Rob Hauri wollte sich heute, an diesem denkbar spannenden Tag, nicht fotografieren lassen. Unsere dritte Gesellschafterversammlung endete mit Rehpfeffer und einer Menge offenen Wein für mich. Rob und Christo nippten da lieber nur. Ich hatte zuvor ein paar gute Tage hingelegt, die Einsamkeit, die sich kalt in mein Herz schleicht, kam nicht ganz zur Tür herein. Heute Nacht aber wollte sie sich nicht mehr abweisen lassen und das Ergebnis war ein Nervenzusammenbruch. Ich kenne das Geräusch sehr gut, das man ein paar Sekunden vorher wahrnimmt. Es ist ein metallisches Singen, kristallklar. Ich schaffe es nicht rechtzeitig, meine mentalen Schotten dicht zu machen, meine Sensoren stehen allezeit auf Sturm. In diesen Phasen – und das muss gesagt werden – bin ich jämmerlich, mein Schillern verschwindet. Melancholisch war ich stets, eine Grundtraurigkeit gehört mir, aber noch niemals fühlte ich mich so sehr aus dem Leben katapultiert, während mein Erfolg auf der anderen Seite beinahe eine beschlossene Sache ist. So als müsste ich wählen, mich zu verlieren, um neu zu erstehen; so als müsste ich mir eine nie gekannte Härte aneignen und dürfte mich danach nie wieder berühren lassen.
Wir starten alle drei, Rob, Christo und ich, von einer emotionalen Linie mit unterschiedlichen Masken. Rob selbst, der Visionär und Fuchs in allen geschäftlichen Belangen, lebt getrennt von seiner großen Liebe hier in der Schweiz, während sie in Mallorca sitzt. Er wird in ihren Armen sterben, das ist in ihm angelegt. Man kann nicht mehr gewinnen, als er in seinem Leben gewonnen hat, und man kann gleichzeitig nicht mehr verlieren. Das allerdings ist eine Geschichte, die er selbst in einem Buch niedergeschrieben hat und die eines Tages das Licht der Welt erblicken wird, wenn er sich dazu bereit erklärt, alles noch einmal zu überarbeiten. Die Einsamkeit teilt er mit mir, aber er ist ein Routinier, ich nur eine Mimose, die im Wind schaukelt.
Christo ist unser stilles Wasser, der von Rob all das erlernt, was dann wichtig sein wird, wenn er nicht mehr ist. Rob rechnet nicht besonders lange, aber in unserer Gemeinschaft, das habe ich heute für uns alle entschieden, wird das Wort „Bremse“ und „Ende“ und „Tod“ nicht mehr erwähnt. Christo wird möglicherweise im nächsten Jahr heiraten. Wird er die richtige Person heiraten? In unserer HMP tut sich so viel ungewöhnliches, dass ich ihn beglückwünschen wollte, weil er eine Person an seiner Seite hat, die diesen unfassbaren Weg mit ihm teilt. Doch sie bekommt das alles nur am Rande mit. Das Zählbare ist auch hier nur das Geld. Dann nämlich, wenn wir im Gold ersticken, wird sie an ihm festhalten, weil sie verlieren könnte, woran sie gar keinen Anteil hat. Vielleicht heiratet er sie auch nicht, vielleicht heiratet er sie deshalb nicht, weil ich ihm erkläre, warum er sie nicht heiraten sollte.
Wir sind alle drei Romantiker. Auf die denkbar unterschiedlichste Weise fürwahr. Im Grunde denke ich, dass auch Christo sich in unsere Einsamkeit einfügt. Für ein Unternehmen, das wir innerhalb der letzten vier Monate auf die Beine gestellt haben, mag sich das wie reine Gefühlsduselei ausnehmen. Allerdings ist es nur meine Gefühlsduselei.
Was geschieht, wenn dieser Tunnel verlassen wird? Ich versuche alle Menschen, die mir etwas bedeuten, dorthin mitzunehmen, weil es essenziell ist, was ich tue, weil man es nur dann begreifen kann, wenn man mir jemals zugehört hat. Hat man? Natürlich nicht. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass ich alles gesagt habe, was ich zu sagen hatte.