Clark Ashton Smith – Die Stadt der singenden Flamme

Pic: Andrea Bonazzi

Diese Geschichte, 1931 zum ersten Mal publiziert, drückt sich kunstvoll vor einer schließlichen Interpretation. Die möglichen Auslegungen erhöhen stattdessen das Fragenpotential gegenüber einer Natur, die von der menschlichen Fantasie herausgefordert wird. Die bedingungslose Ästhetik, psychologische und metaphysische Tiefen, die auf direktem Wege die Erfahrung tiefster Sehnsüchte zuläßt, die hinter der Alltagsrealität liegt und die für gewöhnlich nur halb wahrgenommen werden können.
Dies nur mit dem Begriff einer transdimensionalen SF-Geschichte zu etikettieren würde Smiths besondere Sicht auf die Frage auslassen, die eine kreativ-nihilistischen Brücke schlägt zwischen verschiedenen Bereichen des geteilten Raums an einem gleichen Ort, getrennt nur durch unterschiedliche Quanten. Sphären also, die Raum miteinander teilen, sich gegenseitig aber nicht wahrnehmen. (Everetts Viele-Welten-Theorie kam erst in den 50er Jahren auf).
Das weltenverbindende Element ist in dieser Geschichte eine Flamme, die eine hochfrequente Musik aussendet. Diese Musik wahrzunehmen, bedeutet, die Fähigkeit einzubüsen, das Leben in der Art und Weise weiterzuführen wie vorher. Intelligente und neugierige Wesen aus einer Vielzahl von Paralellwelten suchen diese Flamme auf, um sich in sie zu stürzen.
Ein interessantes Paradoxon betrifft die Ureinwohner, sozusagen den Gastgebern des Nexus, die dieses transdimensionale Tor, das in einer Tempelanlage steckt, erbaut haben mögen oder auch nicht. Auf jedenfall sind sie immun gegen die Reize der Musik und das, was sie erschafft, obwohl sie in ihrer Mitte leben. Für diese Ureinwohner sind diese Fluten von exotischen Besuchern darüberhinaus völlig uninteressant. Es gibt keine Kontakte und keine Geschäfte mit den Eingeborenen und diese wiederum verlangen nichts von den Pilgern, die nur wegen der Flamme gekommen sind.
Clark Asthon Smith, der Dichter vieler seltsamer Geschichten und Gedichte, bedient sich hier einiger poetischer Techniken der Sprache, wendet zB.die Intensität eines Prosagedichts an, baut  Versatzstücke eines sonderbaren Abenteuers hinein, und schreibt das mit dem eindrucksvollen Stil greifbarer Wunder einer idealisierten wissenchaftlichen Entdeckung.
Die Geschichte ist tragisch in einem neoromantischen Sinne. In ihr steckt nicht zuletzt die Schönheit (im ästhetischen Sinne) einer traurigen Auswirkung. Wir sind sterbliche Wesen, aber wir sind auch Wesen des Geistes mit einem instinktiven Bedürfnis nach spiritueller Mitteilung, das unabhängig von unseren kreativen Ausdrucksmöglichkeiten, nie schlußendlich befriedigt werden kann. Und doch gibt es einen Sinn, angedeutet durch das kurze Aufblitzen ekstatischer Momente im Leben. Wissenschaftlich ausgedrückt ist das die Quelle einer immateriellen Energie, mit der unsere Lebenskraft ihre Herkunft teilt. Zu dieser fühlen wir uns gezwungen, zurückzukehren, je näher wir ihr kommen. Es ist wohl auch die existentielle Frage damit verbunden, wonach wir uns eigentlich sehnen. Unsere Kindheit ist ein gern gesehener Gast in unseren Erinnerungen, weil wir nichts Früherees zu kennen scheinen. Aber es gibt eben diesen Unterschied einer erinnerten Sehnsucht des Individuums und einer weitaus umfassenderen Sehnsucht, die eine Sehnsucht nach dem wie auch immer gearteten Paradies ist.

Die Stadt der singenden Flamme aus Clark Ashton Smith – Die Stadt der singenden Flamme, Festa

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