Dornröschen

Eine echte, ängstliche Stille, die von den Scherben ausging, als wir das Zimmer mit der zerschmetterten Puppe auf dem Boden schließlich fanden. Wir hatten es nicht eigentlich gesucht – manchmal denke ich, es war überhaupt nur ein Traum – allerdings konnten wir bereits nach der Überraschung, die daher rührte, die schwere Pforte offen zu finden, eine gewisse Stimmung wahrnehmen, die darauf schließen ließ, zumindest eine Kleinigkeit zu entdecken, die es nicht zum alltäglichen Gebrauch brachte. So sehr ich mich auch anstrenge, ich erinnere mich nicht mehr, wo dieses Haus gestanden haben könnte. Unweit einer kaum befestigen Straße, das kann ich noch sagen, umgeben von wild wuchernden Büschen, so daß wir uns den Scherz erlaubten, von Dornröschen zu sprechen und wer sie ins Leben zurück küssen dürfte. Sehr zum Leidwesen der beiden uns begleitenden Mädchen, die sich dadurch etwas ins Abseits gedrängt sahen und nur hilflos und verlegen kicherten, erinnerten sie sich doch nicht an die Person, mit der sie konkurrierten.
Etwas kam uns gefährlich vor, das Formidable stand in der Luft und stank aus den Mauern heraus. Ohne die vergessene Puppe, ohne die verlassenen, schnell vom Tisch fortgerückten Stühle, die offenstehenden Küchenschränke wären wir nicht so sehr erschrocken gewesen. Das Haus stand ja leer und würde vielleicht abgerissen werden. Es war nur natürlich, daß sich der Staub dort sammelte, wenn es niemanden gab, der ihn beseitigte. Durch die offenen Fenster schwirrten Pollen herein. Die Natur sah nach, ob sie sich ein Stück zurückerobern konnte. Gräser wuchsen aus den Fugen, ein Unkraut wie Kamille beispielsweise fingerte zwischen den Dielen heraus.
Sie hat sich bewegt, sagte Tim. In Wirklichkeit lag sie schon die ganze Zeit so seltsam da. Wir wußten alle, daß er etwas anderes meinte als diese hingeschmissene Puppe. Das Fürchterliche fanden wir im angrenzenden Zimmer. Dort hing ein blaues Kleid auf einem Bügel an der Tür eines leeren Schrankes.