Das poetische Murmelspiel

Ein Buch ist ein Buch, darin sind bestenfalls Worte, die ein Eigenleben besitzen. Ich bin mir nicht sicher, ob es tatsächlich wichtig ist, ob darin Worte zu finden sind – Worte machen es ja einfach nur leicht, nichts zu verstehen. Man kann gerne sagen: Diesen Satz verstehe ich nicht. Man kann es aber nicht, wenn man einen Baum anstarrt, denn es ist nur begründet, dass wir einen Baum nicht verstehen (wir verstehen ja nur, was wir uns selber schaffen, um es zu verstehen). Die Sprache haben wir entwickelt, damit wir damit kommunizieren können. Diese Sprache aber ist in etwa nur der Abfall dessen, was wirklich Sprache ist. Zu denken, Sprache wäre Kommunikation, ist reichlich naiv.
Im Buch (mit Worten darin): Ja, wir haben Szenen, sie kommen und gehen, sie verflüchtigen sich, während sie gestaltet werden (ob vom Leser oder Autor ist egal). Die Frage ist: geraten diese Bilder in mein Unterbewusstsein (freilich immer), dann aber: erweitert das Buch (hier jetzt egal, ob mit Worten darin oder nicht) mein Bewusstsein (das arme, kleine, klägliche) so weit, dass ich etwas von dieser Ungeheuerlichkeit, die um uns Menschen liegt, mitbekomme.

Die Poesie ist ein Vehikel der Erkenntnis – wirkliche Sprache ist Poesie – ohne einen Punkt, der zu erkennen wäre, weil er sich gleichzeitig überall aufhält. Poesie kann das auch; ein Wort verweist auf alle anderen, ein Wort genügt, und nur weil es genügen würde, halten wir uns nicht daran (denn wir können uns nicht entscheiden, welches Wort wir stellvertreten lassen).

Beim Erzählen einer Geschichte (ich nennen diesen Vorgang “Anriss”, denn es wird solange erzählt, bis das Bild oder Geschehnis – wenn es sich um ein solches handelt wohlgemerkt- , von einem anderen abgelöst wird, Anfang und Ende sind reine Willkür) befinden wir uns mitten in einer Begebenheit, von der wir nicht wissen, woher sie kommt und was dem vorausging. Wir wissen nicht, wie lange wir diese Erinnerung behalten können, aber wir wissen, dass jede Bewegung, jeder neue Satz (und selbst, was ich als Autor gefrühstückt habe, ob mein Stuhlgang in Ordnung ist undsoweiter), bereits Wandel ist.

Es gilt, schöne Bahnen durch das Multiversum zu finden. Da haben wir’s! Schöne Bahnen!