Unica Zürn
In den 60iger Jahren brachte die Malerin und Schriftstellerin einige psychologisch interessante Strichzeichnungen hervor, die den surrealistischen Automatismus mit der Art Brut verband. Auch hinterließen die zu dieser Zeit üblichen psychedelischen Drogen ihre Spuren. Bizarre Kreaturen mit doppelten Gesichtern, komplexe Traumlandschaften, mystische Tiere oder unweltliche Pflanzen bestimmen ihr zeichnerisches Werk.
Tochter einer wohlhabenden Familie, wuchs sie in Berlin, umgeben von exotischen Gegenständen auf, die ihr Vater, ein in Afrika stationierter Offizier, sammelte. Es wird nicht ausgeblieben sein, dass dies die lebhafte Vorstellungskraft der Künstlerin zu steigern wusste. Möglicherweise – und davon geben ihre späten Zeichnungen ebenfalls Kunde, inspirierten sie zusätzlich ödipale Sehnsüchte.
1953 lernte sie den in Paris lebenden, deutschen Surrealisten Hans Bellmer kennen, verliebte sich in ihn und folgte ihm nach Paris, um als seine Muse zu fungieren und um mit ihm zu arbeiten. Bellmer hat ein Buch über diese ungewöhnliche Beziehung geschrieben, das 1957 erschien: Petit trait de l’inconscient physique ou anatomie de l’image (In deutscher Sprache erst 2014 bei Brinkmann & Bose: Kleine Anatomie des körperlichen Unbewussten oder die Anatomie des Bildes).
1958 entschloss Belmer sich von seinen obligatorischen Puppen zu verabschieden, um mit echten Frauen zu arbeiten. Zusammen mit Unica Zürn entstanden einige denkwürdige Fotographien, an denen außer ihr auch die Dichterin Nora Mitrani als Modell beteiligt war.
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Hans Bellmer: Nora Mitrani |
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Hans Bellmer : Unica Zürn |
Zürn wurde Mitglied des Kreises der Surrealisten um Andrè Breton, lernte Man Ray kennen und – hier nahm wol ihr Schicksal seinen Lauf – Henri Michaux. Michaux nahm Meskalin als Teil seiner persönlichen Forschung über das menschliche Bewusstsein. Als Unica Zürn an einem solchen Experiment teilnahm, löste das die erste einer Reihe psychischer Krisen bei ihr aus, von denen einige in ihren Schriften dokumentiert werden und die sie die letzten dreizehn Jahre ihres Lebens plagten.
Diagnostiziert wurde Schizophrenie. Krankenhausaufenthalte in Berlin, Paris und La Rochelle schlossen sich an. Viele ihrer Zeichnungen, die bei Ubu zu sehen sind, entstanden während dieser Aufenthalte. Zu einer Verschärfung ihrer Instabilität trug sicher auch die Eifersucht Bellmers für die romantischen Gefühle Unicas für Henri Michaux bei.