Die Gier um Kafka

Max Brod, dem wir Franz Kafka zu verdanken haben, wurde nun seines posthumen Geheimnisses entrissen. Am vergangenen Montag wurden die Schließfächer der UBS-Bank, die den beiden in Israel lebenden Schwestern Brods gehören, per Gerichtsbeschluss geöffnet. Nun war die Angelegenheit allerdings nicht in den Händen der beiden Schwestern sondern des Familiengerichts zu Tel Aviv, einer Institution, die den Damen den Erbschein verweigert.
Die Meldungen über den Inhalt der Schließfächer sind indes widersprüchlich. Die Tageszeitung Haaretz berichtet von einer sensationellen unveröffentlichten Geschichte in der Handschrift Kafkas; Kulturzeit (3 Sat) berichtet sogar salopp von bis zu sechs Kurzgeschichten. Diese “unveröffentlichte” Erzählung stellte sich dann jedoch als “Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande” heraus. Professor Hans-Gerd Koch, Leiter der Kafka-Forschungsstelle an der Universität Wuppertal und Redakteur der Werkausgabe sprach dann ironisch davon, dass man wohl die “Kritische Ausgabe und den Briefwechsel mit Max Brod” nicht kenne und in diesem Falle natürlich alles eine “Neuentdeckung” sei.
Hinter den Kulissen zur Öffnung der Schließfächer installiert sich mittlerweile ein Zirkus, der für sich schon Stoff für eine Komödie gäbe. Wem gehört nun Kafka und der Max Brod-Nachlass? Israel und Marbach sind im Endspiel.

Weiterführend: Deutschlandfunk – wem gehört Kafka (Podcast)