jegliche Öffentlichkeit fehlt, wuchs mein Sohn mit nicht wenig Mystifikationen heran, dem Umstand geschuldet, daß ich ein verheerendes Leben führte, dem nicht anders beizukommen ist als durch Legendenbildung. Erzählungen aber sind immer Fiktion, jedes Leben, jede Anekdote, die weitergegeben wird, ist literarisch motiviert (wenn auch nicht poetisch). Umsomehr trifft das zu, wenn sich der Kern um einen Schriftsteller rankt.
Statt aber zu schreiben (was mich sehr beruhigt), hat sich Pascal dazu entschlossen, Alchimist zu sein. Das ist er nicht weniger furios als ich ein Wortkaskadeur. Die Parallelen sind offenkundig, unser beider Energien auf das Durchdringen der Welt gerichtet. Jedoch sind unsere Schlitten und die Pferde davor aus unterschiedlichen Ställen. Sie sind Nachbarn, das ist wesentlich.
Festgefroren also am Waldboden, weil er sich ein Schneeschloß bauen wollte und – nachdem er sich mit dem Messer aus Versehen in die Hand geschnitten hatte – eingeschlafen ist. Die Andere Welt fließt stets durch ein Tal vor unseren Füßen. Sie fließt beständig auf uns zu, niemals von uns weg. Ich glaube, so ein Schneeschloß hätte ihr gefallen. Aber noch sollten wir Wärme verbreiten anstatt zu erfrieren.

Denn das einzige, was wir haben, ist das, was gesagt ist. Wie es war, ist für immer gegangen. Nicht wiederholbar. Nicht rekonstruierbar. Es ist gegangen. So ist die einzige Methode, wie wir glauben können, wie und was gewesen ist, es zu sagen.

- Heinz von Förster